Eineinhalb Wochen nach dem Bahnunfall mit zwei Toten in Günzburg gibt es keine Hinweise auf einen technischen Fehler oder auf ein menschliches Versagen des Lokführers. Das teilte das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West gestern mit. Inzwischen liegt die Auswertung der elektronischen Fahrtenregistrierung (EFR) des Zuges vor. Danach war der Lokführer mit dem Regionalexpress eine geringere Geschwindigkeit gefahren als die an diesem Bahnübergang erlaubten 60 km/h. „Der Signalgeber funktionierte, für den Zug galt freie Fahrt“, berichtete Polizeisprecher Christian Eckel. Der Lokführer habe eine Notbremsung eingeleitet, was die EFR bestätigte.
Zeugen: Lokführer gab Pfeifsignal ab
Aufgrund mehrerer Zeugenaussagen sei davon auszugehen, dass der Triebwagenführer ein Pfeifsignal abgab, bevor der Regionalexpress den Bahnübergang erreichte, so die Polizei. Mit dem lauten Hupton sollen Fußgänger und Radfahrer vor dem herannahenden Zug gewarnt werden. Für die nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer gibt es an dem Übergang keine Schranken. Stattdessen ist die Stelle mit Blinklicht, Andreaskreuz und versetzten Sperrgittern gesichert. Für Autos und Lastwagen existieren Halbschranken und Blinklichter.
Zwei 15-Jährige wurden beim Überqueren der Gleise getötet
Am Abend des 27. Dezember hatte ein Regionalexpress auf der Fahrt von Krumbach nach Günzburg im Stadtgebiet von Günzburg zwei 15-jährige Mädchen beim Überqueren der Bahngleise erfasst und getötet. Schon unmittelbar danach hat die Polizei festgestellt, dass der Lokführer verkehrstüchtig war. „Nach derzeitigem Ermittlungsstand kann dem Triebwagenführer kein Fehlverhalten zur Last gelegt werden“, sagte Sprecher Eckel gestern.
Die dritte Jugendliche – sie ist die 16-jährige Schwester eines der getöteten Mädchen und die beste Freundin der anderen – hatte den Bahnübergang als Erste überquert. Sie blieb unverletzt. Sie wurde noch nicht vernommen, weil die Polizei ihr erst eine Trauerzeit ermöglichen will. Das gilt auch für den Lokführer, der einen schweren Schock erlitten hat. Der 39-Jährige soll in den nächsten Tagen von der Bundespolizei befragt werden. Aus diesem Grund können die Ermittler noch nicht sagen, ob die Mädchen zum Unfallzeitpunkt – es regnete stark – Mützen getragen haben oder durch Musik/Stöpsel im Ohr abgelenkt wurden. Eine Obduktion hat ergeben, dass keine der beiden 15-Jährigen unter dem Einfluss berauschender Mittel wie Alkohol oder Drogen gestanden hat, so die Polizei. Für sie geht die Ermittlungsarbeit weiter.
Beide Opfer wurden obduziert und sind inzwischen beigesetzt
So stehen Untersuchungen zur Funktionstüchtigkeit der Bahntechnikanlagen aus. Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft Memmingen entscheiden, ob ein unfallanalytisches Gutachten erstellt werden wird. Es soll den exakten Unfallhergang aufzeigen. Laut Polizeipräsidium Schwaben Süd/West hat ein Gutachter noch in der Nacht nach dem Unglück am Tatort Spuren gesichert. Beide Opfer sind inzwischen beigesetzt – das eine Mädchen in Günzburg, das andere in Bosnien.