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Fall Mollath: Gustl Mollath spaltet Bayerns Politik

Fall Mollath

Gustl Mollath spaltet Bayerns Politik

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    Zum Abschluss des Untersuchungsausschusses im Fall Gustl Mollath haben SPD, Grüne und Freie Wähler gestern erneut die Entlassung von Justizministerin Beate Merk (CSU) verlangt.
    Zum Abschluss des Untersuchungsausschusses im Fall Gustl Mollath haben SPD, Grüne und Freie Wähler gestern erneut die Entlassung von Justizministerin Beate Merk (CSU) verlangt. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Nur rund zwei Monate hatte ein Untersuchungsausschuss im Landtag Zeit, sich mit möglichem Regierungsversagen im Fall Mollath zu beschäftigen. Die Schlüsse, die die Regierungsmehrheit aus CSU und FDP auf der einen Seite und die Opposition aus SPD, Freien Wählern und Grünen auf der anderen Seite aus dieser Arbeit ziehen, könnten unterschiedlicher kaum sein.

    So erhob die Opposition bei der Vorstellung eines eigenen Abschlussberichts am Dienstag erneut schwere Vorwürfe gegen Justizministerin Beate Merk (CSU): „Die Ministerin ist die Dame, die wir hier packen wollen“, sagte etwa die SPD-Abgeordnete Inge Aures. Ihre Entlassung sei „unausweichlich“.

    Beate Merk soll im Fall Mollath absichtlich getäuscht haben

    Konkret beschuldigt die Opposition Merk, den Landtag im Fall des seit sieben Jahren in der Psychiatrie einsitzenden Gustl Mollath belogen zu haben: „Sie hat sich entweder nicht informiert oder sich kritiklos hinter Akten verschanzt“, so Aures.

    „Alles, was Herrn Mollath entlastet hätte, hat sie weggelassen“, kritisiert auch der Freie Wähler Florian Streibl. Merk habe „den Landtag absichtlich getäuscht“. Weil sie einen wichtigen internen Bericht der HypoVereinsbank zudem nicht sofort an die Steuerfahndung weitergeleitet habe, wirft Streibl Merk gar eine Straftat vor: „Das Verhalten der Ministerin hat Steuerstraftäter begünstigt“, findet er.

    Chronologie des Falls Mollath

    Ab 2006 saß der Nürnberger Gustl Mollath in der Psychiatrie. Hier eine Chronologie des Falles:

    November 2002: Gustl Mollath wird von seiner Frau wegen Körperverletzung angezeigt. Er soll sie im August 2001 ohne Grund mindestens 20-mal mit den Fäusten geschlagen haben. Außerdem habe er sie gebissen, getreten und sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt.

    Mai 2003: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erhebt Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung.

    September 2003: Die Hauptverhandlung beginnt vor dem Amtsgericht Nürnberg. Im April 2004 wird sie fortgesetzt. Ein Gutachter attestiert dabei Mollath erstmals gravierende psychische Störungen.

    Dezember 2003: Mollath erstattet Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gegen seine Frau, weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank und 24 Kunden wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften.

    Februar 2004: Die Anzeige wird von der Staatsanwaltschaft abgelegt. Begründung: Es gebe nur einen pauschalen Verdacht. Die Angaben seien zu unkonkret, als dass sie ein Ermittlungsverfahrens rechtfertigen würden.

    Juni 2004: Mollath wird gegen seinen Willen zur Begutachtung ins Bezirkskrankenhaus Erlangen gebracht, kommt aber schon kurz darauf wieder frei. Im Februar 2005 wird er in das Bezirkskrankenhaus Bayreuth eingewiesen. Dort bringt er fünf Wochen zu.

    August 2006: Das Landgericht Nürnberg spricht Mollath von den Vorwürfen der Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung frei. Aber die Strafkammer Mollaths ordnet Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.

    Februar 2007: Der Bundesgerichtshof verwirft die Revision als unbegründet.

    März 2012: Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) sagt im Rechtsausschuss des Landtags, Mollaths Strafanzeige wegen der Bankgeschäfte seiner Frau sei «weder Auslöser noch Hauptanlass noch überhaupt ein Grund für seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen». Seine Vorwürfe gegen die Bank hätten keinen begründeten Anfangsverdacht für Ermittlungen ergeben.

    November 2012: Ein interner Revisionsbericht der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2003, dessen Inhalt erst jetzt publik wird, bestätigt, dass ein Teil von Mollath Vorwürfe zutreffend war. Die Freien Wähler fordern Merks Rücktritt und einen Untersuchungsausschuss im Landtag.

    30. November 2012: Merk will den Fall Mollath komplett neu aufrollen lassen. Grund war die mögliche Befangenheit eines Richters.

    18. März 2013: Die Staatsanwaltschaft Regensburg beantragt die Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie stützt sich dabei auf «neue Tatsachen», die dem Gericht bei der Verurteilung im Jahr 2006 noch nicht bekanntgewesen seien. Entscheiden muss das Landgericht Regensburg.

    26. April 2013: Der Mollath-Untersuchungsausschuss tritt erstmals zusammen.

    28. Mai 2013: Das Landgericht Regensburg lehnt eine Entscheidung über Mollaths Psychiatrie-Unterbringung vor der Prüfung des Wiederaufnahmeantrags ab.

