Der scharfe politische Streit um die neue bayerische Grenzpolizei ist am Montag vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof in die wahrscheinlich letzte Runde gegangen. Die Grünen im Landtag hatten das Gericht angerufen, weil sie es für verfassungswidrig halten, dass Bayern eine eigene Grenzpolizei installiert hat. Der Schutz der deutschen Außengrenze, so argumentieren sie, liege laut Grundgesetz ausschließlich in der Kompetenz des Bundes. Staatsregierung und CSU-Fraktion dagegen beteuern, dass die bayerischen Polizisten ohnehin nur im Auftrag der Bundespolizei tätig würden, aber für Kontrollen direkt an der Grenze eine rechtliche Grundlage brauchten.
Die Streitfrage, die der Verfassungsgerichtshof unter Vorsitz von Präsident Peter Küspert zu klären hat, hat ihren Ursprung in der Flüchtlingskrise. Ministerpräsident Horst Seehofer und zunächst auch sein Nachfolger Markus Söder (beide CSU) stritten für einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik und forderten schärfere Grenzkontrollen. Um diese Forderung zu untermauern, setzten Söder und die CSU-Fraktion im Landtag im Jahr 2018 die Wiedererrichtung der bayerischen Grenzpolizei als eigene Einheit innerhalb der Landespolizei durch. Die Kompetenz, die Grenze zu schützen, die Bayern 1998 an den Bund abgegeben hatte, aber bekam der Freistaat nicht zurück.
Grünen-Chefin Schulze über Grenzpolizei: „Viel Getöse von Ministerpräsident Söder“
Seither sind die Positionen verhärtet. Für Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze steht fest: „Die Einrichtung der Bayerischen Grenzpolizei verletzt die Kompetenzordnung von Bund und Ländern und ist verfassungswidrig.“ Sie erkennt ausschließlich politische Motive: „Die im Vorfeld der Landtagswahl 2018 mit viel Getöse von Ministerpräsident Markus Söder gegründete Bayerische Grenzpolizei war wie der damalige Kruzifixerlass in Behörden und das überzogen harte Polizeiaufgabengesetz der untaugliche Versuch, die AfD mit einer streng konservativen Law-and-Order-Politik rechts zu überholen.“
Tobias Reiß, der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion hält dagegen. Er nennt die Grenzpolizei ein Erfolgsmodell und sagt: „Die grenzpolizeilichen Aufgaben, die sie wahrnimmt, werden ausschließlich im Einvernehmen mit dem Bund und mit Zustimmung des Bundesinnenministeriums ausgeführt. Insofern gibt es hier keine Verstöße gegen Kompetenzen des Bundes.“
Die Rechtsvertreter beider Seiten versuchten die widerstreitenden Positionen in der Verhandlung am Montag juristisch zu untermauern. Professor Thorsten Kingreen (Universität Regensburg), der in dem Verfahren die Grünen vertritt, betonte, dass niemand ein Problem damit habe, wenn die bayerische Polizei die Bundespolizei an der Grenze im Wege der Amtshilfe unterstütze. „Unser Problem ist die Gesetzgebung.“ Mit der Änderung der Bestimmungen im bayerischen Polizeigesetz habe die Staatsregierung ihre Kompetenzen überschritten.
Grenzpolizei habe sich in der Corona-Krise bewährt
Professor Markus Möstl (Universität Bayreuth) ließ diese Argumentation nicht gelten. Er verwies darauf, dass das Bundespolizeigesetz ein landespolizeiliches Tätigwerden im Grenzschutz ausdrücklich gestatte. Das sei seit 70 Jahren „ununterbrochen“ gängige Praxis und werde auch jetzt noch an vielen Flughäfen so gehandhabt.
Und gerade jetzt in der Corona-Krise habe sich die bayerische Grenzpolizei bewährt. Sie sei auf Ersuchen der Bundespolizei an 25 Grenzübergängen im Einsatz gewesen. Das Gericht wird sein Urteil am 28. August verkünden.
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