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Hoeneß-Urteil: Urteil veröffentlicht: Die Kriminalgeschichte des Uli H. auf 50 Seiten

Hoeneß-Urteil

Urteil veröffentlicht: Die Kriminalgeschichte des Uli H. auf 50 Seiten

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    Uli Hoeneß am 10. Mai 2014 kurz vor seinem Haftantritt.
    Uli Hoeneß am 10. Mai 2014 kurz vor seinem Haftantritt. Foto: Rene Ruprecht/Archiv (dpa)

    Siebeneinhalb Monate nach der Verurteilung von Uli Hoeneß liegt die detaillierte Urteilsbegründung jetzt der Öffentlichkeit vor. Nach Ablauf einer Stellungnahmefrist für die Verteidiger des früheren Präsidenten des FC Bayern München machte das Landgericht München II das 50-seitige Dossier am Donnerstag in teilweise anonymisierter Form publik. In der Lektüre wird die Kriminalgeschichte von Ulrich H. nochmals in allen Details nacherzählt: vom Beginn mit teils hochriskanten Devisenspekulationen in den 1990er Jahren über mehrfache Steuerhinterziehung in Millionenhöhe bis hin zum großen Knall - Hoeneß' Verurteilung.

    Hier geht's zur Urteilsbegründung auf der Seite des OLG-München

    Dass Urteile veröffentlicht werden, ist keine gängige Praxis in Deutschland. Das Gericht muss zwischen den Persönlichkeitsrechten von Hoeneß und dem öffentlichen Anspruch auf Veröffentlichung des schriftlichen Urteils abwägen. Im brisanten Fall des einstigen Fußball-Patriarchen entschieden sich die Juristen jetzt für ein Signal der Transparenz mit Einschränkungen.

    Denn wer nicht eingelesen ist, verliert schnell den Überblick. Die Rede ist etwa von einem Zeugen T., einem Magazin F., einem Journalisten Z., einem Oberamtsrat U. und einem Finanzamt M.; auch Zahlen sind teilweise nicht exakt einzusehen. Grund seien der Persönlichkeitsschutz und das Steuergeheimnis, hieß es beim Oberlandesgericht München.

    Hoeneß soll über "Fremdmittel in erheblicher Höhe" verfügt haben

    Uli Hoeneß: Die Geschichte der Steueraffäre

    Uli Hoeneß: Vor vielen Jahren begann er an der Börse eine Zockerei, die ihn 2013 ins Visier der Justiz brachte.

    2001: Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überweist Hoeneß in Form eines Kredits und einer Bürgschaft 20 Millionen D-Mark (10,23 Millionen Euro) auf ein Konto in der Schweiz.

    2002 bis 2006: In diesen Jahren handelt Hoeneß nach eigenen Worten teilweise Tag und Nacht an der Börse und macht weltweit Geschäfte.

    2008: Hoeneß machte nach eigenen Angaben schon in den Vorjahren zu viele Verluste. Mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sei es «endgültig in den Keller» gegangen, und er habe seine Geschäfte stark reduziert.

    August 2011: Nach langen Verhandlungen einigen sich Deutschland und die Schweiz darauf, dass in der Schweiz gebunkerte unversteuerte deutsche Vermögen nachversteuert werden. Das Abkommen, das später noch präzisiert wird, soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

    November 2012: Die von SPD und Grünen regierten Länder lassen das Abkommen im Bundesrat scheitern - damit kann Hoeneß seine Gewinne nicht nachträglich steuerrechtlich legalisieren.

    Am 17. Januar 2013 reicht Hoeneß nach eigenen Angaben Selbstanzeige bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle in Rosenheim ein.

    März 2013: Das Finanzamt hat die Selbstanzeige schnell an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Am 20. März kommt es zur Hausdurchsuchung in Hoeneß' Anwesen am Tegernsee. Ihm wird der Haftbefehl eröffnet, dieser wird gegen eine Kaution und Auflagen außer Vollzug gesetzt.

    April 2013: Der «Focus» macht den Fall öffentlich.

    Juli 2013: Die Staatsanwaltschaft erhebt am 30. Juli Anklage gegen Hoeneß. Diese wird im November vom Landgericht München II unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

    März 2014: Hoeneß wird wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

    Juni 2014: Hoeneß tritt seine Haft in der JVA Landsberg an.

    September 2014: Erster Ausgang - für einige Stunden kann Hoeneß das Gefängnis verlassen, um sich mit seiner Familie zu treffen.

    Januar 2015: Hoeneß wird Freigänger. Er muss jetzt nur noch zum Übernachten in die JVA, tagsüber arbeitet er in der Jugendabteilung des FC Bayern.

    Januar 2016: Die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg entscheidet, dass die Haftstrafe zum 29. Februar zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Beschwerde.

    Februar 2016: Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß kommt mit 64 Jahren vorzeitig aus der Haft frei.

    Am 8. August 2016 teilt der FC Bayern auf seiner Homepage mit, dass Hoeneß wieder für das Präsidentenamt kandidieren wird. Sein Nachfolger Karl Hopfner verzichtet auf eine weitere Amtszeit. Im November wird Hoeneß wiedergewählt.

    Ansonsten bietet das Papier durchaus interessante Passagen. So schloss das Gericht nicht aus, dass Hoeneß auch "Fremdmittel in erheblicher Höhe" zur Verfügung gestanden hätten. In manchen Jahren hob er teils sechsstellige Euro-Summen ab.

    Einblicke gewährt die Urteilsbegründung auch in die von Hoeneß' letztlich als unzureichend befundene Selbstanzeige. "Die Selbstanzeige war für unseren Mandanten unumgänglich, da das beabsichtigte Steuerabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz nicht zustande gekommen ist", heißt es in dem Schreiben von Hoeneß' damaligem Steuerberater ans Finanzamt vom 17. Januar 2013.

    "Selbstverständlich bieten wir Ihnen an, nach Eingang der Bankbelege die Überprüfungsmöglichkeit so einfach wie möglich zu gestalten", heißt es dort weiter. Allerdings tauchten entscheidende Unterlagen erst kurz vor dem Prozess auf, die letzten wichtigen Daten erst fünf Tage vor dem Beginn.

    Hoeneß wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt

    Der Brief war der Startschuss der Steueraffäre Ulrich H., wie auch die Richter befanden: "Der Angeklagte hat sich mit seiner - überstürzten - Selbstanzeige selbst steuerstrafrechtlichen Ermittlungen ausgeliefert." Mangels einer Rechtshilfe in Fällen einfacher Steuerhinterziehung wären die Ermittlungen den Angaben zufolge nicht mit einem solchen Erfolg geführt worden, wenn "sich der Angeklagte durch seine - insbesondere zuletzt - rückhaltlose Kooperation nicht geradezu "ans Messer geliefert" hätte".

    Am 13. März war Hoeneß wegen Steuerhinterziehung von insgesamt 28,5 Millionen Euro dann zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Inzwischen durfte der 62-Jährige allerdings schon zweimal Ausgang vom Gefängnis genießen. Wann er Freigänger wird und damit tagsüber außerhalb der Haftanstalt arbeiten darf, verraten die Justizbehörden noch nicht. Allgemein wird erwartet, dass es schon bald so weit ist. 

    Dann müsste Hoeneß nur nachts zum Schlafen hinter Gitter. Mehrtägige Abwesenheiten oder gar Auslandsreisen kommen allerdings nicht infrage - dazu zählen freilich auch die Champions-League-Trips mit seinem geliebten FC Bayern. dpa

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