    12. Juni 2013: Das Landgericht Bayreuth ordnet an, dass Mollath mindestens noch ein weiteres Jahr und damit bis 2014 in der Psychiatrie bleiben muss.

    06. August 2013: Mollath kommt frei. Das OLG Nürnberg ordnet die Wiederaufnahme des Falls an und verfügt, dass diese an einer anderen Kammer des Landgerichts Regensburg stattfinden muss.

    05. September 2013: Die Verfassungsbeschwerde Mollaths ist erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab seiner Beschwerde gegen Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg statt. Die Beschwerde sei offensichtlich begründet, hieß es.

    19. Dezember 2013: Das Landgericht Regensburg teilt mit, dass das Wiederaufnahmeverfahren gegen Mollath am 7. Juli 2014 beginnt.

    13. Januar 2014: Die Nürnberger Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die Ex-Frau von Gustl Mollath eingestellt. Mollath hatte seine frühere Ehefrau im August 2013 angezeigt, weil sie in einem Verfahren über die Gewährung von Prozesskostenhilfe 2008 nicht die Wahrheit gesagt habe. Dafür ergaben sich laut Staatsanwaltschaft aber keine Anhaltspunkte.

    28. April 2014: Gustl Mollath will das Oberlandesgericht Bamberg mit einer weiteren Verfassungsbeschwerde zwingen zu verkünden, ab wann er unrechtmäßig in der Psychiatrie gesessen habe. Hintergrund ist ein Beschluss des OLG Bamberg aus dem Jahr 2011, nach dem Mollath weiter in der Psychiatrie bleiben musste. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass dadurch Mollaths Grundrecht auf Freiheit verletzt worden war.

    07. Juli 2014: Vor dem Landgericht Regensburg beginnt das Wiederaufnahmeverfahren gegen Mollath.

    08. August 2014: Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer einen Freispruch für Gustl Mollath. Dabei ist der Anklagevertreter jedoch von der Schuld des 57-Jährigen überzeugt. Die Verteidigung verlangt einen Freispruch "ohne Wenn und Aber". Mollath selbst weist die Vorwürfe zurück.

    14. August. 2014: Das Landgericht Regensburg spricht Gustl Mollath frei. dpa

    „Der Landtag wurde zu jedem Zeitpunkt von der Ministerin vollständig und korrekt informiert“, hält der CSU-Rechtsexperte Florian Herrmann dagegen – und wirft der Opposition bei ihren Attacken parteipolitisches Wahlkampfkalkül vor: Klar sei, dass auch eine Justizministerin die Unabhängigkeit der Justiz zu achten habe. Forderungen der Opposition, Merk hätte sich früher und entschiedener in den Fall einmischen müssen, hält Herrmann deshalb für „fatal“. Die Justiz dürfe nie auf Anweisung der Politik handeln: „Wir wollen keine politische Justiz.“

    Mollath-Ausschuss: keine Verschwörung, kein Komplott

    Den Vorwurf der Mauschelei zwischen Bank, Justiz und Politik zulasten Mollaths habe der Untersuchungsausschuss zudem komplett ausräumen können: „Es hat keine Verschwörung gegeben, kein Komplott“, betont der CSU-Politiker.

    Eine Einschätzung, die Martin Runge nur bedingt teilt: „Es gab ein Schweige-, Lügen- und Vertuschungskartell“, findet der Grünen-Politiker, der mit Mollath-Podiumsdiskussionen derzeit durch Bayern tourt. Und das Verhalten von Ministerin Merk mit der Unabhängigkeit der Justiz zu begründen, sei nur „eine bequeme und faule Ausrede“, keilt Runge zurück: „Es gibt doch gar keine Unabhängigkeit bei der Staatsanwaltschaft – deshalb ist hier auch sehr einseitig ermittelt worden.“

    Der Freie Wähler Streibl spricht selbst Bayerns Richtern ihre Unabhängigkeit ab: „Wenn Beförderungen im Ministerium entschieden werden, ist man nicht unabhängig“, findet der Jurist. Zudem habe der Ausschuss erneut gezeigt, dass „CSU-Filzstrukturen einer unabhängigen Justiz in Bayern nicht zuträglich sind“, findet Streibl.

    FDP sieht im Fall Gustl Mollath nichts Unrechtes

    Starker Tobak, für den sich aus Sicht von CSU und FDP im Fall Mollath keinerlei Belege finden lassen: Zwar wären mit heutigem Kenntnisstand Steuerermittlungen nach der Anzeige Mollaths geboten gewesen. Es sei aber „nichts Unrechtes“, dass mit dem damaligen Wissen die Anzeige nicht weiterverfolgt wurde, findet die FDP-Abgeordnete Brigitte Meyer (Mering). „Und Unzulänglichkeiten im Strafverfahren haben nicht wir, sondern die Justiz zu bewerten“, ergänzt CSU-Mann Herrmann.

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    An die Selbstheilungskräfte der Justiz glaubt die SPD-Abgeordnete Aures allerdings nicht: Eine „Wagenburgmentalität“ hat die Oberfränkin dort festgestellt: „Es wird immer noch vertuscht, man will die Wahrheit gar nicht wissen“, findet sie.

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