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Geschichte: Das hat es mit der Reichskriegsflagge auf sich

Geschichte

Das hat es mit der Reichskriegsflagge auf sich

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    Eine Reichskriegsflagge auf einem Neonazi-Aufmarsch.
    Eine Reichskriegsflagge auf einem Neonazi-Aufmarsch. Foto: dpa (Archiv)

    Diese Bilder – man kennt sie mittlerweile. Von NPD-Kundgebungen, aus Fernsehberichten über die rechtsextremistische Szene und – ganz aktuell – von Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen. Auf diesen Bildern, von denen hier die Rede ist, sind schwarz-weiß-rote Reichsflaggen zu sehen. Auf manchen – nämlich den sogenannten Reichskriegsflaggen – prangen zusätzliche Symbole. Und genau um diese Flaggen ist nun eine Debatte entbrannt.

    Reichskriegsflaggen sollen, das hat Markus Söder beim CSU-Parteitag verkündet, in Bayern verboten werden. "Mit einer solchen Flagge zeigt man nämlich seine klare Ablehnung und auch Distanz zu unserer Demokratie", sagte Söder. "Wir lassen unsere freiheitliche Demokratie nicht von Rechtsradikalen kapern."

    Die Reichskriegsflagge existiert seit 1867 in verschiedenen Darstellungsformen. Beliebt unter Neonazis ist der Bundesanstalt für politische Bildung zufolge die ursprüngliche Variante mit schwarzem Kreuz, in dessen Mitte ein Kreis mit dem Reichsadler sowie in der oberen linken Ecke das Eiserne Kreuz auf schwarz-weiß-rotem Hintergrund abgebildet sind.

    Eine Variante der Reichskriegsflagge ist bereits bundesweit verboten

    Die Reichskriegsflagge war die offizielle Kriegsflagge der Streitkräfte des Deutschen Reiches ab 1871. Bundesweit verboten ist jetzt schon die Verwendung der Reichskriegsflagge der Nationalsozialisten, die den Adler in der Mitte durch ein Hakenkreuz ersetzt hatten. In einer der anderen historischen Versionen kann die Reichskriegsflagge bisher nur unter besonderen Umständen sichergestellt werden. Laut Verfassungsschutz ist das zum Beispiel der Fall, "wenn die Flagge Kristallisationspunkt einer konkret drohenden Gefahr ist".

    Der Augsburger Historiker Reinhold Forster erklärt, was es mit den Farben auf sich hat: "Schwarz-Weiß-Rot steht für das Deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1918, eine konstitutionelle Monarchie. Das heißt, es gab zwar einen Reichstag, der aber relativ wenig Mitspracherechte hatte. Die Kaiser, insbesondere Kaiser Wilhelm II. verachteten das Parlament." Die Farbkombinationen Weiß-Schwarz und Rot-Weiß waren schon vor dem Kaiserreich in der deutschen Geschichte verankert. Die Kombination Weiß-Schwarz trat häufig in Verbindung mit Preußischen Wappen auf, Rot-Weiß bei der Hanse. Über die letzten zwei Jahrhunderte lösten sich die beiden Flaggen Schwarz-Weiß-Rot und Schwarz-Rot-Gold immer wieder gegenseitig ab.

    Als "Schwarz-Rot-Senf" verunglimpft

    Schwarz-Rot-Gold war ab 1817 ein Erkennungszeichen der deutschen Burschenschaft. Sie kämpften für politische Freiheiten und die Einheit Deutschlands. Im Revolutionsjahr 1848 waren das auch die Farben der Frankfurter Nationalversammlung.

    Doch erst die Weimarer Republik übernahm die schwarz-rot-goldene Flagge. "Rechtskonservative und rechtsradikale Kräfte lehnten während der Weimarer Republik aber Schwarz-Rot-Gold ab, verunglimpften sie auch als ‘Schwarz-Rot-Senf’, vor allem griffen sie selbst immer wieder auf die kaiserlichen Farben zurück." Im Jahr 1933 war Schwarz-Weiß-Rot die offizielle Flagge neben der Hakenkreuzfahne. Erst am 15. September 1935, mit dem Reichsflaggengesetz, wird die Hakenkreuzfahne zur alleinigen Flagge des "Dritten Reichs" erhoben. "Die Nationalsozialisten griffen auf die Farbkombination Schwarz-Weiß-Rot zurück, die sich in der Hakenkreuzfahne wiederfindet. Republikanische schwarz-rot-goldene Fahnen wurden verboten und verbrannt", sagt Forster.

    Erst mit der Gründung der Bundesrepublik besann sich der Parlamentarische Rat wieder auf die demokratische Tradition der Weimarer Republik. Artikel 22 des Grundgesetzes bestimmt: "Die Bundesflagge ist Schwarz-Rot-Gold." Heute schwenken rechtsnationalistische Verbände häufig die alte Reichsflagge – oder eben die Reichskriegsflagge, auf der das Eiserne Kreuz zu sehen ist.

    Die Mehrheit ist für ein Verbot der Reichskriegsflagge

    67,9 Prozent der Bayern sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für unsere Redaktion dafür aus, das Tragen der Reichskriegsflagge zu verbieten. 22,2 Prozent lehnten ein Verbot ab. Der Rest ist unentschieden. Damit liegen die Bayern im bundesweiten Trend: 69,5 Prozent aller befragten Bundesbürger sprachen sich für ein Verbot aus, 21 Prozent dagegen. Nur Wähler der Alternative für Deutschland entschieden sich deutlich anders: 75,2 Prozent der AfD-Anhänger lehnten ein Verbot der Flagge ab.

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    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

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