Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Giftige Aktivkohle verbrannt: Müll-Affäre: Augsburger Manager verurteilt

Giftige Aktivkohle verbrannt

Müll-Affäre: Augsburger Manager verurteilt

    • |
    Müll-Verbrennungsanlage AVA in Augsburg.
    Müll-Verbrennungsanlage AVA in Augsburg. Foto: Marcus Merk

    Von Thomas Gossner Augsburg. Hochgiftige Aktivkohle hat der ehemalige Technische Geschäftsführer der Abfallverwertungsanlage

    Was in einem Müllofen verbrannt werden darf, darüber entscheidet nicht der Betreiber der Anlage, sondern die Genehmigungsbehörde. Und weil der ehemalige Technische Geschäftsführer der Abfallverwertungsanlage Augsburg (AVA) fast drei Jahre lang hochgiftige Aktivkohle aus der Rauchgasreinigung einfach verfeuerte, ohne dafür die Zustimmung der Regierung von Schwaben einzuholen, verurteilte ihn das Amtsgericht Augsburg am Mittwoch zu einer Geldstrafe von 7200 Euro (90 Tagessätze zu 80 Euro).

    Das Gericht unterstellte dem Angeklagten, vorsätzlich gehandelt zu haben, weil ihm die Notwendigkeit einer Genehmigung bewusst gewesen sein musste.

    Ein Schreiben der Regierung von Schwaben, das unbekannte Informanten unserer Zeitung zuspielten, brachte im Herbst 2006 die Augsburger Müllaffäre ins Rollen: Die Regierung drohte der AVA wegen Verstößen gegen die Betriebserlaubnis mit der Stilllegung. Unter dem Druck der Berichterstattung - Teile des überwiegend mit Kommunalpolitikern aus der Region besetzten Aufsichtsrats wiegelten zunächst ab - wurden umfangreiche Sonderprüfungen eingeleitet, die zahlreiche weitere Missstände im Unternehmen aufdeckten.

    Als Konsequenz musste der heute 62-jährige Technikchef der AVA im vergangenen Sommer gehen und erhielt eine Abfindung von netto 126.000 Euro.

    Vier AVA-Mitarbeiter, die von der Geschäftsleitung verdächtigt wurden, immer wieder interne Dokumente an die Presse weitergegeben zu haben, bekamen dagegen den Staatsanwalt an den Hals - wegen übler Nachrede und Verrats von Betriebsgeheimnissen. Ohne ein Urteil abzuwarten, wurde zwei von ihnen Anfang Mai fristlos gekündigt.

    Über die Anklageerhebung gegen die angeblichen "Maulwürfe" entscheidet die Staatsanwaltschaft erst in den nächsten Wochen. Den Auftakt der juristischen Aufarbeitung der Müllaffäre machte am Mittwoch der Prozess gegen den ehemaligen Technischen Geschäftsführer der AVA, der wegen des illegalen Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage bereits 2006 einen Strafbefehl über 14.400 Euro erhalten und dagegen Einspruch erhalten hatte.

    Der Angeklagte machte für seine Entscheidung einen Notstand geltend: Nach seinen Angaben gab es im Sommer 2003 keine Entsorgungsmöglichkeit der angereicherten Aktivkohle mehr. Er entschloss sich darum, das Material in der AVA zu verbrennen, was ökologisch wie ökonomisch von Vorteil gewesen sei. Er stützte sich dabei auf einen ordnungsgemäß angemeldeten Probelauf, bei dem 1999 die Aktivkohle versuchsweise verbrannt und keine erhöhte Schadstoffbelastung festgestellt wurden. Eine Genehmigungspflicht erkannte er nicht.

    Die Regierung von Schwaben habe immer wieder darauf hingewiesen, dass für eine dauerhafte Verbrennung der Aktivkohle wegen des Gefährdungspotenzials eine Genehmigung notwendig sei, sagte der als Zeuge geladene Umweltjurist der Behörde aus. Das Gericht verurteilte darum den Angeklagten - auch wenn es zu keiner Umweltschädigung kam und inzwischen auch eine Genehmigung vorliegt. Die Höhe der Tagessätze aus dem Strafbefehl wurde halbiert.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden