Wieder einmal auf einem Aussichtsberg und wieder der überwältigende Blick: auf ein Meer von weiteren Gipfeln. Wie viele es allein in den bayerischen Alpen sind, hat wohl niemand je gezählt. Vom Nebelhorn aus hat man sich einmal die Mühe gemacht: 400 weitere Berge sieht man vom Gipfel des Oberstdorfer Hausbergs, wenn die Sicht gut ist – von der Zugspitze bis zum Säntis in der Schweiz. In Corona-Zeiten werden viele bayerische Berge regelrecht überrannt von Menschenmassen. Doch es gibt auch immer noch ruhigere Ecken. Zum Zugspitz-Erstbesteigungsjubiläum haben wir zehn bayerische Berge ausgesucht und kurz porträtiert.
- Das Allgäuer Matterhorn: Die Trettachspitze in den Oberstdorfer Bergen ist alles andere als leicht besteigbar. Selbst der Normalweg erfordert sicheres Klettern im dritten Schwierigkeitsgrad. Dennoch wird das Matterhorn des Allgäus häufig bestiegen. Zusammen mit Mädelegabel und Hochfrottspitze bildet die Trettach, wie sie verkürzt auch genannt wird, das Oberstdorfer Dreigestirn. Übrigens: Trettach heißt auch der hier entspringende Wildbach, und der gehört zusammen mit Breitach und Stillach zu den Quellbächen der Iller.
- Die Formschöne: Die Alpspitze, hoch über Garmisch im Wettersteingebirge: Sie ist mit Sicherheit eine der markantesten und formschönsten Berggestalten in den bayerischen Alpen. Und wird von manchem Touristen, der sich von Norden kommend dem Wettersteingebirge nähert, für die Zugspitze gehalten. Allein ist man auf der Alpspitze selten: Bis zum vorgelagerten Osterfelderkopf fährt eine Seilbahn, und am Berg selbst gibt es Klettersteige und Klettertouren. Klar auch, dass ein so formschöner Berg Besucher anzieht.
- Der Blumenberg: Das Fellhorn in den Oberstdorfer Bergen ist ein Leckerbissen für Botaniker und ein guter Tipp für alle, die mit geringem Aufwand hoch hinaus wollen. Denn: Von der Station der Gipfelseilbahn sind es nur noch wenige Minuten und Höhenmeter bis nach oben. Und wer will, kann hier zu einer schönen Kammwanderung Richtung Söllereck starten. Beste Zeit, um die botanische Vielfalt hier oben zu bewundern, ist der Frühsommer.
- Schwabens Höchster: Der 2648 Meter hohe Gipfel im Hauptkamm der Allgäuer Alpen fristet ein Schattendasein. Weitaus bekannter ist die benachbarte Mädelegabel. Und dabei ist es so schön, auf die Hochfrottspitze zu gehen. Nur ganz leicht ist es eben nicht. Und die wenigsten wissen: Die Hochfrottspitze ist der höchste Berg des Regierungsbezirks Schwaben. Auch bemerkenswert: Ausgerechnet an der Südseite des Bergmassivs befindet sich der letzte kleine Gletscher in den Allgäuer Alpen, die Schwarze Milz.
- Der Sagenumwobene: Märchen und Mythen ranken sich um den Watzmann, der hoch über Berchtesgaden thront. So steht der versteinerte König Watzmann mit Gattin und sieben Kindern in riesige Felsen verwandelt und blickt als ewiges Wahrzeichen aufs Berchtesgadener Land. Berühmt ist die 1800 Meter hohe Ostwand, eine der höchsten Felswände der Ostalpen. Beliebt bei Bergsteigern ist die Überschreitung des gesamten Massivs.
- Der Umstrittene: Luis Trenker hat den begrünten Gipfel des Riedberger Horns einst als schönsten Skiberg bezeichnet, obwohl er weder besonders hoch ist noch spektakulär wirkt. Weit über das Allgäu hinaus hat der Berg in den vergangenen Jahren für heftige Diskussionen gesorgt. Es ging um die geplante Verbindung der Oberallgäuer Skigebiete Grasgehren und Balderschwang. Wiederholt hat dieses umstrittene Projekt den Landtag beschäftigt. Während die CSU für die Skischaukel war, gab es ein breites Bündnis von Naturschutzorganisationen, Alpenverein und Oppositionsparteien dagegen. Eine Bürgerinitiative gründete sich und plötzlich stand der Berg exemplarisch für die Frage nach der Sinnhaftigkeit skitouristischer Erschließungsprojekte in Zeiten des Klimawandels.
- Der mit dem Zahnrad: Wegen seiner exponierten aussichtsreichen Lage im Alpenvorland ist der zum oberbayerischen Mangfallgebirge gehörende Wendelstein weithin bekannt und schon von Weitem zu sehen. Er ist mit einer Seilbahn und der Wendelstein-Zahnradbahn erschlossen. Eingleisig müht sich der 48 Tonnen schwere Zug über acht Galerien, sieben Tunnels und zwölf Brücken von Brannenburg im Chiemgau empor. Dabei werden bis zum Bergbahnhof 1270 Höhenmeter überwunden. Zudem bringt eine Seilbahn Touristen zum Gipfel.
- Der Grasberg: Atemberaubend steil sind die begrünten Flanken der legendären, viergipfeligen Höfats in den Oberstdorfer Bergen. Sie kosteten schon vielen Wanderern und Bergsteigern das Leben. Der Berg ist zudem für seine Pflanzenvielfalt weit über das Allgäu hinaus bekannt. Das hängt mit dem Kieselgehalt der Hornsteine und der Aptychenkalke an der Höfats zusammen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wären die Edelweißbestände durch Pflücker fast ausgerottet worden. Einheimische verkauften vor allem während der Wirtschaftskrise in den 20er Jahren die Blumen an Touristen am Oberstdorfer Bahnhof. Daraufhin gründete sich die Bergwacht.
- Der Wächter: Wegen seiner exponierten Lage im Illertal wird der Grünten auch der Wächter des Allgäus genannt. Insofern sind Wendelstein und Grünten vergleichbar. Vom 15. bis ins späte 19. Jahrhundert wurde hier Eisenerz abgebaut. Daran erinnert die Erzgruben-Erlebniswelt bei Burgberg, eine Attraktion für Gäste und Einheimische. Der Wächter des Allgäus ist ein ausgesprochen vielseitiger Berg: Es gibt mehrere Aufstiegswege, einige Klettergebiete, leichte Wanderungen, Alpen und Hütten zum Einkehren. Das von Carl Hirnbein 1854 gebaute Grüntenhaus gilt als erster Berggasthof im Allgäu. Kontrovers diskutiert wird derzeit über die Modernisierungspläne der Grüntenlifte durch einen privaten Investor.
- Der Brüchige: Der gewaltige Grenzberg zwischen Prinz-Luitpold-Haus und Tiroler Hornbachtal ist ein überaus beliebtes Ziel von Wanderern. Doch der markante Berg zeigt Alterserscheinungen: Am Gipfel des Hochvogels hat sich ein gewaltiger Felsspalt gebildet, ein gigantischer Bergsturz droht. Der von Süden hinaufführende Bäumenheimer Weg wurde schon vor Jahren gesperrt.
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