Ein Café in der Nähe des Landtags. Es herrscht Hochbetrieb, doch Katharina Schulze arbeitet sich zielstrebig und entspannt zwischen Kinderwägen und Einkaufstüten an den Tisch vor. „Bin ich zu spät?“, fragt sie mit besorgtem Blick auf ihr Smartphone. Nein, absolut nicht. „Gut. Ich hasse es nämlich, unpünktlich zu sein.“
Ein Gefühl für richtiges Timing kann in der Politik zweifellos nicht schaden. Und die Münchnerin scheint die Gunst der Stunde nutzen zu wollen: An diesem Mittwoch wird Schulze wohl zur neuen Fraktionschefin der Grünen im Landtag gewählt. Mit nur 31 Jahren. Schulze selbst scheint von ihrem nächsten großen Karriereschritt am wenigsten überrascht: Wichtige Posten hätten immer auch etwas mit Verantwortung zu tun, sagt sie. Und Verantwortung habe sie immer schon sehr gerne übernommen.
Im Gymnasium war Schulze bereits Schülersprecherin. Nur ein Jahr nach ihrem Parteieintritt bei den Grünen wurde sie 2009 Vorsitzende der Grünen Jugend in München. Und ein weiteres Jahr später, mit erst 25 Jahren, dann Vorsitzende der Münchner Grünen. Danach kamen prompt erste politische Erfolge, etwa als Sprecherin der gewonnenen Münchner Bürgerbegehren gegen eine dritte Flughafen-Startbahn und gegen Olympia. Und jetzt, nur dreieinhalb Jahre nach ihrem Einzug in den Landtag wird die Innen- und Polizeiexpertin wohl Fraktionschefin – als Nachfolgerin von Margarete Bause, 58, die die Landtags-Grünen mehr als 13 Jahre geführt hat und im Herbst in den Bundestag wechseln möchte.
Katharina Schulze hat keine Gegenkandidatin für den Fraktionsvorsitz
Eine Gegenkandidatin für Schulze gibt es bislang nicht. Auch die ambitionierte Claudia Stamm hält still. „Katharina ist intern unumstritten“, glaubt der erfahrene Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr, „und das heißt schon was bei den Grünen.“ Schulze habe sich durch gute Arbeit und kollegialen Umgang viel Respekt verschafft, sagt Dürr. Eine Einschätzung, die im Landtag nicht nur Parteifreunde teilen: „Inhaltlich habe ich mit ihr nicht viele Gemeinsamkeiten“, sagt etwa der schwäbische CSU-Abgeordnete und JU-Chef Hans Reichhart, „aber sie ist ein angenehmer Mensch, mit dem man prima über Politik streiten kann.“
Selbst bei der Polizei hat sich die junge Grüne Respekt verschafft – auch weil sie von abgedroschenen Stereotypen nichts hält. Schon viermal war sie etwa mit Polizisten auf Nachtstreife. Sie habe die Arbeit der Polizei sehr zu schätzen gelernt, berichtet Schulze. „Ich lobe deshalb, was gut läuft, schaue aber auch weiter kritisch hin.“
Vor allem der Kampf gegen Rechtsextremismus liegt Schulze am Herzen. Und da gebe es in Bayern nach wie vor große Defizite. Und auch für die Bürgerrechte kann Schulze leidenschaftlich streiten. Gerade für die Grünen sei dies ein Thema mit viel Potenzial: „Da müssen wir noch viel mehr tun.“
Kampf gegen Rechtsextremismus liegt Katharina Schulze am Herzen
Ob Polizei oder CSU: „Ich bemühe mich, auf alle Dinge im Leben offen zuzugehen“, sagt Schulze. Sehr zielstrebig und strukturiert gehe sie vor, lobt Grünen-Landeschef Eike Hallitzky. Manchmal sei sie aber ungeduldig: „Wenn es nicht so weitergeht, wie sie will, dann sprühen schon auch mal die Funken.“
Wenn Schulze am Mittwoch tatsächlich zur Fraktionschefin gewählt wird, wäre der Generationenwechsel bei den Landtags-Grünen endgültig vollzogen: Bereits seit 2013 ist der heute 38-jährige Ludwig Hartmann aus Landsberg der männliche Teil der grünen Fraktions-Doppelspitze.