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Hubert Aiwanger: Entschuldigung für Tweet zur Wahl reicht Opposition nicht

Landtag

Aiwanger entschuldigt sich für Wahl-Tweet und erntet böse Worte

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    Seit Sonntag steht Hubert Aiwanger in der Kritik. Er hatte am Wahltag noch vor 18 Uhr Wahlprognosen veröffentlicht und mit einem Wahlaufruf für die Freien Wähler verbunden.
    Seit Sonntag steht Hubert Aiwanger in der Kritik. Er hatte am Wahltag noch vor 18 Uhr Wahlprognosen veröffentlicht und mit einem Wahlaufruf für die Freien Wähler verbunden. Foto: Matthias Balk, dpa

    Es ist kurz nach 13 Uhr und der ansonsten wortgewaltige Politiker Hubert Aiwanger mutiert im Plenarsaal des Landtags zu einem wortkargen Büßer. Die erste Entschuldigung des bayerischen Wirtschaftsministers und Chefs der Freien Wähler für seinen Regelverstoß am Wahlsonntag geht fast im Gelächter unter. Aiwanger hatte seine persönliche Erklärung mit den Worten eingeleitet, dass nun nach dem Wahlkampf eine Rückkehr zur Sacharbeit dringend nötig sei. Viele Abgeordnete, die Aiwanger als erbitterten Wahlkämpfer erlebt hatten, finden das zum Brüllen komisch.

    Entschuldigung von Hubert Aiwanger für Wahl-Tweet

    Aiwanger sagt: „Ich entschuldige mich in aller Form für den Tweet vom Wahlsonntag.“ Mehr will er nicht sagen. Er verweist auf die Ermittlungen des Bundeswahlleiters. Aber er wiederholt es, als es im Saal wieder ruhig ist: „Ich bitte noch einmal herzlich um Entschuldigung.“ Punkt.

    Seit Sonntagnachmittag stand Aiwanger im Kreuzfeuer der Kritik, weil er am Wahltag gegen alle Gepflogenheiten und unter Missachtung des Bundeswahlgesetzes noch vor 18 Uhr Wahlprognosen veröffentlicht und mit einem Wahlaufruf für die Freien Wähler verbunden hatte. Am Montag noch hatte er den Fauxpas, der politische Gegner empört und Mitstreiter verärgert hatte, als „Missgeschick“ abgetan. Am Dienstag hatte er gesagt, dass es keine Ergebnisse von „Exit-Polls“ (Nachwahlbefragungen) gewesen seien, die er getwittert hatte. Aber der Druck wurde übermächtig. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) forderte eine Entschuldigung, die SPD sogar Aiwangers Entlassung. Parteifreunde redeten auf ihn ein, die Sache in Ordnung zu bringen. Und der höchst verärgerte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zitierte seinen Stellvertreter am Mittwochmorgen zu sich – wegen des Tweets und weiterer Aktionen Aiwangers, die nach Auffassung Söders zwischen den Regierungspartnern ausgeräumt werden mussten, um weiter zusammenarbeiten zu können.

    Jetzt also die knappe Entschuldigung im Landtag. Aiwanger setzt sich wieder auf seinen Platz. Aber es ist noch nicht vorbei.

    SPD-Chef von Brunn kritisiert Aiwanger

    SPD-Fraktionschef Florian von Brunn zieht vom Leder: Man erlebe hier einen Staatsminister, „der es mit den demokratischen Regeln offenbar nicht so ernst nimmt“ und der „seiner Aufgabe nicht gewachsen“ sei. Von Brunn wirft Aiwanger vor: „Ihr Rumgeeiere und Ihre Schwurbelei seit Sonntag sind kaum erträglich.“ Er nennt seine Entschuldigung „windelweich“. Und wenn es keine echten, sondern erfundene Zahlen waren, die Aiwanger am Sonntag getwittert habe, „dann wäre das eine ganz neue Form von Wählertäuschung“, sagt von Brunn.

    Der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, der schwäbische Abgeordnete Fabian Mehring, nimmt seinen Parteichef in Schutz. Aiwanger habe mit seiner Entschuldigung einen Beitrag zur politischen Kultur geleistet. Das verdiene Respekt, sagt Mehring, wirft von Brunn „populistisches Nachfassen“ vor und nennt ihn einen „Großmeister der Vorverurteilung“, der den Landtag „zum Ort eines Haberfeldtreibens“ mache.

    Grünen akzeptieren Entschuldigung von Aiwanger, auch wenn sie dürftig sei

    Landtagsvizepräsident Thomas Gehring (Grüne) nimmt etwas Schärfe aus der Debatte. Er sagt: „Natürlich akzeptieren wir die Entschuldigung von Herrn Aiwanger, aber es war die dürftigste Entschuldigung, die man sich vorstellen kann.“ Man merke der Entschuldigung an, dass sie nur auf Druck des Ministerpräsidenten stattfand. Allerdings wirft auch Gehring Aiwanger vor, gegen „grundlegende Anstandsregeln“ verstoßen zu haben und auch zuvor schon mit einer ganzen Reihe „von Sprach-und Grenzverletzungen“ aufgefallen zu sein.

    Florian von Brunn, SPD-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag, spricht während einer Plenarsitzung im bayerischen Landtag.
    Florian von Brunn, SPD-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag, spricht während einer Plenarsitzung im bayerischen Landtag. Foto: Matthias Balk, dpa

    Für AfD-Fraktionschef Ingo Hahn steht fest: „Es wurde gegen das Wahlgesetz verstoßen.“ FDP-Fraktionschef Martin Hagen sagt, Aiwanger habe keine echte Reue gezeigt, und rät ihm, er solle „seinen Posten räumen“. Im Kabinett, so Hagen, sei kein Platz für „Politik-Praktikanten“.

    Michaela Kaniber (CSU) hat die Hoffnung verloren

    Aus der CSU erhebt sich in der Debatte keine Stimme – weder für noch gegen Aiwanger. Draußen vor dem Plenarsaal aber wird klar, dass auch nach dem Zwiegespräch zwischen Söder und Aiwanger vermutlich noch nicht alles in Ordnung ist zwischen CSU und Freien Wählern. CSU–Fraktionschef Thomas Kreuzer zeigt sich zwar zufrieden, dass Aiwanger sich für seinen „schweren Fehler“ entschuldigt habe, weist aber zugleich darauf hin, dass der Tweet nicht das einzige Problem der Regierungspartner ist. „Was ich kritisiere, ist, dass draußen teilweise das Gegenteil vertreten wird von dem, was gemeinsam beschlossen worden ist. Das ist ja auch bei der Impfpolitik so.“

    Völlig illusionslos dagegen gibt sich Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). Sie nennt Aiwangers Verhalten „maximal unseriös und eines stellvertretenden Ministerpräsidenten nicht würdig.“ Seine Entschuldigung mache das auch nicht besser. „Der ändert sich doch nicht“, sagt sie. „Heute entschuldigt er sich und morgen macht er genauso weiter.“

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