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Landtagswahl 2018: Hubert Aiwanger: Provokateur mit Ambitionen

Landtagswahl 2018

Hubert Aiwanger: Provokateur mit Ambitionen

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    Attacke: Hubert Aiwanger drängt mit den Freien Wähler in die bayerische Staatsregierung. Dort müsste er allerdings mit denen zusammenarbeiten, die er heute noch so gerne vor sich hertreibt.
    Attacke: Hubert Aiwanger drängt mit den Freien Wähler in die bayerische Staatsregierung. Dort müsste er allerdings mit denen zusammenarbeiten, die er heute noch so gerne vor sich hertreibt. Foto: Matthias Balk, dpa

    Keiner schaut auf Hubert Aiwanger, als er quer über den Münchner Max-Joseph-Platz marschiert. Hinter ihm die Staatsoper und die noble Maximilianstraße, rechts die frisch renovierte Wittelsbacher Residenz. Neben der Tiefgarageneinfahrt haben die Freien Wähler für ihn auf einem Autoanhänger eine kleine Wahlkampfbühne aufgebaut. „Wir sind nicht die Partei der Landeier“, beteuert Aiwanger zwar stets tapfer. Doch nimmt man diesen Wahlkampfauftritt zum Maßstab, dann ist die Durchschlagskraft des FW-Frontmannes zumindest in der Landeshauptstadt noch übersichtlich: Nicht mehr als 20 potenzielle Wähler hören ihm an diesem Mittag zu.

    Dabei hat Aiwanger für seinen Auftritt in München extra einen schwarzen Nadelstreifenanzug angezogen. „Ist das schon dein Minister-Anzug?“, neckt ihn der Münchner Freie-Wähler-Spitzenmann Michael Piazolo. „Der hängt schon lange unbenutzt bei mir im Schrank“, wehrt Aiwanger ab.

    Auch wenn der Wahlkampf manchmal zäh ist: Die Stimmung ist gut bei den Freien Wählern. Bei elf Prozent lag die Aiwanger-Truppe in Umfragen zuletzt. Und Aiwanger geht davon aus, seinen schwarzen Anzug bald schon zur Ministervereidigung im Landtag zu brauchen: „Wir werden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in der nächsten Regierung sein“, sagt er selbstbewusst. Und falls die CSU weiter schwächelt? Die Freien Wähler könnten noch zulegen, glaubt Aiwanger: „Wir sind eine Wahlkampf-Partei.“

    Aiwanger über die Flüchtlingspolitik: Nicht hetzen, nichts schön reden 

    Als „vernünftige konservative Mitte“ will er seine Partei verstehen: „Wir hetzen nicht, aber wir reden die Dinge auch nicht schön“, lautet sein Credo in der Flüchtlingspolitik. „Wer zu uns kommt, der soll sich nützlich machen“, findet er. „Und wer uns ärgert, den schicken wir wieder heim.“ Integrationskurse hält Aiwanger für sozialpädagogischen Schnick-Schnack: Die Gastarbeiter in den 1960er-Jahren hätten so was auch nicht gebraucht.

    Es ist noch nicht lange her, da gab es auch in den eigenen Reihen die Kritik, der „große Vorsitzende“ positioniere sich beim Thema Asyl allzu nahe an der AfD – ein Mitglied der Landtagsfraktion verließ deshalb sogar im Sommer 2017 die Partei. Doch Aiwanger ist Politik-Profi genug, um im Wahlkampf auf rechtspopulistische Schlagzeilen zu verzichten: Schließlich ist bei dieser Wahl für seine Truppe in der von der CSU enttäuschten politischen Mitte mehr zu holen als Rechtsaußen. Was nicht heißen soll, dass der Landwirt aus dem Landkreis Landshut vor Flirts mit dem populistischen Zeitgeist zurückschreckt: Dass er erst kurz vor der Landtagswahl die Jahre zurückliegende Privatisierung der GBW-Wohnungen in einem eigenen Ausschuss untersuchen wollte, erklärte er mit dem entwaffnenden Satz: „Es ist in der Politik nicht immer zu jedem Zeitpunkt alles gleich günstig.“

    Und dass er den später wegen Betrugs am Freistaat verurteilten Landtagsabgeordneten Günther Felbinger auch gegen heftige parteiinterne Kritik bis jenseits jeder Schmerzgrenze stützte, begründete Aiwanger einst mit der eigenwilligen Bemerkung, die CSU sei schon mit ganz anderen Dingern durchgekommen. Auch für pauschale Medienschelte ist Aiwanger zu haben: Etwa im Januar, als er „medialen CSU-Wasserträgern“ auf Facebook vorwarf, „alternative Fakten“ über die von den Freien Wählern betriebene Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zu verbreiten – ohne auch nur ein Beispiel nennen zu können. „Die Amis haben den Trump, wir haben ein Trumperl“, scherzten danach sogar Freie Wähler im Landtag.

    Provokation gehört für ihn zum politischen Spiel dazu

    Für Aiwanger gehört es zum politischen Spiel, zu provozieren und dabei auch mal übers Ziel hinauszuschießen. Seine Anhänger scheinen ihm derlei nicht krumm zu nehmen. Zumal Aiwanger eine Antenne dafür hat, mit welchen Themen er politisch punkten kann. Zum Beispiel beim „Bauernherbst“ in Tulling, Landkreis Ebersberg. Nur „ein paar Gedanken“ wolle er loswerden, sagt er auf der Festbühne: über die vielen Vorschriften zum Beispiel, die solche Feste immer schwerer machten. Oder die wilden Wölfe, die nach Russland gehörten, aber nicht zwischen die Rinder auf einer oberbayerischen Weide. Der meiste Applaus brandet aber auf, als Aiwanger die Straßenausbaubeiträge anspricht. Die sind zwar längst abgeschafft, nachdem Aiwanger die CSU mit dem Thema monatelang vor sich hergetrieben hatte.

    Ohnehin scheint er nichts lieber zu tun, als die Söder-Partei bis aufs Blut zu reizen: Nach den „Strabs“ will er nun etwa auch alte Ersterschließungskosten verstaatlichen. Die Kitas sollen kostenfrei werden, die Wirtshäuser weniger Steuern zahlen. Auch die Erbschaftssteuer soll am besten ganz weg. Eine „Freibier-Partei“ seien Aiwangers Freie Wähler, zürnt deshalb Ministerpräsident Markus Söder (CSU): Aiwangers simple Rechnung, wenn der Staat alles bezahle, dann koste es nichts, die gehe nicht auf. Für Aiwanger spricht aus solchen Angriffen aber nur der Neid über sein erfolgreiches Wildern in der einstigen CSU-Kernwählerschaft.

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