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Hintergrund: Diskussionen um Oktoberfest: Hubert Aiwanger erzürnt die CSU

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Diskussionen um Oktoberfest: Hubert Aiwanger erzürnt die CSU

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    In den Reihen der CSU zusehends umstritten: Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern.
    In den Reihen der CSU zusehends umstritten: Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Die Zeit der Flitterwochen und der ungetrübten Harmonie in der bayerischen Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern ist offenkundig vorbei. Es knirscht gewaltig in der Staatsregierung, seit Freie-Wähler-Chef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sich unmittelbar nach der Absage der Münchner Wiesn und aller anderen Volksfeste dafür starkgemacht hat, doch möglichst schnell über kleinere Ersatzlösungen nachzudenken. Die CSU ist erzürnt.

    Aiwanger  forderte Ersatz für Oktoberfest 2020

    CSU-Generalsekretär Markus Blume wies Aiwanger am Donnerstag öffentlich zurecht. Er nannte ihn zwar nicht namentlich, aber er ließ keinen Zweifel daran, wer gemeint war. „Anstatt über die Zukunft von kleinen Festchen zu philosophieren, wäre es wichtiger, sich mit derselben Intensität um die Anliegen der gesamten Wirtschaft – von den Start-ups bis zu den Großkonzernen – zu kümmern“, sagte Blume.

    Tags zuvor hatte bereits Finanzminister Albert Füracker (CSU) seinem Unmut über Aiwangers Forderung nach einer „Ersatz-Gedenk-Wiesn“ Luft gemacht. „Die ganze Welt schaut in Sachen Oktoberfest auf uns, und bei uns beginnt man eine Diskussion darüber, wie wir aus der Wiesn eine Verlegenheitslösung kreieren“, sagte Füracker. Die Absage sei niemandem leichtgefallen. Jetzt gelte es, „solidarisch zu sein und den Verantwortlichen nicht in den Rücken zu fallen“.

    Schon diese offiziellen Wortmeldungen wiegen schwer, schließlich sind Blume wie Füracker enge Vertraute von Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. In der CSU-Fraktion im Landtag allerdings werden hinter vorgehaltener Hand noch schärfere Töne angeschlagen. Was Aiwanger in dieser schwierigen Situation von sich gebe, sei „teilweise unsäglich“, „nicht durchdacht“ und „verantwortungslos“. In Schutz genommen wird der rein persönlich gesehen durchaus beliebte Wirtschaftsminister bestenfalls noch halbherzig. Ein Mitglied des CSU-Fraktionsvorstands sagte: „Der meint das gar nicht böse, der plappert einfach irgendwas daher.“

    Aiwanger will derlei Kritik nicht auf sich sitzen lassen. Als Wirtschaftsminister müsse er sich doch vorrangig um jene Unternehmen kümmern, die am stärksten von der Corona-Krise betroffen seien, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Und das seien im Moment nun mal Gastronomen, Hoteliers und Volksfestbetreiber, also „rund 10.000 Betriebe mit hunderttausenden Beschäftigten“. Dass er deshalb andere Branchen vernachlässige, trifft nach seinen Worten ebenfalls nicht zu.

    Zwischen CSU und Freien Wählern gibt es einen Dissens um die richtige Strategie

    Er setze sich zum Beispiel auch massiv für den Handel ein. Etwa 12.000 Einzelhändler im Freistaat müssten wegen der 800-Quadratmeter-Regel geschlossen bleiben. „Die stehen genauso mit dem Rücken zur Wand wie die Gastronomen“, betonte Aiwanger und fügte mit Blick auf seine Kritiker hinzu: „Wenn es heißt, ich würde mich nicht um andere kümmern, dann sollte man mich dabei unterstützen, dass auch diese Geschäfte wieder öffnen dürfen.“

    Dass es zwischen CSU und Freien Wählern einen Dissens über die richtige Strategie in der Corona-Krise gibt, ist schon seit längerer Zeit nicht mehr zu übersehen. Regierungschef Söder beharrt auf strengen Regeln und will nur kleine, kontrollierte Schritte in Richtung Lockerung gehen. Die Freien wollen, dass es etwas schneller geht, und legen immer wieder weitergehende Vorschläge vor. Eine Regierungsstrategie, um sowohl die einen wie die anderen Wähler bei der Stange zu halten, sei das nicht. Das beteuern beide Lager. In der CSU wird allerdings darauf hingewiesen, dass bei den Freien wegen der hohen Zustimmungswerte für Söder derzeit „erhöhte Nervosität“ herrsche.

    Es geht ihm um das soziale Miteinander

    Aiwanger verteidigt seinen Kurs mit inhaltlichen Argumenten. Irgendwann, so sagt er, müssten sich die Menschen wieder treffen können. Dafür müsse man Lösungen entwickeln. Ihm gehe es dabei nicht nur um Ökonomie, sondern auch um das soziale Miteinander: „Das ist für mich eine der drängendsten Fragen in der Debatte.“

    So weit, dass sich auch Söder offen in den Disput in der Koalition einschaltet, ist es noch nicht. Er betonte gestern in Ulm das „gute Miteinander“ in der Staatsregierung.

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