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Gastronomie: Corona-Krise: So hart kämpfen Biergärten-Betreiber um ihre Existenz

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Corona-Krise: So hart kämpfen Biergärten-Betreiber um ihre Existenz

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    Auch wenn in Bayern seit Ende Mai Biergärten wieder öffnen dürfen, bleiben vielerorts die Gäste aus. Zwischen Mundschutzpflicht und Abstandsregelungen mag bei vielen keine richtige Stimmung aufkommen.
    Auch wenn in Bayern seit Ende Mai Biergärten wieder öffnen dürfen, bleiben vielerorts die Gäste aus. Zwischen Mundschutzpflicht und Abstandsregelungen mag bei vielen keine richtige Stimmung aufkommen. Foto: Peter Steffen, dpa

    Detaillierte Gästelisten, Trennwände aus Plexiglas, Mundschutzpflicht und strenge Öffnungsregelungen – die Corona-Pandemie hat den Besuch in Bayerns Biergärten grundlegend verändert. Seit Mai haben die meisten Gaststätten ihre Bewirtung im Freien wieder aufgenommen, der Lockdown ist vorbei. Geblieben ist der Infektionsschutz. Und an diesem haben die Wirte zu knabbern. Die Umsetzung der Auflagen kostet die Gastronomen viel Geld, der erhoffte Ansturm der Gäste bleibt vielerorts aus. Die Wirte stehen deshalb vor existenziellen Problemen – manche unter ihnen setzen deshalb auf neue Ideen.

    Biergärten in der Corona-Krise: Die Lage der Wirte und Gastronomen ist prekär

    Als „prekär“ beschreibt Angela Inselkammer, die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) die aktuelle Lage: „Nach Monaten ohne Umsatz, aber weiterlaufenden Fixkosten, werden nun Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt, der Wareneinsatz hochgefahren, Betriebskosten steigen aufgrund der Auflagen auf ein höheres Niveau an, zudem müssen Überbrückungskredite getilgt werden.“ All diese Kosten müssten die Wirte decken, berichtet Inselkammer, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu generieren.

    Das gelinge aber wegen der strengen Auflagen und coronabedingten Beschränkungen sowie der Verunsicherung der Gäste in den seltensten Fällen. Die Gastronomie habe durch das Abstandsgebot massive Kapazitätseinbußen, die es selbst bei Vollauslastung nur schwer ermöglichen, einen notwendigen Mindestumsatz zu erwirtschaften: „Der Überlebenskampf ist hier noch lange nicht gewonnen“, macht Inselkammer deutlich. Dies läge vor allem am gestiegenen Personalaufwand.

    Warum mancher Biergarten in der Corona-Krise komplett geschlossen bleiben muss

    Der Gastronomie geht es also schlecht. So schlecht sogar, dass mancher Zapfhahn ganz trockengelegt wird. Zum Beispiel im Waitzinger Bräustüberl in Landsberg. Dort hat sich Pächterin Christa Sippel nun dazu entschlossen, ihre Gaststätte mit Biergarten zu schließen. Oder im Münchner Ratskeller. „Da der Ratskeller ein recht großes Lokal ist, können wir den Betrieb bei so wenig Besuchern aktuell nicht aufrechterhalten“, schrieben die Wirte auf ihrer Facebookseite.

    Genau andersherum ist es bei der Kulperhütte in Augsburg. Den Biergarten ließ Inhaber Oliver Hüttenmüller im Mai zunächst geschlossen, bot seinen Kunden nur Getränke und Essen zum Mitnehmen an. Die Auflagen seien schlicht nicht sinnvoll umzusetzen, hieß es damals. „Mach' einen Plan und schmeiß' ihn dann wieder über den Haufen“, war allerdings schon wenige Tage später auf der Facebookseite der Kulperhütte zu lesen. Seit 20. Mai, nur zwei Tage später als erlaubt, öffnete der Biergarten an der Wertach doch seine Türen – und das ist bis heute der Fall.

