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Gesundheitspolitik: Verbesserung in der Pflege: Woran es wirklich fehlt

Gesundheitspolitik

Verbesserung in der Pflege: Woran es wirklich fehlt

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    Gerade in der Intensivmedizin wird eine völlige Überlastung der Pflegekräfte befürchtet. Die CSU im Bundestag will auf ihrer Klausur Verbesserungen auch für den Pflegebereich beschließen.
    Gerade in der Intensivmedizin wird eine völlige Überlastung der Pflegekräfte befürchtet. Die CSU im Bundestag will auf ihrer Klausur Verbesserungen auch für den Pflegebereich beschließen. Foto: Jens Büttner, dpa

    5000 Euro sollen Pflegekräfte erhalten, die gerade ihre Ausbildung beendet haben, wenn sie weiter im Pflegeberuf arbeiten. Krankenhaus-Kitas mit einer gesicherten Nachtbetreuung sollen gefördert werden und weitere 500 Millionen Euro für die Ausstattung von Krankenhäusern und Pflegeheimen mit Hightech und Robotik bereitgestellt werden.

    So steht es im Entwurf eines Beschlusspapiers zur Klausur der CSU im Bundestag, die am 6. und 7. Januar in Berlin stattfinden soll. Das Pflegepersonal habe in Corona-Zeiten Großartiges geleistet, jetzt wolle man ihm etwas zurückgeben. Fragt sich nur, ob die Pflegekräfte in der Praxis die geplanten Maßnahmen überhaupt für hilfreich ansehen? Und was fordern eigentlich sie selbst?

    Chronologie der Corona-Pandemie 2020 in Eilmeldungen

    Mehr als 600 Eilmeldungen hat die Deutsche Presse-Agentur bis Dezember 2020 allein zum Corona-Virus gesendet. Die Überschriften dokumentieren die Zeitspanne von den ersten Hinweisen auf eine Ausbreitung der Viruserkrankung bis zu den jüngsten Erfolgen bei der Impfstoffentwicklung. Ein Überblick:

    Januar

    22.1. WHO ruft wegen Virus in China vorerst keine "internationale Notlage" aus

    24.1. Zwei Fälle der neuen Lungenkrankheit in Frankreich nachgewiesen

    28.1. Erster Coronavirus-Fall in Deutschland bestätigt

    30.1. Coronavirus in China: WHO erklärt internationale Notlage

    Februar

    15.2. Frankreich meldet ersten Coronavirus-Todesfall in Europa

    22.2. Italien will mit Coronavirus betroffene Städte abriegeln

    29.2. Erster Coronavirus-Todesfall in den USA

    März

    9.3. Coronavirus: Landrat meldet ersten Todesfall in Deutschland

    11.3. WHO bezeichnet Verbreitung des neuen Coronavirus als Pandemie

    12.3. USA erlassen wegen Coronavirus 30-tägigen Einreisestopp aus Europa

    12.3. CDU verschiebt Parteitag wegen Corona-Krise

    12.3. Merkel: Wegen Coronavirus auf Sozialkontakte weitgehend verzichten

    12.3. Bund und Länder: Ab Montag alle planbaren Operationen verschieben

    13.3. UEFA stoppt vorerst Spielbetrieb im Fußball-Europapokal

    13.3. NRW schließt nächste Woche alle Schulen

    (plus 14 weitere Eilmeldungen zu Schulschließungen in anderen Bundesländern)

