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Horst Seehofer: CSU setzt nach zermürbendem Kleinkrieg auf Versöhnung

Horst Seehofer

CSU setzt nach zermürbendem Kleinkrieg auf Versöhnung

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    Trubel vor dem Landtag: Alle Blicke richteten sich am Donnerstag auf Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer.
    Trubel vor dem Landtag: Alle Blicke richteten sich am Donnerstag auf Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Foto: Christof Stache, afp

    Es ist ein großer Unterschied, ob jemand etwas weiß oder ob er nur meint, etwas zu wissen. Am Donnerstag früh im Landtag meinten einige CSU-Abgeordnete zu wissen, dass Horst Seehofer sein Amt als Ministerpräsident noch vor Jahresende abgeben und Finanzminister Markus Söder als seinen Nachfolger vorschlagen werde. Sie meinten weiterhin zu wissen, dass Seehofer CSU-Vorsitzender bleiben wolle, um als Minister die Partei in einem Bundeskabinett in Berlin zu vertreten – am besten in einer neuen Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD.

    Quelle dieses vermeintlichen Wissens war die Nachricht, dass Seehofer und Söder sich nach wochenlanger Funkstille „verständigt“ hätten. Und die Erleichterung, dass damit auch der wochenlange zermürbende Kleinkrieg zwischen den beiden Lagern in der CSU ein Ende habe, war so groß, dass plötzlich Frieden herrschte. Zunächst allerdings blieb nur die Hoffnung, Gewissheit gab es nicht.

    Horst Seehofer und Markus Söder zeigen sich versöhnlich

    Bereits am Morgen vor der mit Spannung erwarteten Fraktionssitzung um 12 Uhr hatten sich die Abgeordneten in kleinen Runden zu Vorbesprechungen getroffen. Die Schwaben saßen im Bürklein-Zimmer beieinander, die Oberbayern im Nordbau (Raum 501), die Oberpfälzer im Südbau (Raum 424) und so weiter. Was aus diesen Runden nach außen drang, verdichtete sich im Lauf des Vormittags zu der Nachricht vom „großen Befreiungsschlag“.

    Ein Großaufgebot an Fernsehleuten, Kamerateams, Radioreportern und Journalisten stand bereit, jede Neuigkeit zu verbreiten. Eine offizielle Bestätigung für die Nachricht von der Beilegung des Streits durch Ämterteilung freilich gab es nicht. Die Kollegen von BR24, ein Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks, wollten dennoch nicht mehr warten und meldeten, was noch keine Meldung war. Prompt ließen Seehofer und Söder noch während der laufenden Fraktionssitzung dementieren.

    Tatsächlich hatte am Donnerstag schon ihre Erklärung für Entspannung gesorgt, gemeinsam an einer Lösung arbeiten zu wollen – ohne dass klar war, wie diese Lösung aussehen und wer künftig in der CSU und in der Staatsregierung welche Rolle übernehmen soll. Seehofer ergriff, wie Teilnehmer berichten, in der Fraktionssitzung als Erster das Wort.

    Er informierte die Landtagsabgeordneten über die gescheiterten Jamaika-Verhandlungen in Berlin und wie viele Zugeständnisse die CSU dort auch der CDU schon habe abtrotzen können. Er sagte, dass in Berlin jetzt „wieder Bewegung“ in die Sache komme und er Anzeichen habe, dass die SPD ihre Verweigerungshaltung aufgebe und vielleicht doch zu einer Großen Koalition bereit sei. Und er betonte, in welch „doppelt ernster Lage“ sich die CSU befinde – zum einen in Berlin, „wo ohne uns nicht regiert werden kann“, zum anderen in Bayern, wo man darüber entscheiden müsse, wie man sich vor der Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres personell am besten aufstelle.

    Unmittelbar darauf hatte Söder das Wort und zeigte sich höchst versöhnlich. Er gab Seehofer in allen Punkten recht und betonte, dass die CSU nur gemeinsam und geschlossen zum Erfolg kommen werde. Dass sich da zwei Kontrahenten in einem unversöhnlichen Machtkampf gegenüberstehen, sei „keine Sekunde, bei keinem Wort“ mehr zu erkennen gewesen, sagte hinterher ein Teilnehmer.

    Am Ende ließ Horst Seehofer seine Zukunft offen

    Seehofer zeigte sich nach der Sitzung rundherum zufrieden. Man könne, so sagte er unserer Redaktion, „sogar von einer Sternstunde der Fraktion“ sprechen. Zu dem Streit und zu den heftigen gegenseitigen Attacken in der CSU, die er von Berlin aus mit großem Missfallen beobachten musste, wollte er sich nicht äußern. Zugleich versuchte er den Eindruck zu vermitteln, dass er von vorneherein nicht mit einem Frontalangriff auf ihn als Person gerechnet hat. Anders hätte er für den Nachmittag nicht mehrere Termine vereinbart, um sich mit führenden Personen in der Partei zu treffen und Meinungen darüber einzuholen, wie es in der CSU nun weitergehen soll. Eine Entscheidung für sich selbst wolle er erst am Abend treffen. „Heute Abend wird alles klar sein“, sagte Seehofer mit Blick auf die Sitzung des Parteivorstands um 18 Uhr.

    Was genau das heißt, blieb in der Sitzung, wie Teilnehmer berichteten, allerdings offen. Ob Seehofer sofort eines seiner Ämter zur Verfügung stellen oder dies für die nahe Zukunft ankündigen wolle, darüber wagte niemand eine Prognose.

    Thomas Kreuzer, der Chef der Landtagsfraktion, geht davon aus, dass eine Entscheidung über das künftige Personaltableau Anfang Dezember fallen wird. Dazu werde Seehofer in den kommenden Tagen Gespräche mit führenden Leuten in der CSU führen. Vorfestlegungen habe es nicht gegeben. Unter den Abgeordneten herrschte trotz der nach wie vor ungeklärten Personalfrage Erleichterung, weil jetzt wieder miteinander geredet und nicht mehr gestritten werde.

    Horst Seehofer hat Zeit gewonnen, schreibt Uli Bachmeier hier in seinem Kommentar.

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