Schon früher brannten in Deutschland Ausländerwohnheime. Was in der Nacht in der Nähe von Nürnberg geschah, ruft schlimme Erinnerungen wach. In Vorra wurde zwar niemand verletzt oder getötet. Doch die Ermittler sind alarmiert.
In den Flüchtlingsheimen, die in der Nacht auf Freitag nahe Nürnberg brannten, waren noch keine Menschen untergebracht. Doch es war geplant, in der leerstehenden Gaststätte, der Scheune und dem leerstehenden Wohnhaus Flüchtlinge unterzubringen. Nun ermittelt der Staatsschutz. "Es spricht einiges dafür, dass es sich um Brandstiftung handelt", sagte am Freitag Polizeisprecher Robert Sandmann.
Hakenkreuze an brennender Flüchtlingsunterkunft gefunden
Eine Anwohnerin hatte den Brand in der Gaststätte entdeckt und die Feuerwehr alarmiert. Aus den Fenstern quoll starker Rauch, wie der Polizeisprecher sagte. Kurze Zeit später wurde bemerkt, dass auch die anderen Gebäude in Flammen standen. Es gelang der Feuerwehr demnach aber rasch, den Brand zu löschen.
An einem der Gebäude im mittelfränkischen Vorra (Landkreis Nürnberger Land) wurden demnach Hakenkreuze und andere fremdenfeindliche Schmierereien entdeckt. Die Ermittler suchen nun nach Spuren und Zeugen. Bisher gebe es keine Hinweise auf den oder die Täter, sagte Sandmann. Die Gebäude waren gegen 22.45 Uhr in Brand geraten. Sie sollten demnächst Flüchtlingen als Unterkunft dienen.
150 Kräfte der Feuerwehr waren bei den Bränden der drei geplanten Flüchtlingsunterkünfte im Einsatz. Ein Feuerwehrmann erlitt bei den Löscharbeiten Verletzungen. Den Gesamtschaden schätzte die Polizei auf etwa 700 000 Euro. Die Häuser sind unbewohnbar.
Anwohner der für die Flüchtlinge hergerichteten Gebäude zeigten sich nach dem mutmaßlichen Brandanschlag entsetzt. "Wir und andere Nachbarn haben uns auf die Ankunft der Asylbewerber gefreut", sagte eine Bürgerin am Freitagmorgen. "Wir haben uns schon drauf vorbereitet, sie willkommen zu heißen." In den vergangenen Wochen habe sich im Dorf extra ein Unterstützerkreis gegründet. Die Bewohner seien froh gewesen, dass die seit Jahren leerstehenden Gebäude endlich saniert und für die Flüchtlinge hergerichtet worden seien.
Flüchtlinge sollten ursprünglich schon nächste Woche dort einziehen
Die drei in Brand gesetzten Flüchtlingsunterkünfte sollten am Jahresanfang 2015 bezogen werden. Ursprüngliche Pläne hätten sogar schon einen Einzug von rund 70 Asylbewerbern in der nächsten Woche vorgesehen, sagte am Freitag der stellvertretende Regierungspräsident von Mittelfranken, Eugen Ehmann. Wegen baulicher Unstimmigkeiten habe die Kreisbaubehörde die Bauabnahme des Gebäudes aber in der vergangenen Woche verschoben.
Für Ehmann, der in Sichtweite des ausgebrannten früheren Gasthofs wohnt und sogar Augenzeuge des nächtlichen Feuers wurde, ist die Nutzung der ausgebrannten Gebäude als Flüchtlingsunterkunft ungewiss. "Die Unterkünfte sind für uns erst mal verloren", sagte er. Man müsse nun schauen, wie der Besitzer der Anwesen auf den Brandschaden reagiere. Der Gasthof samt dazu gehöriger Scheune und einem in der Nähe liegenden Wohnhaus gehören zu 50 Objekten, die die Regierung von Mittelfranken zur Flüchtlingsunterbringung angemietet hat
Seehofer verurteilt Brandstiftung in Vorra in Flüchtlingsheimen
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat die mutmaßliche Brandstiftung in Vorra als "schändliche Tat" verurteilt. "Braunes Gedankengut hat keinen Platz in unserer freiheitlichen Gesellschaft", betonte Seehofer am Freitag. "Die Menschen in Bayern lassen sich durch die Provokation, den Hass und die Menschenverachtung, die aus dieser Tat sprechen, nicht beirren." Bayern zeichne sich aus durch die Hilfsbereitschaft und Unterstützung der Bürger "für diejenigen, die im Freistaat Schutz vor Krieg und Verfolgung und Obhut in Frieden suchen".
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will nun die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen. "Entscheidend wird (...) sein, dass wir auf jeden Fall sicherheitshalber den Schutz anderer Asylbewerbereinrichtungen in Bayern noch verstärken", sagte er am Freitag im Bayerischen Rundfunk (Bayern2, Radiowelt am Morgen). "Es ist ganz offensichtlich Brandstiftung und diese Hakenkreuzschmierereien lassen den Verdacht zu, dass es sich hier um rechtsradikale Täter handeln könnte. Wir werden alles tun, um die Täter zu identifizieren."
Beate Merk, Bayerns Europaministerin, verurteilt den mutmaßlichen Brandanschlag in Vorra. "Es muss klar sein: Wir dulden keine Ausländerfeindlichkeit oder Gewalt gegen Flüchtlinge", betonte die CSU-Politikerin. "Deutschland steht für Flüchtlinge offen und bietet ihnen Schutz." Die Ministerin verwies mit Blick auf das Bild Deutschlands in der Welt auf die negative Wirkung solcher Vorfälle. "Deswegen müssen wir durch alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen hindurch jetzt unmissverständlich deutlich machen: Deutschland ist ein weltoffenes, gastfreundliches Land, in dem für ausländerfeindliche Wirrköpfe kein Raum sein darf."
Bayerischer Flüchtlingsrat hofft auf schnelle Aufklärung
Der Bayerische Flüchtlingsrat hofft nach dem Brand in drei geplanten Flüchtlingshäusern auf eine schnelle Aufklärung. "Ich wünsche mir, dass möglichst rasch und intensiv und auch wirklich gegen rechts ermittelt wird", sagte der Sprecher Alexander Thal am Freitag. In Mittelfranken gebe es - wie im ganzen nordbayerischen Raum - Rechtsextreme. Bei ähnlichen Anschlägen habe es aber oft geheißen, es werde in alle Richtungen ermittelt, weil beispielsweise Hakenkreuz-Schmierereien fehlten. "Jetzt haben wir die", sagte Thal.
Zeugen, die verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben oder Hinweise auf den oder die Täter geben können, werden gebeten, sich an den Kriminaldauerdienst Mittelfranken unter der Telefonnummer 0911 / 2112 - 3333 zu wenden.
dpa/AZ