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G7-Gipfel: Eingeladen: Ein Politiker-Essen auf Schloss Elmau wirft Fragen auf

G7-Gipfel

Eingeladen: Ein Politiker-Essen auf Schloss Elmau wirft Fragen auf

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    Wie sich ein Luxushotel anfühlt, nahmen am Montag in Elmau Politiker wahr. Einige wenige blieben über Nacht – zu eingeräumten Sonderkonditionen.
    Wie sich ein Luxushotel anfühlt, nahmen am Montag in Elmau Politiker wahr. Einige wenige blieben über Nacht – zu eingeräumten Sonderkonditionen. Foto: Jansen, dpa

    Das Essen im Luxushotel war offenbar nicht besonders reichhaltig, doch manchem Politiker liegt es nun schwer im Magen. Mehrere Dutzend Abgeordnete aus dem Landtag und andere Politiker haben sich von G7-Gipfel-Hotelier Dietmar Müller-Elmau in die Alpen einladen lassen. Dort erkundeten sie, wie der Schlossherr im Juni Kanzlerin Angela Merkel (CDU), US-Präsident Barack Obama und die mächtigsten Politiker der westlichen Welt beherbergen will.

    75 Prozent Rabatt: Politiker übernachten zum Spottpreis in Luxus-Suites

    Das ist Schloss Elmau

    Im Schloss Elmau findet der diesjährige G7-Gipfel statt. Vom 7.-8. Juni 2015 treffen sich die mächtigen Staats-und Regierungschefs in dem Schloss bei Garmisch.

    Das Schloss wurde in den Jahren von 1914 bis 1916 erbaut und steht heute unter Denkmalschutz.

    Schloss Elmau liegt auf 1008 Meter Höhe am Fuße des Wettersteinkamms in Oberbayern.

    In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Schloss von der Wehrmacht als Fronterholungsheim genutzt. Später beschlagnahmte es die US-Armee.

    Ab 1951 wurde das Schloss vom bayerischen Staat gepachtet und als Hotel betrieben. Hier zählten große Persönlichkeiten wie Johannes Rau und Loriot zu den Stammgästen.

    1997 wurde Schloss Elmau renoviert und als luxuriöses Spa-Hotel wieder eröffnet.

    Auf Schloss-Elmau finden jährlich mehr als zweihundert musikalische Veranstaltungen von klassischer Musik bis Jazz statt.

    Im Hinblick auf den G7-Gipfel im Juni werden zahlreiche Vorbereitungen getroffen. Straßen werden asphaltiert, Hubschrauberlandeplätze angelegt und ein Breitbild-Internetzugang geschaffen.

    Während des G7-Gipfels wird ein weiträumiger Sicherheitsbereich um das Schloss eingerichtet, weil das Landratsamt mit Demonstrationen und gewalttätigen Ausschreitungen rechnet.

    Doch das Essen wirft Fragen auf. Der Hotelbesitzer erhofft vom Freistaat Bayern bis zu drei Millionen Euro für den gipfelbedingten Umbau seines Luxusressorts. Zu der „exklusiven Besichtigung“ mit anschließendem gemeinsamen Abendessen reisten am vergangenen Montag unter anderem Vizepräsident Reinhold Bocklet (CSU), Freie-Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger, FW-Finanzexperte Bernhard Pohl (Kaufbeuren) sowie mehrere weitere Abgeordnete von

    Müller-Elmau bot auch noch die Möglichkeit zur Übernachtung in den Suiten des nagelneuen Elmau „Retreats“ für den Spottpreis von 150 Euro. Dort werden im Juni auch die Staatsgäste schlafen. Im Normaltarif kostet eine Suiten-Übernachtung nach Auskunft des Hotels mindestens 600 Euro. Pro Quadratmeter muss man im alten Hotel mit etwa zehn Euro rechnen, im neuen mit zwölf Euro. Und die Suiten sind bis zu 120 Quadratmeter groß.

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    Kollektiv ausgeschlagen wurden Essen und Übernachtungen von SPD und Grünen. „So etwas geht gar nicht“, sagt Grünen-Finanzpolitiker Thomas Mütze. „Das hat ein G’schmäckle.“

    Das scheint die Münchner Bundestagsabgeordnete der Grünen, Doris Wagner, aber nicht gespürt zu haben. Sie war vor Ort, hat gegessen und übernachtet. „Im Nachhinein könnte ich mich selbst dafür in den Hintern beißen“, sagte die Abgeordnete gestern Abend gegenüber unserer Zeitung. Es sei die „reinste Zeitverschwendung“ gewesen – „eine reine PR-Aktion und Selbstbeweihräucherung“. Statt eines Dialogs über die Zukunftschancen der Region habe Müller-Elmau dargestellt, „was für ein toller Hecht er ist“. Die Differenz zum normalen Preis für die Suite will die Grünen-Politikerin bezahlen.

    Bei der SPD empfahl die Fraktionsspitze, die Einladung nicht anzunehmen. Bei den Freien Wählern gab es dagegen keine Bedenken. Es sollen noch Fraktionsvize Thorsten Glauber und der Parlamentarische Geschäftsführer Florian Streibl angereist sein. Aufseiten der CSU lehnten zwar einige höflich ab, darunter Fraktionschef Thomas Kreuzer und Peter Winter, der Chef des Haushaltsausschusses – aber nicht alle. Neben Bocklet fuhren nach Elmau noch die CSU-Haushaltspolitiker Harald Kühn, Martin Bachhuber und Georg Winter (Höchstädt, Landkreis Dillingen).

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    Dabei war auch der Innenpolitiker Manfred Ländner. Der polizeipolitische Sprecher und zwei Landtagskollegen nahmen auch das Übernachtungsangebot wahr, verzichten nun aber auf die Ermäßigung. „Nachdem ich in einer Suite übernachtet habe, werde ich das auch voll bezahlen“, sagt Ländner. Und Bocklet sagt am Donnerstag auf Anfrage: „Ich sehe darin keinen Verstoß gegen irgendwelche Regeln.“ Die Abgeordneten wollten sich nach Bocklets Angaben daher informieren, wofür die staatlichen Gelder ausgegeben werden.

    Stephan Heller, der für Schloss Elmau die Öffentlichkeitsarbeit macht, hat die Einladungsliste vorgeschlagen und versteht die Aufregung nicht: „Ist es nicht mehr möglich in Bayern, wenn Wirtschaft und Politik in Dialog treten?“ dpa, ioa

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