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Grafing: Mutter entschuldigt sich: Messerstecher kommt in Psychiatrie

Grafing

Mutter entschuldigt sich: Messerstecher kommt in Psychiatrie

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    Bei einer Messerattacke am Bahnhof in Grafing ist am Dienstag ein Mann getötet worden.
    Bei einer Messerattacke am Bahnhof in Grafing ist am Dienstag ein Mann getötet worden. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Nach der tödlichen Messerattacke von Grafing bei München wird der Täter in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Der Ermittlungsrichter ordnete am Mittwoch keine Untersuchungshaft an, sondern die einstweilige Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer Nervenklinik. Zur Begründung teilte das Landeskriminalamt (LKA) mit, dass der 27-Jährige nach Begutachtung eines medizinischen Sachverständigen an einer psychischen Erkrankung leide. Es lägen „dringende Gründe für die Annahme vor, dass er im Zustand der Schuldunfähigkeit oder zumindest verminderten Schuldfähigkeit die Taten begangen hat“.

    Die Mutter des 27-Jährigen äußerte sich inzwischen in der Bild-Zeitung: "Wir können das nicht fassen, möchten uns bei den Angehörigen entschuldigen."

    Die Staatsanwaltschaft wirft dem 27-Jährigen aus dem hessischen Grünberg bei Gießen Mord und dreifachen Mordversuch vor. Der Mann hatte am Dienstagmorgen am Bahnhof des Städtchens Grafing einen 56 Jahre alten Fahrgast aus Wasserburg vor Zeugen erstochen und anschließend drei weitere Männer durch Messerstiche teils lebensgefährlich verletzt. Die drei Überlebenden sind nach LKA-Angaben mittlerweile gesundheitlich in einem stabilen Zustand.

    Motiv für die Messerattacke von Grafing weiter unklar

    Das Motiv für die Bluttat blieb auch am Tag nach dem Verbrechen rätselhaft. Erkenntnisse über die möglichen Absichten des 27-jährigen Täters, sagte das Landeskriminalamt gestern auf Nachfrage unserer Zeitung, gebe es bisher nicht. Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich bekräftigte, dass der mutmaßliche Täter bei seiner Vernehmung wirre Angaben gemacht habe. Nach seiner Festnahme habe er zunächst gar nichts gesagt. Dann habe er doch geredet, habe seine Identität bestätigt und auch ein Geständnis abgelegt. Doch aus dem, was er sonst so erzählt, wurden die Beamten nicht schlau. So etwa die Geschichte, dass er deshalb barfuß gewesen sei, weil er eine starke Hitze an seinen Füßen verspürt habe.

    Zu den Ermittlungen der Sonderkommission beim LKA wurde mitgeteilt, dass ein im Gleisbereich gefundener Rucksack des jungen Mannes auf Spuren untersucht wird. Zudem würden zwei Mobiltelefone ausgewertet. Es sei aber nicht sicher, ob eines der Handys dem 27-Jährigen gehöre.

    Bei der Wohnungsdurchsuchung des Mannes in Grünberg wurden ein weiteres Mobiltelefon und laut LKA „mehrere Speichermedien“ sichergestellt, die nun ebenfalls ausgewertet werden. „Beweismittel, die auf einen religiös motivierten Hintergrund der Tat oder andere Straftaten hindeuten, wurden nicht gefunden“, hieß es weiter.

    Unterdessen wurden weitere Details zum Gesundheitszustand des Täters bekannt. Demnach ließ er sich nur zwei Tage vor der Bluttat in einer Klinik stationär behandeln. Das LKA bestätigte Medienberichte, wonach der junge Mann auf Anraten seiner Großeltern wegen seelischer Probleme einen Tag in einem Krankenhaus in Gießen verbrachte.

    Zuvor hatten Angehörige die Polizei alarmiert, weil der Mann verwirrt gewirkt und von Drogenkonsum gesprochen habe. Er habe insgesamt „aber einen ruhigen Eindruck gemacht“, ohne Hinweise, dass er sich oder andere gefährden könnte, so die

    Zahlreiche Menschen gedachten in Grafing der Opfer. Vor dem Bahnhof lagen dutzende Blumensträuße, es brannten Kerzen. Auf einem laminierten Zettel stand: „Herzliche Anteilnahme für die Angehörigen + Freunde des Verstorbenen und der Verletzten. Wir fühlen und trauern mit Euch.“ Ansonsten erinnerte nichts mehr an das Verbrechen. Sämtliche Blutspuren waren beseitigt. Der Zugverkehr lief normal.

    Trauergottesdienst in der Pfarrkirche St. Ägidius

    Mehr als 150 Menschen gedachten am Mittwochabend bei einer Trauerfeier in der Pfarrkirche St. Ägidius der Opfer der Messerattacke. „Die Tat wird in das kollektive Gedächtnis von uns Grafingern einsickern“, sagte die Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). Es handle sich um eine „zufällige Tat, die durch nichts zu verhindern war“.

    Bei der ökumenischen Feier wurden vier Kerzen für die Opfer entzündet, Lieder gesungen und Gebete gesprochen. „In aller Sprachlosigkeit und Bestürzung wissen wir, dass Gott der Sieger ist und an unserer Seite bleibt“, sagte der katholische Pfarrer Anicet Mutonkole-Muyombi. Auch der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß und Oberbayerns Regierungspräsident Christoph Hillenbrand nahmen teil. Das aus dem rund 20 Kilometer entfernten Wasserburg am Inn stammende Todesopfer arbeitete bei der Regierung von Oberbayern in München. mit dpa

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