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G7-Demonstrationen: Es war friedlich - bis auf den einen kritischen Moment

G7-Demonstrationen

Es war friedlich - bis auf den einen kritischen Moment

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    Die Erleichterung über den meist friedlichen Protest der G-7-Gegner wurde am Samstag durch handgreifliche Auseinandersetzungen getrübt. Dabei setzte die Polizei Pfefferspray ein.
    Die Erleichterung über den meist friedlichen Protest der G-7-Gegner wurde am Samstag durch handgreifliche Auseinandersetzungen getrübt. Dabei setzte die Polizei Pfefferspray ein. Foto: Imago

    Es ist Baggersee-Wetter, ein Eis würde jetzt genau passen. Oder nachher ein kühler Schluck im Biergarten. Aber die Menschen, die nach Garmisch-Partenkirchen gekommen sind, haben anderes im Sinn. Sie demonstrieren für eine gerechtere Welt, wenden sich gegen Krieg und Militarisierung, Armut und Ausbeutung und gegen eine „neoliberale Wirtschaftspolitik“. Für eine solche Politik, die andere Staaten bevormundet, stehen aus Sicht der G-7-Gegner die mächtigsten westlichen Industrienationen.

    Stundenlange Wanderung Richtung Schloss Elmau

    Während Angela Merkel mit ihren Gästen bis heute Mittag noch über Themen wie Klimaschutz, Welthandel und Entwicklungspolitik in voll klimatisierten Räumen sprechen wird, hat es die Protestbewegung weniger komfortabel.

    Rund 300 G-7-Gegner sind am Sonntag stundenlang von Garmisch-Partenkirchen aus über Wamberg und oberhalb der Partnachklamm auf verschiedenen Routen in Richtung Schloss Elmau gewandert. Sie kamen bis zum drei Meter hohen Maschendrahtzaun. Mit „Sicht- und Hörweite“ zum Schloss hatte der Schlusspunkt des Protestzuges aber nichts zu tun. Eigentlich sollte eine Delegation nah ans Schloss herandürfen. Doch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wollte nicht mitspielen. Einen Fußmarsch ließ das Gericht wegen der damit „verbundenen unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ nicht zu, hieß es in der Begründung am späten Samstagabend. Die G-7-Gegner hatten es abgelehnt, von der Polizei chauffiert zu werden. Sie wollten ihren Weg per Fußmarsch selbst bestimmen.

    Zwei Teilnehmer der hochalpinen Zaun-Demo waren gestern so erschöpft, dass sie von der Bergwacht ins Protestcamp zurückgebracht wurden. Wasser gab’s für alle, die etwas haben wollten.

    G7-Gegner wollen "Nadelstiche" setzen

    Am Sonntag war es das Ziel der Gipfelgegner, an verschiedenen Orten mit kleineren Aktionen „Nadelstiche“ zu setzen. Mehrere Gruppen zogen durch Garmisch-Partenkirchen. Mit Fahrrädern machten sich einige auf den Weg. Andere brachen vom Anti-G-7-Camp aus in Richtung Farchant auf, gingen über Wiesen und Felder, um die B2 zu erreichen, die nach Klais führt. Dort gibt es eine Abzweigung nach Elmau. Doch so weit kamen sie nicht. Polizisten kreisten die rund 150 Personen ein und überzeugten sie schließlich, wieder umzukehren.

    Anderen aber gelang es, die Bundesstraße zu erreichen. „Sie muss frei bleiben“, sagt die Polizei, weil sie Rettungsweg ins Krankenhaus, Protokollweg und Versorgungsweg gleichzeitig ist. Da war vorher allen bekannt.“ Wer dem Aufruf, die Straße zu verlassen, nicht folgte, wurde von den Beamten kurzerhand weggetragen. 50 Personen kamen in Gewahrsam. Sie wurden in den Abrams-Komplex gebracht, das ist eine ehemalige Erholungseinrichtung für US-Militärangehörige am Rande Garmisch-Partenkirchens. Dort sind in der Gefangenensammelstelle (Gesa) 40 Zellen in Containern eingerichtet, die maximal 200 Menschen Platz bieten. Anmietung und Umbau haben 500.000 Euro gekostet. Staatsanwaltschaft und Richter sind ebenfalls in dem Komplex untergebracht, damit schnell entschieden werden kann, ob nur die Identität der Person festgestellt werden soll oder ob die Verfehlungen so groß sind, dass nur noch die Gefängniszelle infrage kommt.