    Geöffnet hat Hüttenmüller seinen Biergarten hauptsächlich, um seinen Gästen ein paar schattige Plätze bieten zu können. Denn auf den Steinen an der Wertach seien diese kaum zu finden. „Es funktioniert bisher gut“, sagt der Inhaber. Statt 47 habe er in seinem Biergarten nun zwar nur 14 Tische. Doch die meisten seiner Gäste nehmen Speisen und Getränke ohnehin mit – auch jetzt, da der Biergarten geöffnet hat, sagt er: „Große Sprünge werden wir heuer sicher nicht machen, aber wenn das Wetter mitspielt, kommen wir gut über die Runden.“

    Biergarten-Betreiber: "Müssen froh sein, wenn wir mit einem blauen Auge davon kommen.“

    Auch Klaus Sayer vom Schlossbräustüberl Scherneck bei Rehling im Kreis Aichach-Friedberg macht weiter. Er hat den Biergarten seit 18. Mai geöffnet – und das soll sich so schnell nicht wieder ändern, sagt er. Trotzdem dürfe das nicht über die schwierige Situation hinwegtäuschen, die Sayer als sehr deprimierend beschreibt: „Man braucht schon viel Idealismus, um weiterzumachen.“ In finanzieller Hinsicht, sagt er, rentiere es sich nicht: „Wir müssen froh sein, wenn wir mit einem blauen Auge davon kommen.“

    Denn die Gäste kämen bislang nur sehr verhalten in seinen Biergarten, berichtet der Wirt des Schlossbräustüberls: „Und mit den Auflagen kommt im Biergarten kaum Stimmung auf, die Gäste bleiben in der Regel nicht so lange sitzen wie gewohnt.“ Den Aufwand der coronabedingten Auflagen beschreibt Sayer als enorm – auch die Personalkosten seien gestiegen. „Das macht das im Moment sehr schwierig. Sollten die Auflagen bis Jahresende nicht aufgelockert werden können, wird das für uns sehr, sehr schwer werden.“

    Um dieser Entwicklung zumindest etwas entgegenzuwirken, ist auch Kreativität gefragt. In Nördlingen etwa gibt es seit ein paar Tagen einen neuen Biergarten. An der Stadtmauer, auf einer Wiese, die die Stadt zur Verfügung gestellt hat, bewirten drei Gastronomen und ein Metzger gemeinsam ihre Gäste – als Alternative zum Volksfest, das wegen des Coronavirus ausgefallen ist, berichtet Uli Wenger. Der Inhaber der Gaststätte „Wengers-Brettl“ hat den neuen Biergarten gemeinsam mit Barbesitzer Christoph Groß vom „Schwarzen Hirsch“ organisiert.

    Gastronomie und Corona: Besuche von Firmenkunden und Touristen fallen momentan weg

    Die aktuelle Lage bezeichnet auch Wenger als sehr schwierig. In normalen Zeiten habe er in seiner Wirtschaft 60 Terrassenplätze, aktuell seien es nur 30. „Die Auflagen sind nur schwer einzuhalten und machen das Geschäft kaum rentabel“, berichtet der Gastronom. Zudem fielen die Besuche vieler Firmenkunden und der Touristen weg.

    „Wir brauchen den neuen Biergarten“, sagt Wenger. In diesem sieht er eine Chance. Es gibt Würstel, Käse und Bier, die sonst auf dem Volksfest verkauft werden. „Wir probieren das aus und bisher sind wir zufrieden. Das ist besser, als nichts zu machen – denn dann säuft man sicher ab.“ Bis September bewirten die vier Gastronomen in dem neuen Biergarten. Und Wenger blickt nun „wieder zuversichtlich in die Zukunft“, wie der Wirt sagt: „Etwas anderes bleibt uns ja nicht übrig.“

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