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"Halali": Theaterstück widmet sich dem Phänomen Franz Josef Strauß

"Halali"

Theaterstück widmet sich dem Phänomen Franz Josef Strauß

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    Franz Josef Strauß.
    Franz Josef Strauß.

    Plisch und Plum, Jesus und Elektra, und als große Klammer über allem: Franz Josef Strauß, der bayerische Übervater. Als verschachteltes und vernesteltes Königsdrama rund um den CSU-Politiker ist am Freitagabend "Halali" von Albert Ostermaier im Münchner Cuvilliés-Theater uraufgeführt worden. Die Bühnenjagd spielt in der Nervenheilanstalt - entsprechend bunt, wirr und skurril fällt das Treiben aus. In dem voll besetzten Haus gab es langen, freundlichen Applaus für die erste Uraufführung unter dem neuen Intendanten des Bayerischen Staatsschauspiels, Martin Kusej. Er will das Rokokotheater zur Spielstätte für das Moderne machen.

    Orientiert an wirklichen Ereignissen streift das Stück sämtliche Skandale von der Spiegel- über die Amigo-Affäre bis zur Wienerwald-Rede, in der Strauß CDU-Chef Helmut Kohl grob angriff. Es wird wörtlich zitiert, dann wieder kabarettistisch überspitzt oder verfremdet bis zur Sinnentstellung. Aber um Sinn geht es auch nicht in dem Stück, das Ostermaier, der seit vielen Jahren mit Kusej zusammenarbeitet, als Auftragsarbeit geschrieben hat und mit dem Untertitel "ein Mann in seinem Widerspruch" versah. Er bedauere, dass es hierzulande keine Tradition gibt, Politiker auf die Bühne zu bringen, sagte er dem "Münchner Merkur". Dafür freilich gäbe es in Bayern keinen besseren als Strauß.

    Ist er es, oder ist er es nicht - im Mittelpunkt steht der Patient einer Nervenheilanstalt (Jörg Ratjen), der sich zuerst für Jesus, dann für Franz Josef Strauß hält - schließlich war Strauß eine Persönlichkeit, die spaltet. Unter der Regie von Stephan Rottkamp entwickeln krude Dialoge ein Eigenleben, eine Blaskapelle namens Monaco Hansi & the Original Royal Bavarian Deep Heart Rock Orchestra aus sechs Musikern in grellen Dirndln und Lederhosen sorgt für Dynamik.

    Patienten in Lederhose und Sepplhut (Franz Pätzold und Alfred Kleinheinz) malen weißblaue Rauten ins Rokoko-Bühnenbild (Robert Schweer), schmieren "Stoppt Strauß" an die vergoldeten Logen und schreddern weiß-blaues Rautenpapier, bis der Boden aussieht wie ein bayerischer Himmel. Zahlreiche Zitate nicht nur aus der Ära Strauß, sondern auch aus Musik und Literatur, etwa von der antiken Elektra zum Stück "Vatermord" von Arnolt Bronnen, bringen zusätzliche Schichten in das wirre Anstaltsleben - vielleicht ein wenig zu viele.

    In der Nervenheilanstalt trudeln nach und nach Strauß-Sohn Max (Oliver Nägele) und der "SZ"-Journalist Michael Stiller (Wolfram Rupperti) ein. Stiller hatte jahrelang kritisch über Franz Josef und Max Strauß sowie dessen Rolle in der Schreiber-Affäre berichtet. Im wahren Leben trafen sich Max Strauß und Stiller erst, als sie zufällig wegen Depressionen in der selben Münchner Klinik behandelt wurden - und sprachen erstmals miteinander.

    Strauß' Arzt Valentin Argirov wird im Stück zu Dr. Tirow (René Dumont), Elektra (Sibylle Canonica), die Chefärztin, bemüht sich um alle. Strauß - oder der eingebildete Strauß - wiederum heißt Plisch, hinzu kommt Plum (Michele Cuciuffo). Strauß, sonst ausgemachter SPD-Feind, arbeitete als Finanzminister mit SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller zusammen. Die ungleichen Politiker bekamen nach Wilhelm Buschs frechem Hundepaar die Spitznamen "Plisch und Plum". Ostermaier überspitzt stark: Plisch und Plum küssen sich innig. Der echte Strauß hätte ihm das wohl kaum durchgehen lassen.

    Wer die Jäger sind, und wer die Gejagten, wer die Verrückten, und wer die Normalen - es ist nicht immer eindeutig. Und schließlich starb Strauß, der leidenschaftliche Jäger, der auch mit kommunistischen Machthabern auf die Pirsch ging, auf dem Weg zur Jagd. Im Stück findet der verrückte Pseudo-Strauß seine letzte Ruhe nach einer Krönungszeremonie unter einem riesigen weiß-blauen König-Ludwig-Mantel. Halali. dpa/AZ

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