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Franz Josef Strauß: Erinnerung an einen großen Mann

Franz Josef Strauß

Erinnerung an einen großen Mann

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    Erinnerung an einen großen Mann
    Erinnerung an einen großen Mann

    Von Theo Waigel Augsburg- Franz Josef Strauß war Altbayer und Oberbayer von Geburt und aus Überzeugung. Für ihn war Oberbayern nicht die Steigerung von Bayern; er war sich seiner fränkischen Wurzeln und seiner schwäbischen Beziehung durchaus bewusst und flocht dies immer wieder in Reden ein.

    Als es Mitte der 80er Jahre um die Trassenführung der ICE-Streckung von München nach Norden ging, war er für die Anbindung von Augsburg, um Schwaben in diese wichtige Süd-Nord-Anbindung einzubeziehen.

    Leider haben seine Nachfolger diese Überzeugung aufgegeben. Seine Weitsicht zeigte er im Einsatz für den Bau und Ausbau des Flughafens München II, der heute seinen Namen trägt. Ohne die Tatkraft des damaligen Wirtschaftsministers Anton Jaumann, eines Schwaben, wäre diese Entscheidung nicht möglich gewesen. Jaumann, entschied nach langer Prüfung für den Standort Erding und setzte dies durch, obwohl in Großkundgebungen gegen den Standort protestiert wurde.

    Allerdings war das Verhältnis von Franz Josef Strauß zu führenden schwäbischen Politikern nicht ohne Spannungen. Das galt für die Auseinandersetzung um die Gebietsreform mit Dr. Bruno Merk. Dies zeigte sich bei manchen Streitpunkten mit dem früheren Kultusminister Professor Hanns Maier. Auch der Lindauer Stimmkreisabgeordnete Franz Heubl hatte nicht immer ein harmonisches Verhältnis zu Franz Josef Strauß. Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle hatte es nicht leicht, wenn er im Jour-Fixe oder im Landesvorstand der CSU seine Agrarpolitik erläutern musste.

    Es war ja auch die schwäbische CSU, die 1976 nach dem Beschluss von Kreuth sich unmissverständlich gegen eine Trennung von CDU und CSU aussprach. Dessen ungeachtet hat sich Franz Josef Strauß als Bundespolitiker und später als Ministerpräsident uneingeschränkt und mit Tatkraft für schwäbische Interessen eingesetzt. Ich werde nie vergessen, wie er auf einem Zukunftskongress in Augsburg Ende der 80er Jahre mit seherischem Gespür darauf hinwies, dass weltpolitische Entscheidungen vor uns stünden. Sie würden aber nach seiner Meinung nicht mehr auf Schlachtfeldern durch Kriege und Kämpfe entschieden, sondern durch den Wettbewerb des Geistes in Forschungsstätten, Laboratorien und in der Entwicklung moderner Technologie und Kommunikation.

    Strauß war ein Humanist und Modernisierer gleichzeitig. Es gibt nur wenige Politiker, von denen man dies sagen konnte. In seinem jüngst veröffentlichten Buch "Meine Zeitgeschichte" schreibt Peter Hermes, der frühere Botschafter in Washington, dass Strauß schon 1982 mit Präsident Reagan einig war, in der Beurteilung der Sowjetunion und des Kommunismus. "Strauß meinte, die sowjetische Wirtschaft sei pleite, das Ende des Kommunismus werde in 10 bis 20 Jahren kommen, die überwältigende Bevölkerungsmehrheit der DDR sei für die Wiedervereinigung."

    Es gehörte Mut dazu, 1982 dies bereits vorauszusagen. Ich war auch erstaunt, mit welchem Mut er Ende 1987 dem damals in der ganzen Welt überaus populären Michail Gorbatschow bedeutet, man könne eher Schneebälle rösten, als dass die sowjetische Wirtschaft und Gesellschaft reformierbar sei.

    Strauß war der einzige deutsche Politiker, der von 1945 bis 1988, von der sogenannten "Stunde Null" bis zu seinem Tod in der ersten Reihe der deutschen Politiker stand. Für Strauß war Geschichte stets ein offener Prozess. Nur er konnte den Weg der CSU von der Konfessionspartei 1946 zur christlich orientierten Gemeinschaft von Christen beider Konfessionen schaffen. Er bot Christen, Liberalen und Konservativen in der CSU eine Heimat. Grundelement seiner Überzeugung war der Mensch in seiner Freiheit, seiner unantastbaren Würde und seiner Verantwortung vor Gott.

    Strauß blieb aber nicht im Ungefähren stehen. Er arbeitete sich als Landrat in die kommunalpolitischen Einzelheiten ein. Als junger Bundestagsabgeordneter gehörte er zu den begabtesten Rhetorikern auf dem nationalen und internationalen Feld. Mit der ihm eigenen Leidenschaft und Akribie arbeitete er sich in Detailfragen der Kernenergie ein und war ein gesuchter Gesprächspartner hochrangiger Wissenschaftler. Er gehörte zu den wenigen, die das strategische Gewicht der Verteidigungs- und Außenpolitik erkannte und in Debatten erläutern konnte.

    Als fast Fünfzigjähriger studierte er Finanzwissenschaft und erarbeitete sich die Fähigkeit zur Beherrschung der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Seine finanzpolitische Bilanz 1969 war überzeugend und beispielhaft. Franz Josef Strauß gestaltete den politischen Prozess auch als Redner der Opposition von 1969 bis 1978.

    Wenn er im Deutschen Bundestag sprach, war die Regierungsbank besetzt, das Plenum gefüllt, und die Journalisten waren gespannt. Es gab keinen deutschen Ministerpräsidenten, der aus der Staatskanzlei heraus weltweit diese Beachtung fand und nationale, europäische und internationale Politik beeinflusste.

    Ohne die Begegnung mit Franz Josef Strauß wäre mein Leben vielleicht anders verlaufen. 1955 sprach er für die deutsche Bundesregierung beim Tod von Dr. Fridolin Rothermel in Ursberg. "Non degenerabo" lautet ein Spruch, der auf

    1973, nach der verlorenen Bundestagswahl, schlug er ohne jemanden vorher zu fragen, mich als Vorsitzenden einer neuen Grundsatzkommission vor. Als ich zögerte, wischte er meine Bedenken wegen Jugend und Unerfahrenheit schnell vom Tisch. Bei der Verabschiedung des Grundsatzprogramms am 12. März 1976 schrieb er mir auf meine Grundsatzrede folgende Widmung: "Dr. Theo Waigel mit herzlichem Dank für seine hervorragenden Verdienste um das Zustandekommen dieses Programms." Er gehörte zu den wenigen, die sich trotz aller anderen Verpflichtungen in jede Textstelle des Programmentwurfs hineingearbeitet hatte.

    Diese Erinnerung und viele Jahre an seiner Seite führen zu Dank, Respekt und stetem Gedenken an diesen großen Mann.

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