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Herrmann-Prozess: Ursulas Entführung: War alles eine tragische Verwechslung?

Herrmann-Prozess

Ursulas Entführung: War alles eine tragische Verwechslung?

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    Ursula Herrmann erstickte in dieser Holzkiste.
    Ursula Herrmann erstickte in dieser Holzkiste.

    Augsburg/Eching Das Gerücht kursiert seit dem Tag, an dem Ursula Herrmann entführt wurde: Haben die Täter das falsche Mädchen erwischt? Hätte statt der Tochter eines Lehrer-Ehepaars nicht ein anderes Mädchen verschleppt werden sollen? Am Ammersee gibt es schließlich weit wohlhabendere Familien als die Herrmanns.

    Das Gerücht erhält nun neue Nahrung durch eine abenteuerliche Geschichte, die im derzeit laufenden Prozess gegen den 59-jährigen Fernsehelektriker Werner M. noch überhaupt nicht zur Sprache gekommen ist. Demnach gab es in der Nachbarschaft der Familie Herrmann in Eching ein Mädchen, das Ursula zum Verwechseln ähnlich sah. Ihre Eltern waren begütert. Sie könnte das eigentliche Entführungsopfer gewesen sein. Nur: Mit diesem Mädchen hatte der jetzt angeklagte Werner M. nichts zu tun.

    Die Spur führt vielmehr zu einem Deutschen, der wegen Herointransports in Taiwan eine lebenslange Haftstrafe absitzt. Er hatte zirka seit dem Jahr 1979 eine homosexuelle Beziehung. Das Männerpaar wurde mehrfach straffällig: Sie begingen Scheckbetrug, einer der beiden fälschte Fahrzeugbriefe. Ab 1981, dem Jahr von Ursulas Entführung, brauchten die beiden eine große Menge Geld, um ihre Schulden zu bezahlen.

    Sie kamen auf die Idee, eine Lichttherapie zu vermarkten, bei der Menschen mit Licht aus Röhren mit spezieller UV-Frequenz behandelt werden.

    Für ihr Projekt sucht das Paar einen Fachmann und einen Geldgeber. Im Frühjahr 1981 schalten sie Zeitungsinserate. Auf die Annoncen meldet sich neben einem Fachmann ein möglicher Investor aus Eching am Ammersee. Im Haus dieses Mannes kommt es zu einigen Treffen zwischen den künftigen Geschäftspartnern. Mindestens einmal soll das Männerpaar dort die Tochter des möglichen Geldgebers gesehen haben. Das Frappierende dabei: Sabine (Name geändert) sah Ursula Herrmann zum Verwechseln ähnlich. Sie war ebenfalls blond, trug dieselbe Frisur, war nur eineinhalb Jahre älter. Sabine ging sogar zur gleichen Turnstunde wie Ursula.

    Der Verdacht: Ursula könnte bei der Entführung mit der Tochter des Geldgebers verwechselt worden sein. Dann wäre aber nicht der nun Angeklagte Werner M. verdächtig, sondern vielmehr das homosexuelle Paar oder zumindest einer der beiden Männer. Angeblich soll in deren Freundeskreis im Sommer 1981 tatsächlich einmal darüber diskutiert worden sein, dass man mit Entführungen Geld beschaffen könnte. Der Vater von Sabine springt nach einigen Vorgesprächen als Geldgeber für das Lichttherapie-Projekt ab.

    Auffällig ist zumindest auch, dass der Mann, der jetzt in Taiwan im Gefängnis sitzt, nach Ursula Herrmanns Entführung den Kontakt zu seinem Partner und zu dessen Freundeskreis abgebrochen haben soll. Seltsam klingt die Geschichte allemal. Auch die Strafverfolger im Fall Ursula haben diese Spur ernst genommen: In den Jahren 2004/2005 haben sie Ermittlungen aufgenommen. Von dem in Taiwan in Haft Sitzenden wurden zwei DNA-Proben entnommen. Es ergaben sich aber keine Übereinstimmungen zu Genspuren aus dem Fall Ursula. Beamte des bayerischen Landeskriminalamts sollen zweimal inoffizielle Gespräche mit dem Mann in Taiwan geführt haben.

    Die Angelegenheit wird höchstwahrscheinlich im momentanen Prozess um Ursulas Tod noch eine Rolle spielen. Walter Rubach, Verteidiger des Angeklagten Werner M., sagte auf Anfrage: "Dieser Geschichte müssen wir natürlich noch auf den Grund gehen."

    Am nächsten Dienstag beginnt ein neuer Themenkomplex im Ursula-Herrmann-Prozess. Dann geht es um den Mann, der einmal gestanden hat, für den Angeklagten Werner M. ein Loch im Wald gegraben zu haben.

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