    Acht verletzte Polizisten bei Großdemo gegen G7-Gipfel

    Acht Polizisten haben sich am Samstag bei der Großdemonstration in Garmisch-Partenkirchen verletzt. Sieben Beamte haben Prellungen davongetragen. Einer muss nach wie vor stationär behandelt werden, weil er Pulver eines Feuerlöschers eingeatmet hat. Die Polizei reagierte nach eigener Darstellung mit Pfefferspray und Schlagstockeinsatz darauf, dass Flaschen und Rauchbomben auf die Uniformierten geworfen wurden. Außerdem habe einer aus dem Protestzug mit einer Holzlatte angegriffen.

    Das ist die G7

    Die G7: Die Gruppe der Sieben ist ein Zusammenschluss der sieben einflussreichsten Industrienationen der Welt. Die Mitgliedsstaaten haben sich zusammengeschlossen, um sich politisch miteinander abzustimmen.

    Mitglieder: Zur G7 gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA.

    Gründung: Die Gruppe hat sich mit sechs Mitgliedern im Jahr 1975 gegründet. Anlass waren dringende wirtschaftliche Probleme, die Einzelstaaten überforderten.

    Themen: Mittlerweile diskutiert die Gruppe viele Themen. Dazu gehören Sicherheit, Bildung, Wirtschaft, Umwelt oder Strafverfolgung.

    Zahl: Kanada wurde ein Jahr nach der Gründung siebtes Mitglied. Ab 1998 gehörte auch Russland dazu - bis die Gruppe das Land wegen der Krim-Krise 2014 wieder ausschloss und zum Format G7 zurückkehrte.

    Treffen: Jedes Jahr laden die Mitgliedsstaaten im Wechsel zu Treffen ein. Der G7-Gipfel 2015 mit allen Regierungschefs findet im Juni auf dem bayerischen Schloss Elmau statt.

    Kritik: Gegner werfen der G7 vor, nur eigene Interessen zu verfolgen und damit weltpolitisch für Ungerechtigkeit oder gar Krisen zu sorgen.

    Das Aktionsbündnis sieht in der Polizei die Aggressoren. Nach Auskunft von Sanitätern, die den Demozug begleiteteten, seien mindestens 60 Personen durch Pfefferspray verletzt worden. „Mehrere Personen mussten nach gezielten Schlagstockschlägen versorgt werden, vier von ihnen im Krankenhaus“, teilte das Bündnis mit. Zahlen, die Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer „nicht bestätigen kann“.

    1700 Polizisten haben den Protestmarsch begleitet, der aus linksgerichteten Gruppen ebenso bestand wie aus Demonstranten aus dem bürgerlichen Lager. Bis auf den Zwischenfall am Wendepunkt des Zuges nahe des Krankenhauses ist alles friedlich verlaufen. Die Angaben zur Zahl der Teilnehmer schwanken zwischen 3600 und 5000 – je nachdem, wer „gezählt“ hat.

    G7-Demo - oder: „Das ist ja fast wie beim Festzug“

    Die Reaktion der Bevölkerung auf den teils lautstarken Protest („A-Anti-Anticapitalista“, „Brecht die Macht der Banken und Konzerne“, „Kampf in den Alpen, Streik in der Fabrik, das ist unsere Antwort auf eure Politik“) fiel unterschiedlich aus: „Schauen S’ doch den Verhau an“, sagt der Garmischer Hans Sedlmaier, als sich die Menschen mit roten Fahnen formieren. Der 78-Jährige habe auch schon demonstriert – für eine Umgehungsstraße. „Das ist geordneter abgelaufen“, sagt er. Gar nichts Schlimmes kann Claudia Lindenthal an der Demo finden. Sie ist eigens mit dem Fahrrad zehn Kilometer gefahren, „um sich das mal anzuschauen“. Die Familie wollte nicht mit. Ihr Urteil: „Das ist ja fast wie beim Festzug.“ Viel Zeit hat sie nicht mehr für ihre Beobachtungen. „Um 16 Uhr muss ich wieder zu Hause sein – da gibt’s Kaffee und Kuchen mit selbst gemachtem Rhabarberkuchen.“ Liveticker: Proteste gegen G7-Gipfel bleiben weitgehend friedlich

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