Von Rupert Huber München - Wenn Gustl Weishappel morgens über die Donnersberger Brücke zum Münchner Funkhaus fuhr, sah er die Menschen an der Haltestelle stehen. Mit ihren Aktentaschen, mit der Thermosflasche und möglicherweise auch noch mit dem Henkelkorb.
"Diese Leute gingen in eine Arbeit und mussten da an die zehn Stunden bleiben", sagte Weishappel einmal, "ich dagegen ging in den Funk, machte ein bisserl Blabla, und in zwei oder drei Stunden war schon wieder alles erledigt, so dass ich wieder nach Hause gehen konnte."
Von wegen Blabla. Wenn der Weishappel das "Musikjournal" auf Bayern 1 moderierte - das war immer montags - horchte man auf im Land. Denn der Moderator wirkte etwas verschlafen, man wusste, dem geht es so wie mir. Das kam an. Und es gab ein kultiges Ritual: Weishappels Gang zum "Fensterbankl" und dem dort liegenden Thermometer: "Acht Grad, Mantel anziehen".
Am Montag ist Gustl Weishappel, wie der Bayerische Rundfunk (BR) am Dienstag bekanntgab, in Gräfelfing im Alter von 82 Jahren gestorben. Der ausgebildete Schauspieler, der als gebürtiger Grazer eine andere Klangfarbe hatte als seine BR-Kollegen, arbeitete ab 1955 als Sprecher, Moderator, Regisseur und Schauspieler für den BR. Sein Schauspieldebüt allerdings hatte er bereits als 17-Jähriger am Stadttheater Ulm gefeiert - als sehr jugendlicher Liebhaber. Dass er in Volksstücken auftrat und auch als Polizeihauptmeister im "Tatort" seine Pflicht tat, ist fast schon vergessen. Vieles verschwand hinter dem "Fensterbankl". Bis 1995 war Weishappel "Leitfigur und Stimme" (BR-Intendant Thomas Gruber) des "Musikjournals". Doch trotz einer schweren Herzerkrankung machte er im Radio weiter.
"Der Gustl war der letzte bei uns, der noch durch das Radio berühmt wurde, und nicht durch das Fernsehen", sagte gestern BR-Sprecher Rudi Küffner.
Bayern 1 erinnert am Sonntag um 12 Uhr mit einer Sonderausgabe der "Blauen Couch" an Gustl Weishappel.