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Parteiaustritt: Fraktionschef Plenk schmeißt hin: AfD in Bayern steht vor der Zerreißprobe

Die Chaos-Tage bei der AfD im Landtag gehen weiter: Nach dem Austritt des Mittelfranken Raimund Swoboda und dem Streit mit dem Oberbayern Franz Bergmüller kündigte nun Co-Fraktionsvorsitzender Markus Plenk an, die AfD verlassen und zur CSU wechseln zu wollen. „Ich habe es satt, die bürgerliche Fassade einer im Kern fremdenfeindlichen und extremistischen Partei zu sein“, zitiert ihn der Spiegel. Manche seiner Fraktionskollegen seien „zu allem fähig“.

Plenk war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. CSU-Generalsekretär Markus Blume wollte sich auf Nachfrage unserer Redaktion zu Plenks Wechselwunsch zunächst nicht äußern. Der Deutschen Presse-Agentursagte er am Samstag, man wolle die mögliche Aufnahme ehemaliger AfD-Mitglieder in die Partei vorher genau prüfen. "Eine Aufnahme setzt zwingend eine glaubwürdige Distanzierung von der Gesinnung der AfD und ein uneingeschränktes Bekenntnis zu unseren Grundwerten voraus."

Für die CSU ist das Thema heikel: Parteichef Markus Söder hatte erst vor wenigen Wochen beim Politischen Aschermittwoch gemäßigte AfD-Mitglieder aufgefordert: „Kehrt zurück und lasst die Nazis in der AfD allein.“ Ein ernsthafter Eintrittswunsch Plenks könnte die CSU jedoch in eine Zwickmühle bringen. Bisher liegt nach Angaben der CSU aber noch kein Antrag auf Aufnahme vor.

Was macht die CSU, wenn Plenk übertreten will?

Die zum rechtsnationalen Lager zählende zweite Vorsitzende der Landtags-AfD, Katrin Ebner-Steiner, verschickte am Freitag Nachmittag zu Plenks Rückzug zunächst eine in scharfem Ton formulierte Presseerklärung. Keine zwanzig Minuten später zog sie den Text jedoch ohne Begründung wieder zurück.

Am Donnerstag Abend war zudem bekannt geworden, dass die Landtags-AfD zwei ihrer Fraktionsmitarbeiter wegen früherer Verbindungen zur NPD sowie in einem Fall auch zur inzwischen verbotenen neonazistischen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) entlassen hat. Die Fraktion bestätigte in einer einzeiligen Pressemitteilung die Entlassungen, wollte sich offiziell zu den Hintergründen aber nicht äußern.

Dem Vernehmen nach handelt es sich aber um Laurens Nothdurft, der vor seiner Beschäftigung in München parlamentarischer Berater der AfD im baden-württembergischen Landtag war, sowie um den Fraktionsmitarbeiter Heinz Imbacher. Der Münchner Imbacher hatte laut einem Rechenschaftsbericht des Deutschen Bundestages im Jahr 2011 der NPD 13.800 Euro gespendet.

Verfassungsschutz: „starke Wesensverwandtschaft mit der Hitlerjugend“

Nothdurft hätte nach den internen Regeln der AfD offenbar gar nicht erst beschäftigt werden dürfen, weil die HDJ angeblich auf einer „Unvereinbarkeitsliste“ der Partei steht. Aus der Fraktion hieß es, aufgrund der früheren Beschäftigung in Stuttgart habe man wohl nicht intensiv genug geprüft, nun aber die nötigen Konsequenzen gezogen.

Allerdings wäre es nicht schwer gewesen, die notwendigen Informationen zu bekommen: So taucht der Name Laurens Nothdurft in dem im Internet verfügbaren Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur AfD auf: „Der bereits wegen seiner Bezüge zur NPD erwähnte Laurens Nothdurft leitete zeitweise den Verband der HDJ“, heißt es dort. Diese inzwischen verbotene neonazistische Gruppierung habe „eine starke Wesensverwandtschaft mit der Hitlerjugend“ aufgewiesen, so der Verfassungsschutz.

Führender Mitarbeiter fällt durch rechtsnationale Bemerkungen auf

Im Text des BfV-Gutachtens findet sich zudem der Name Ralf Özkara gleich 26 Mal. Özkara war bis November 2018 Landessprecher der AfD in Baden-Württemberg und arbeitet nun in führender Funktion für die Landtags-AfD in München. Laut Verfassungsschutz verteidigte er etwa die Bezeichnung des Holocaust-Mahnmals in Berlin durch den AfD-Rechtsaußen Björn Höcke als „Denkmal der Schande“ als „für mich hingegen von Anfang an unproblematisch“. Der Islam sei „ein verwesender Kadaver in unserem Land“, gegen den er „bis zu meinem letzten Atemzug“ kämpfen werde, wird Özkara an anderer Stelle zitiert.

Erst am Dienstag hatte der schwäbische AfD-Abgeordnete Christoph Maier ein Gesetz zur strikten Überprüfung von Mitarbeitern aller Fraktionen gefordert: Die AfD stehe fest auf dem Fundament der freiheitlich demokratischen Grundordnung, so Maier: „Das erwarten wir auch von unseren Mitarbeitern, die uns im Parlament unterstützen.“

Zur Person: Schon die Wahl von Markus Plenk zum AfD-Fraktionschef im vergangenen Oktober war eine Überraschung. Kaum jemand hatte den 49-jährigen Oberbayern auf dem Zettel. Anders als seine Fraktionschef-Kollegin Katrin Ebner-Steiner kannten selbst in der AfD nicht viele seinen Namen. Und doch setzte sich der Bio-Bauer aus Traunstein am Ende durch – 16 der damals noch 22 Abgeordneten votierten für Plenk. Seither ist hinter den Türen in der Fraktion viel geschehen. Die Fronten zwischen dem rechtsnationalen Flügel um Ebner-Steiner und dem eher gemäßigten Lager um Plenk wurden immer tiefer. Im Landtag und in den Ausschuss-Sitzungen machte Plenk bislang durch eher unaufgeregte Reden auf sich aufmerksam. Für seinen Beruf passend saß er etwa im Agrarausschuss. (mit dpa)

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