    13.3. DFL: Fußball-Bundesliga stellt Spielbetrieb vorerst ein

    13.3. Trump ruft wegen Coronavirus nationalen Notstand aus 

    16.3. Regierung schlägt Schließung von Läden vor - Supermärkte aber offen

    17.3. Maas startet Rückholaktion für im Ausland festsitzende Deutsche

    17.3. Bundesregierung spricht weltweite Reisewarnung aus 

    17.3. Fußball-EM wegen Coronavirus um ein Jahr verschoben

    17.3. Nur noch EU-Bürger sollen nach Deutschland reisen dürfen

    18.3. Österreich kontrolliert ab Mitternacht Grenze zu Deutschland

    19.3. Coronavirus-Pandemie: Italien meldet mehr Tote als China

    21.3. Mietern soll in Krise nicht gekündigt werden dürfen

    22.3. Bund und Länder wollen Restaurants unverzüglich schließen

    24.3. IOC bestätigt: Olympia in Tokio wird verschoben

    25.3. Historisches Hilfspaket in Corona-Krise beschlossen

    27.3. Corona-Pandemie: Italien meldet fast 1000 Tote an einem Tag

    April

    2.4. Weltweit mehr als eine Million nachgewiesene Coronavirus-Infektionen

    6.4. Kreise: Zwei Wochen Quarantäne bei Rückkehr nach Deutschland

    6.4. Corona-Infektion: Britischer Premierminister auf Intensivstation

    15.4. Bund will Öffnung von Geschäften bis 800 Quadratmeter ermöglichen

    15.4. Schulstart in Deutschland schrittweise ab 4. Mai geplant

    17.4. Spahn: Ausbruch ist beherrschbar geworden

    21.4. Saison in Handball-Bundesliga abgebrochen

    22.4. Erste klinische Studie zu Corona-Impfstoff in Deutschland zugelassen

    23.4. Merkel: Länder in Corona-Krise teils zu forsch

    28.4. Nun bundesweite Maskenpflicht auch im Einzelhandel

    30.4. Betriebe melden für 10,1 Millionen Menschen Kurzarbeit an

    Mai

    5.5. Wirtschaftsminister der Länder wollen Gastronomieöffnung ab 9. Mai

    6.5. Bund will Öffnung aller Geschäfte in Corona-Krise erlauben

    6.5. Politik erlaubt Geisterspiele der Fußball-Bundesliga ab Mitte Mai

    13.5. Bundesregierung beschließt Lockerung der Grenzkontrollen

    15.5. Deutsche Wirtschaft bricht in der Corona-Krise ein

    26.5. Bund und Länder einig: Kontaktbeschränkungen bis 29. Juni

    Juni

    9.6. Deutscher Export bricht im April um mehr als 30 Prozent ein

    16.6. Offizielle Corona-Warn-App steht zum Download bereit

    17.6. Großveranstaltungen werden mit Ausnahmen bis Ende Oktober verboten

    17.6. Schulen sollen nach Sommerferien wieder komplett öffnen können

    23.6. Zahlreiche Einschränkungen nach Corona-Ausbruch bei Tönnies

    25.6. EU-Kommission genehmigt Rettungspaket für Lufthansa

    29.6. Bundestag beschließt Mehrwertsteuersenkung und Familienbonus

    Juli

    3.7. Arznei Remdesivir erhält europäische Zulassung für Covid-19

    7.7. Brasiliens Präsident Bolsonaro mit Coronavirus infiziert

    22.7. Corona-Tests bei Einreise aus Risikogebieten sollen Pflicht werden

    30.7. Deutsche Konjunktur bricht dramatisch ein

    30.7. Historischer Konjunktureinbruch in den USA wegen Corona-Krise

    August

    11.8. Putin: Russland lässt Impfstoff gegen Coronavirus zu

    14.8. Reisewarnung des Auswärtigen Amts für fast ganz Spanien samt Mallorca

    27.8. Bund und Länder: Großveranstaltungen bis Ende des Jahres verboten

    September

    29.9. Feiern in öffentlichen Räumen auf 50 Teilnehmer beschränkt

    30.9. Neue Corona-Risikogebiete in elf europäischen Ländern

    Oktober

    2.10. US-Präsident Trump und First Lady positiv auf Coronavirus getestet

    7.10. Länder: Beherbergungsverbot für Reisende aus Risikogebieten

    8.10. Corona-Neuinfektionen in Deutschland steigen sprunghaft auf über 4000

    14.10. Beschluss: Sperrstunde um 23 Uhr für Gastronomie in Corona-Hotspots

    14.10. Bund und Länder wollen striktere Kontaktbeschränkungen in Hotspots 

    14.10. Frankreich führt Gesundheitsnotstand wieder ein 

    15.10. RKI meldet Rekordwert bei Corona-Neuinfektionen in Deutschland

    21.10. Gesundheitsminister Spahn positiv auf Corona getestet

    26.10. CDU-Spitze verschiebt Parteitag zur Vorsitzendenwahl ins nächste Jahr

    28.10. Bund und Länder: Beginn von Kontaktbeschränkungen am 2. November

    28.10. Bund und Länder wollen Gastronomiebetriebe vorübergehend schließen

