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Historisches Schmuckstück: Die Reise des Blauen Wittelsbachers

Historisches Schmuckstück

Die Reise des Blauen Wittelsbachers

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    Die bayerische Königskrone ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Der Leitstein sollte der Blaue Wittelsbacher sein, doch es ist nur ein Imitat.
    Die bayerische Königskrone ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Der Leitstein sollte der Blaue Wittelsbacher sein, doch es ist nur ein Imitat. Foto: Bayerische Schlösserverwaltung/dpa

    „Es ist, als wollte man die Mona Lisa übermalen und verschönern.“ (Der Historiker Thomas Schuler zum Neuschliff des berühmten Diamanten durch einen Londoner Juwelier.)

    Er gilt als der teuerste Diamant der Welt. Für mindestens 80 Millionen Euro soll der Blaue Wittelsbacher vor einigen Jahren von einem Londoner Juwelier an den Emir von Katar, Scheich Hamad bin Chalifa, verkauft worden sein. Präzise Daten gibt es bei solchen Transaktionen ja nicht.

    So weit, so gut. Ein ganz normales Geschäft im Superreichen-Milieu, denkt man. Doch die Geschichte über die wundersame oder – noch besser – obskure Reise des Edelsteins, der einst Leitstein der bayerischen Königskrone war, in den Wüstenstaat ist weit mehr als das. 

    Es handelt sich um ein Paradebeispiel, wie Gier und Größenwahn Kunst und Schönheit zerstören können. Dazu kommt, dass sowohl das Haus Wittelsbach als auch der Freistaat Bayern keine rühmliche Rolle bei diesen Geschäften spielen.

    Spannender als mancher Krimi

    Der Ulmer Historiker Thomas Schuler hat all das in einem Kapitel seines heute erscheinenden Werks „Wir sind auf dem Vulkan – Napoleon und Bayern“ zusammengefasst. Und das liest sich spannender als mancher Krimi.

    Fangen wir vorne an: Der Blaue Wittelsbacher ist der vielleicht berühmteste Diamant der Welt. Der Edelstein stammt aus einer indischen Mine. Der König von Spanien hatte ihn 1664 als Mitgift für seine Tochter ausgewählt. Er landete im österreichischen Kronschatz, weil die Gute von Kaiser Leopold I. geehelicht wurde.

    In den Besitz des Hauses Wittelsbach kam der 35,56-karätige naturblaue Diamant im Jahr 1722. Damals brachte ihn die Erzherzogin Maria Amalia von Österreich in die Ehe mit dem bayerischen Kronprinzen Karl Albrecht mit.

    Auf dem Sarg von Ludwig III. das letzte Mal gezeigt

    Als Bayern Königreich wurde, fand er seinen Platz 1806 in der Krone. Zum letzten Mal wurde der Stein 1921 beim Begräbnis von Ludwig III. öffentlich gezeigt, als die Königskrone auf dem Sarg lag. 1931 wollte das als Folge der Weltwirtschaftskrise finanziell unter Druck geratene Haus Wittelsbach den Brillanten bei Christie’s versteigern lassen. Die Bayerische Staatsregierung hatte nichts dagegen. Bei der Auktion am 21. Dezember 1931 fand sich jedoch kein Käufer.

    Später verlor sich der Weg des Diamanten zwischenzeitlich. Ziemlich sicher ist, dass er erstmals 1951 verkauft wurde. Im August 1961 erwarb ihn ein Antwerpener Juwelenhändler von der Erbengemeinschaft eines Edelsteinhändlers und verhökerte ihn, nachdem die Wittelsbacher einen Rückkauf abgelehnt hatten. 1964 ging er dann über einen Hamburger Juwelier an einen „Unbekannten“.

    Später stellte sich heraus, dass es der Kaufhauskönig Helmut Horten war, der den Stein für seine spätere Ehefrau Heidi Jelinek erworben hatte. Bei der Hochzeit in Südfrankreich, so heißt es, hätte ihn der Multimillionär locker aus der Tasche gezogen, um seine Liebste zu beeindrucken. Es soll ihm gelungen sein.

    Kein gutes Geschäft für den Freistaat

    Heidi Horten trennte sich erst 2008 vom Edelstein. Der Blaue Wittelsbacher wurde bei einer Auktion von Christie’s in London für damals sensationelle 18,4 Millionen Euro versteigert. Das Höchstgebot gab laut New York Times der

    Der Freistaat Bayern hätte auch mit von der Partie sein können. Doch der hatte sich im Jahr zuvor über die Landesbank lieber die österreichische Bank Hypo Alpe Adria geschnappt. Keine gute Entscheidung, wie sich zeigen sollte. Während der Wert des Diamanten enorm stieg, kamen Landesbank und Staatsregierung wegen des Alpenbank-Finanzdesasters gehörig in Turbulenzen.

    Luxus-Juwelier Graff ließ den berühmten Stein unbeeindruckt vom Aufschrei der Fachwelt neu schleifen. Damit verlor er Gewicht: von 35,56 auf 31,06 Karat. Fachleute wie der Historiker Hans Ottomeyer äußerten sich fassungslos über die Zerstörung. Graff habe den Edelstein „vandalisiert“.

    Mit dem Umschliff als kalkuliertem Marktmanöver sei der Blaue Wittelsbacher im Feld des Capital Investments angekommen. Zu allem Überfluss verpasste der Juwelier dem Stein auch seinen Namen. „Wittelsbach-Graff“ heißt er nun. Gelohnt hat sich der Aufwand für den Briten auf alle Fälle. Über 50 Millionen Euro soll Graff Schätzungen zufolge beim Deal mit dem Scheich aus Katar verdient haben.

    Die Köngiskrone schmückt nur eine Kopie

    Und da lagert er nun in der Wüste, der ehemals wunderschöne Blaue Wittelsbacher. Und die Besucher in der Münchner Residenz, wo seit Jahr und Tag die Bayern-Königskrone ausgestellt ist, müssen sich mit einer Billigkopie begnügen.

    Eine – allerdings nicht ganz ernst gemeinte – Möglichkeit gäbe es vielleicht noch, dass der Edelstein nach Bayern zurückkehrt: Wenn nämlich das künftige Fußballweltmeisterschafts-Ausrichterland Katar einen Topspieler des FC Bayern abwerben wollte und dessen Chef Karlheinz Rummenigge als Gegenleistung den Blauen Wittelsbacher fordern würde. Dann könnte der Brillant in der Säbener Straße in Giesing neben allerlei Fußballtrophäen bestaunt werden. Farblich besser würde er zwar zu den Münchner Löwen passen, aber die können ihn sich trotz Scheich-Investors nicht leisten.

    Die bayerische Königskrone

    Am 1. Januar 1806 verkündete der bayerische Kurfürst Max Joseph, dass er sich entschlossen habe, für Bayern die Königswürde anzunehmen, eine Würde von Napoleons Gnaden.

    Die bayerische Königskrone wurde in den Jahren 1806/07 von Charles Percier in Paris entworfen.

    Da verfassungsrechtlich eine Krönung nicht nötig war, wurde die eilig geschaffene Krone aber nicht benötigt.

    Auch die nachfolgenden bayerischen Könige ließen sich nicht krönen

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