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Hintergrund: Kurswechsel der CSU beim Klimaschutz: Söder macht es wie Seehofer

Hintergrund

Kurswechsel der CSU beim Klimaschutz: Söder macht es wie Seehofer

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    Markus Söder (rechts) hat seine Partei einen Kurswechsel vollziehen lassen - wie einst sein Vorgänger Horst Seehofer.
    Markus Söder (rechts) hat seine Partei einen Kurswechsel vollziehen lassen - wie einst sein Vorgänger Horst Seehofer. Foto: Tobias Hase, dpa

    Wieder einmal feiert sich die CSU als Vorreiter. Dieses Mal ist es der Klimaschutz. Im Jahr 2011 war es der Atomausstieg. Und 1986? Was war da gleich noch mal? Die Frage muss gestellt werden.

    Klimaschutz: Söder zitiert Franz Josef Strauß

    In dem Klimapapier, für das sich CSU-Chef Markus Söder und mit ihm der Parteivorstand am vergangenen Wochenende als Vorreiter beim Klimaschutz hoch leben ließen, wird CSU-Urvater Franz Josef Strauß mit markigen Sätzen aus dem Jahr 1986 zitiert: „Ein Zurück zu fossilen Energieträgern wäre ein Verbrechen an der Menschheit und an der Umwelt […]. Das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht, führt zu einer laufenden Veränderung der Atmosphäre mit einem Gefährdungspotenzial, das alle anderen Gefährdungspotenziale bei Weitem übersteigt.“

    Man könnte nun in den Archiven des Landtags nachforschen, in welchem Zusammenhang diese Sätze gefallen sind. Aber wahrscheinlich kann man sich das sparen. Im Jahr 1986 war der Kampf um die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf in vollem Gange. Und der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß war ein glühender Verfechter der (angeblich) klimaneutralen Atomkraft. Doch Wackersdorf wurde nicht fertig gebaut. Und im Jahr 2011, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, machte dann CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer im Verbund mit CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel der Atomkraft in Deutschland endgültig den Garaus.

    Bei der CSU-Klausur am vergangenen Wochenende erinnerten sich nicht wenige Teilnehmer an die CSU-Klausur zur Energiewende im Frühjahr 2011 in Kloster Andechs. So wie Seehofer beim Atomausstieg musste auch Parteichef Markus Söder im Vorfeld des Treffens erst jede Menge Gespräche führen, um die Skeptiker unter den CSU-Granden von seinem Klimaschutzkonzept zu überzeugen. Er habe es zwar, so berichten Teilnehmer, nicht ganz so schwer gehabt wie Seehofer beim Atomausstieg. Aber dennoch gebe es erstaunliche Parallelen.

    So wie einst Seehofer ist es jetzt offenbar auch Söder gelungen, seinen Willen in einer Grundsatzfrage durchzusetzen. Stolz verkündete er hinterher, wie „unglaublich geschlossen“ sich der CSU-Vorstand beim Klimaschutz zeige. Selbstverständlich, so Söder, habe es von der einen, wie von der anderen Seite Einwände gegeben. Doch das Ganze zu einem guten Ergebnis zu bringen, das gehöre eben zu einer „politischen Führungsaufgabe“ dazu.

    Durchaus vergleichbar ist auch die Gesamtsituation. Erneut unterstützt die CSU ihren Chef bei einem scharfen politischen Kurswechsel, der aus der Not geboren ist. Nach Fukushima stand die einstige „Atompartei“ CSU in der öffentlichen Meinung mit dem Rücken zur Wand. Im Jahr 2019 ist es der breite Protest der Klimaschutzbewegung, der die Partei zum Handeln zwingt. So wie einst Seehofer versucht jetzt auch Söder sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, um den Höhenflug der Grünen zu bremsen.

    Die Kritik auf Söders Klimapläne fällt gemischt aus

    Dass er es auch in der Sache ernst meint, hat Söder mehrfach beteuert. Dennoch ist noch längst nicht klar, ob die vielen Vorschläge, die vom CSU-Vorstand einstimmig beschlossen wurden, tatsächlich umgesetzt werden. Und es ist noch längst nicht klar, ob das, was umgesetzt wird, auch die gewünschte Wirkung entfaltet.

    Dass nicht immer alles so kommt, wie die Propaganda glauben machen will, lässt sich in der Rückschau auf den Atomausstieg nachvollziehen. Beispiel Windkraft: In seiner Regierungserklärung zum Atomausstieg 2011 versicherte Seehofer, er kämpfe dafür, „dass der verstärkte Ausbau der Windenergie nicht nur auf hoher See, sondern auch an Land vorangetrieben wird“. Abstriche bei der Förderung dürfe es nicht geben. Das wäre, so Seehofer, „zum Nachteil Bayerns“. Nur wenige Jahre später brachte er mit der 10H-Abstandsregelung für Windräder den Ausbau der Windkraft in Bayern wieder zum Erliegen. Daran traute sich der CSU-Vorstand auch jetzt nicht zu rütteln. Söder kündigte lediglich 100 zusätzliche Windräder im Staatswald an.

    Das Echo auf das CSU-Klimaschutzkonzept fiel denn auch recht gemischt aus. Einige Kommentatoren sprechen leicht ironisch von einem „Wohlfühlpapier“ oder vom „Ergrünen“ der CSU. Andere loben Söders politische Strategie als sein „Gesellenstück“ oder verweisen darauf, dass er tatsächlich am schnellsten war und vor allen anderen Parteien ein Gesamtkonzept vorgelegt habe. Dass dabei auch mit Tricks wie dem Strauß-Zitat gearbeitet wurde, so heißt es aus dem Vorstand, solle man nicht überbewerten. Hauptsache, die CSU präsentiere sich als einig und geschlossen.

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