    November

    2.11. Teil-Lockdown startet: Öffentliches Leben wird heruntergefahren

    9.11. Biontech veröffentlicht vielversprechende Daten zu Corona-Impfstoff

    16.11. Auch US-Konzern Moderna legt positive Daten zu Corona-Impfstoff vor

    16.11. Bund und Länder appellieren: Keine privaten Feiern mehr

    18.11. Bundestag beschließt Änderungen beim Infektionsschutzgesetz

    25.11. Private Zusammenkünfte werden auf fünf Personen begrenzt

    25.11. Bund und Länder lockern Kontaktbeschränkungen für Weihnachten

    30.11. Moderna will Zulassung für Corona-Impfstoff in EU beantragen

    Dezember

    1.12. Biontech und Pfizer beantragen EU-Zulassung für Corona-Impfstoff

    2.12. Biontech und Pfizer: Großbritannien lässt Corona-Impfstoff zu

    2.12. Bund und Länder: Teil-Lockdown wird bis in den Januar verlängert

    9.12. Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet "Querdenken"-Bewegung

    12.12. Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer erhält US-Notfallzulassung

    13.12. Bund und Länder beschließen harten Lockdown ab dem 16. Dezember 

    13.12. Bund und Länder beschließen Versammlungsverbot an Silvester

    13.12. Möglichst keine Schul- und Kita-Besuche ab Mittwoch bis 10. Januar

    13.12. Bund erhöht Corona-Finanzhilfen für Unternehmen

    19.12. Corona-Impfstoff von Moderna erhält Notfallzulassung in den USA

    21.12. EMA empfiehlt erste Zulassung eines Corona-Impfstoffs in der EU

    21.12. EU-Kommission genehmigt Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer

    22.12. Bayern führt Corona-Testpflicht für Reisende aus Risikogebieten ein

    (dpa)

    Eva-Maria Nieberle ist gelernte Intensivkrankenschwester und Personalratsvorsitzende im Universitätsklinikum Augsburg. Die 54-Jährige hat, wenn sie die Pläne der Bundestags-CSU hört, wieder einmal den Eindruck, dass die Politik Maßnahmen umsetzen will, die am wirklichen Bedarf ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Pflege vorbeigehen: "Wenn ich schon höre, dass eine Kita mit Nachtbetreuung kommen soll, dann weiß ich schon, dass nur mit den Arbeitgebern gesprochen wurde, nicht aber mit Pflegekräften."

    "Wir brauchen mehr Pflegekräfte"

    Natürlich gebe es Einzelfälle, die sich eine Nachtbetreuung wünschen, "aber in der Regel wollen unsere Pflegekräfte ihre Kinder nachts nicht abgeben. Was sie wollen sind Dienstpläne, die es Müttern und Vätern in bestimmten Familienphasen erlaubt, gar keinen Nachtdienst machen zu müssen, ohne dabei einen finanziellen Nachteil zu haben". Ihr Stellvertreter Michael Wetterich kann dem nur zustimmen.

    Der dreifache Familienvater ist gelernter Kinderkrankenpfleger und engagiert sich in der Vereinigung der Pflegenden in Bayern. Er weiß, dass seine Kolleginnen und Kollegen vor allem flexible Dienstpläne fordern, Dienstpläne, die ein Familienleben zulassen. "Doch dies scheitert immer am Geld und am Personalmangel", sagt der 44-Jährige. "Dabei brauchen wir vor allem eines: Wir brauchen mehr Pflegekräfte."

    Experten: Langfristig führt die Prämie nicht zu mehr Pflegekräften

    Ist dann aber vielleicht die sogenannte Neueinsteiger-Prämie richtig? "Nein", sagen beide. "Klar freuen sich die Betroffenen, aber langfristig führt das nicht zu mehr Pflegekräften." Was aber dann? "Es müssen endlich die Personalbemessungskriterien, die längst erarbeitet wurden und durch Corona leider wieder verschleppt wurden, umgesetzt werden", erklärt Nieberle.

    Das heißt: Auf jeder Station im Krankenhaus, aber auch in jedem anderen Bereich der Pflege müsste eine an dem wirklichen Pflegebedarf angepasste Zahl an Pflegekräften arbeiten. "Das ist alles mit einer Expertenkommission berechnet worden und liegt jetzt unverständlicherweise wieder in einer Schublade", ärgert sich Nieberle.

    "Werden diese Personalbemessungskriterien umgesetzt, bedeutet dies aber auch, dass gegebenenfalls nicht so viel Patienten aufgenommen werden können", sagt Nieberle und ergänzt: "Die von Gesundheitsminister Spahn eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen gewährleisten weder eine qualitätsvolle Pflege noch gute Arbeitsbedingungen, sie sind nur ein Minimum, damit nicht alles zusammenbricht."

