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Hintergrund: Einsatz gegen das Feuerwehr-Kartell

Hintergrund

Einsatz gegen das Feuerwehr-Kartell

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    Der Stolz einer jeden Freiwilligen Feuerwehr: ein modernes Löschfahrzeug. Doch viele Gemeinden haben offenbar zu viel dafür beim Hersteller bezahlt.
    Der Stolz einer jeden Freiwilligen Feuerwehr: ein modernes Löschfahrzeug. Doch viele Gemeinden haben offenbar zu viel dafür beim Hersteller bezahlt. Foto: Foto: Fotolia

    2006 gab es in Waidhofen (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) einen kleinen zusätzlichen Feiertag. Die Feuerwehr stellte ihr neues Fahrzeug vor. In bayerischen Gemeinden wird das immer groß gefeiert. 280 PS stark ist das Gefährt, mit einem „vollautomatischen pneumatischen Lichtmasten“, wie man stolz auf der Internetseite dokumentiert hat. Preis: 271000 Euro. LF20/16 nennen Experten diesen Lkw. Hergestellt hat ihn die Firma Albert Ziegler in Giengen an der Brenz – jenes Unternehmen, das im Februar neben zwei weiteren Herstellern (Schlingmann, Rosenbauer) vom Bundeskartellamt zu einem Bußgeld in Höhe von insgesamt 20,5 Millionen Euro verurteilt wurde. Sie sollen zusammen mit einer vierten Firma, Iveco Magirus in Ulm, gegen die noch ermittelt wird, über Jahre hinweg Preise abgesprochen haben.

    Nun fürchten viele Kommunen, dass sie in der Vergangenheit zu viel für ihre Feuerwehrfahrzeuge bezahlt haben. Bayern ist besonders betroffen, weil es neben Baden-Württemberg die meisten Wehren hat, und hier gerade die kleinen Gemeinden. Denn wer nur alle 30 Jahre ein Fahrzeug kauft, zahlt im Regelfall den Katalogpreis. „Städte dagegen können in größeren Mengen einkaufen und erhalten entsprechende Rabatte“, sagt Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag. Unklar ist jetzt nur: Wenn Gemeinden tatsächlich mehr bezahlt haben, als es der Wettbewerb hergegeben hätte, wie bekommen sie dann ihr Geld zurück?

    Eine Möglichkeit ist der Weg einer Schadenersatzklage. Den halten sich die Kommunen nach wie vor offen, „als Drohkulisse“, wie Schober gegenüber unserer Zeitung sagt. Dabei würde man auch mit zwei bayerischen Musterfällen vor Gericht ziehen – mit betroffenen Feuerwehren der Stadt Erding und eben der Gemeinde Waidhofen. Dort hat man sowohl entsprechendes Gerät der Kartellfirmen gekauft als auch die Aufträge europaweit ausgeschrieben. Schober: „Die Kommunen sind zu der Klage bereit, sollten die Unternehmen versuchen, auf Zeit zu spielen.“

    Erst Gespräche – dann womöglich eine Musterklage

    So weit muss es nicht kommen. Am Montag wollen Kommunalverbände und Firmen in Bonn in einem zweiten Treffen prüfen, ob eine außergerichtliche Einigung noch möglich ist. Bayerns Gemeindetag verlangt einerseits einen neutralen, von den Herstellern finanzierten Gutachter, der klären soll, unter welchen Bedingungen eine Gemeinde Anspruch auf Entschädigung hat. In einem zweiten Schritt, so die Forderung, soll ein Fonds eingerichtet werden, aus dem die Kommunen dann bedient werden. Schober sagt klipp und klar: „Jede Firma muss einige Millionen Euro einbringen.“

    Dass sich die Unternehmen am Montag darauf einlassen werden, ist unwahrscheinlich. Nur zwei Firmen, heißt es in informierten Kreisen, seien bislang zu Zugeständnissen bereit. Am Tisch soll auch Iveco vertreten sein, gegen die das Verfahren bei der Wettbewerbsbehörde noch läuft. Das Unternehmen bestreitet, Teil des Kartells zwischen mindestens 2001 und 2009 gewesen zu sein. Aussagen des Gemeindetages, im Juni werde auch hier der Bußgeldbescheid erfolgen, will Behördensprecher Kay Weidner nicht bestätigen. Er spricht von „laufenden Ermittlungen“. Die vier Hersteller sollen etwa 90 Prozent des bayerischen Marktes abdecken.

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