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Interview: Friseurin nach Corona-Pause: "Wir konnten alle Frisuren retten"

Interview

Friseurin nach Corona-Pause: "Wir konnten alle Frisuren retten"

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    Friseurmeisterin Nadine Göth, 36, ist seit 17 Jahren selbstständig. Trotzdem fühlte sie sich am Montag ein bisschen so, als wäre sie neu in ihrem Beruf. Der Grund: all die ungewohnten Corona-Auflagen. Vor allem die Maske macht Nadine Göth, ihren Mitarbeiterinnen und den Kunden zu schaffen.
    Friseurmeisterin Nadine Göth, 36, ist seit 17 Jahren selbstständig. Trotzdem fühlte sie sich am Montag ein bisschen so, als wäre sie neu in ihrem Beruf. Der Grund: all die ungewohnten Corona-Auflagen. Vor allem die Maske macht Nadine Göth, ihren Mitarbeiterinnen und den Kunden zu schaffen. Foto: Marcus Merk

    Frau Göth, die Menschen in Bayern durften an diesem Montag nach sechs Wochen Zwangspause erstmals wieder zum Friseur. Welche fiesen ,Frisurenopfer‘ haben Sie in Ihrem Salon in Rain am Lech gesehen?

    Nadine Göth: Es war schon teilweise heftig. Gerade bei Frauen hat man ganz extrem den grauen Ansatz gesehen. Und von den Männern hatten deutlich sichtbar einige selbst Hand angelegt, vor allem im Bereich der Ohren. Teilweise war das schief geschnitten oder zu kurz rasiert, da passt dann der ganze Übergang nicht mehr. Aber wir konnten alle Frisuren retten.

    Macht einem Friseur das Schneiden besonders viel Spaß, wenn die Frisur völlig aus der Form geraten ist?

    Göth: Ja, das ist schon etwas anderes als Spitzenschneiden. Es macht einfach richtig Freude, wenn man mehr abschneiden und dem Kunden endlich wieder ein gutes Aussehen verpassen kann.

    Friseurin nach Corona: Wie am ersten Arbeitstag

    Sie sind seit 17 Jahren selbstständig. Schlich sich bei der Wiedereröffnung mit all den ungewohnten Corona-Auflagen trotzdem ein Gefühl wie am ersten Arbeitstag ein?

    Göth: Ja, so kann man es sagen. Wir hier im Salon waren alle nervös. Wir wussten ja nicht, was kommt, wie die Arbeit mit den Auflagen anläuft – zumal wir von der Berufsgenossenschaft ehrlich gesagt ziemlich schlecht informiert waren. Zwischenzeitlich ging das Gerücht um, man dürfe wegen der Viren nicht mehr föhnen! Andererseits bin ich natürlich heilfroh, dass wir wieder öffnen konnten. Hätte die Schließung noch zwei oder drei Wochen länger gedauert, wäre die finanzielle Situation noch dramatischer geworden. Die Schutzvorkehrungen sind ja auch schon mit sehr hohen Kosten verbunden.

    Wie viel haben Sie denn ausgegeben?

    Göth: Das kann man so pauschal nicht sagen, da ja laufende Kosten für die Schutzausrüstung, vor allem Masken und Einmal-Umhänge, dazukommen. Es handelt sich aber sicher um mehrere tausend Euro. Wir brauchten zum Beispiel eine Plexiglasscheibe für die Rezeption. Und ich habe eine Desinfektionssäule angeschafft. Ich hätte auch die normalen Spender kaufen können, aber ich wollte was Hochwertiges. Die Säule finde ich sinnvoll, vielleicht lasse ich sie auch nach Corona-Zeiten stehen.

    Die Kunden beim Friseur waren verunsichert

    Wie war Ihr Eindruck, mit welchen Gefühlen kamen die Kunden zurück in Ihren Salon?

    Göth: Sie waren alle ziemlich verunsichert. Man kommt sich einfach komisch vor, wenn man sich im Mundschutz gegenübersteht. Auf der anderen Seite waren die Kunden natürlich dankbar und froh, sich endlich wieder die Haare schneiden lassen zu können.

    Für viele Menschen sind ihre Friseurinnen und Friseure gleichzeitig Vertraute, denen man Persönliches erzählt und Kummer gesteht. Haben Ihre Kunden nach sechs Wochen besonders viel Bedarf, ihr Herz auszuschütten?

    Göth: Erst dachte ich ja, mit Mundschutz reden die Leute nicht so viel. Aber das stimmt nicht. Man merkt, dass unsere Kunden lange keinen Kontakt zu anderen Menschen hatten. Sie haben das Bedürfnis zu reden. Und immer kommt man irgendwann auf Corona zu sprechen. Egal, ob man mit der Oma redet, die ihr neugeborenes Enkelkind noch nicht sehen durfte oder mit dem Selbstständigen, der nicht weiß, wie es weitergeht.

    Corona-Schutzmaske macht das Haareschneiden schwer

    Reden wir über das Schneiden selbst: Mund und Nase müssen die ganze Zeit über bedeckt sein, oft ist der Mundschutz an den Ohren fixiert. Gerade da, wo ein Ausrutscher mit der Schere besonders auffällt. Wie schneidet es sich mit Maske?

    Göth: Schrecklich. Das ist wirklich grenzwertig für beide Seiten. Du kannst kaum atmen, nicht richtig die Ohren ausschneiden. Ich muss meine Kunden bitten, den Gummi wegzuhalten, schließlich brauche ich zum Schneiden Kamm und Schere, also beide Hände. Die Frisur kann man kaum richtig beurteilen, wenn das halbe Gesicht verdeckt ist. Die Maske ist das Schlimmste an allen Schutzvorkehrungen.

    Haben Sie oder die Kunden Angst, sich gegenseitig anzustecken?

    Göth: Nein, eigentlich nicht. Viele Kunden halten es auch für total übertrieben, dass wir alle Mundschutz tragen müssen. Ich finde, da nehmen es manche ein bisschen zu locker. Das ist jetzt eben nötig. Gäbe es unter meinen Beschäftigten einen Coronafall, müssten wir wohl alle zwei Wochen in Quarantäne und ich könnte gleich wieder zumachen.

    Davon blieben Sie natürlich gerne verschont. Was wünschen Sie sich darüber hinaus für die kommende Zeit?

    Göth: Ich wünsche mir, dass der Friseurberuf mehr anerkannt wird. Uns geht es ähnlich wie den Pflegekräften: Die Arbeit der Friseure ist einfach mehr wert. Jeder will gut aussehen. Und dabei helfen wir.

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