    Außerdem sei es durch Spahns Vorgaben vor allem zu Umverteilungen gekommen, es würden Pflegekräften von anderen Bereichen abgezogen, aber es werden nicht mehr Pflegekräfte, was aber das Wichtigste wäre. "Und diese Untergrenzen wurden jetzt durch Corona auch noch ausgesetzt."

    Die CSU-Landesgruppe will sich für eine «Neueinsteiger-Prämie» von 5000 Euro für neue Pflegekräfte einsetzen.
    Die CSU-Landesgruppe will sich für eine «Neueinsteiger-Prämie» von 5000 Euro für neue Pflegekräfte einsetzen. Foto: Felix Kästle, dpa

    Wichtig ist für Nieberle und Wetterich: "Die Personalbemessungskriterien müssen gesetzlich festgelegt werden und in allen Krankenhäusern bundesweit verbindlich gelten." Als Vorbild nennen sie die Schweiz. Nicht ohne Grund gebe es dorthin eine Abwanderung von Pflegekräften und Ärzten.

    Woher sollen die fehlenden Pflegekräfte kommen?

    Aber der Markt für Pflegekräfte sei leer gefegt, heißt es immer. Woher sollen die fehlenden Kräfte also kommen? "Werden die Arbeitsbedingungen wirklich verbessert, bleiben mehr Pflegekräfte und es bewerben sich auch mehr", ist Nieberle sich sicher. Die Bezahlung ist also nicht zu schlecht? "Jein", sagt Nieberle. Natürlich sei die Bezahlung gemessen an der großen Verantwortung nur mittelmäßig. Und ihr Kollege Wetterich ergänzt: "Was steigen müsste, sind die Zuschläge für besondere Zeiten, also für Nacht- und Wochenenddienste."

    Aber auch die generelle Bezahlung muss sich erhöhen. Das fordert der Präsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner. "4000 Euro brutto als Einstiegsgehalt für alle Pflegefachpersonen ist eine unserer zentralen Forderungen", sagt Wagner im Gespräch mit unserer Redaktion. Zu den Vorschlägen der Bundestags-CSU sagt der Pflegeexperte: "Von der Neueinsteiger-Prämie halte ich gar nichts.

    Die Vorschläge sind leider wieder nur die Fortsetzung einer Politik der Salamitaktik, eine Prämie hier, etwas mehr Geld dort. Das reicht aber nicht. Was nach wie vor fehlt, ist eine langfristige Reform des Pflegeberufs." Vor allem vermisst Wagner "ein klares Signal in die Berufsgruppe hinein, dass sich die Arbeitsbedingungen dauerhaft verbessern". Er betont: "Was die Pflegefachpersonen brauchen, ist eine spürbare Entlastung."

    Denn nur so könne verhindert werden, dass so viele gelernte Pflegekräfte entkräftet und genervt aus ihrem Beruf aussteigen. "Und nur mit einer spürbaren Entlastung kann es gelingen, dass viele Pflegefachpersonen wieder in ihren Beruf zurückkehren."

    Forderung: Die Pflegereserve muss nun reaktiviert werden

    Wagner geht von einer großen Pflegereserve im Land aus. Seinen Schätzungen nach sind es deutlich über 100.000 Menschen, die über eine Pflegeausbildung verfügen, aufgrund der zu belastenden Arbeitsbedingungen aber nur in Teilzeit tätig oder ausgeschieden sind. "Diese Pflegereserve muss nun reaktiviert werden", fordert er. Schon wenn etliche Pflegekräfte ein paar Stunden mehr arbeiten würden, wäre viel geholfen.

    Denn wie Eva-Maria Nieberle und Michael Wetterich ist auch Wagner überzeugt: "Was wir brauchen, sind deutlich mehr Pflegefachpersonen. Es müssen viel mehr Stellen geschaffen werden. Klar, das kostet sehr viel Geld. Aber nur so ist Qualität in der Pflege möglich. Und nur so schaffen wir es, dass Menschen in der Pflege dauerhaft arbeiten können." Auf mehr Ausbildung zu setzen ist für ihn zwar richtig.

    Auch hier fordert Wagner Verbesserungen: "Vor allem der Hochschulweg in die Pflege muss stärker gefördert werden, damit sich auch mehr Gymnasiasten für die Pflege entscheiden." Doch, wer nur auf die Ausbildung setzt, habe frühestens in drei Jahren mehr Pflegekräfte. "Das ist zu spät. Die Pflegefachpersonen brauchen die Entlastung jetzt."

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Prämien reichen in der Pflege nicht

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