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Flüchtlingskrise: Seehofer attackiert Österreich und stellt Merkel Ultimatum

Flüchtlingskrise

Seehofer attackiert Österreich und stellt Merkel Ultimatum

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    Bayerns Ministerpräsident setzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem neuen Ultimatum für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik unter Druck.
    Bayerns Ministerpräsident setzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem neuen Ultimatum für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik unter Druck. Foto: Marc Müller, dpa/Archiv

    Angesichts der immensen Flüchtlingszahlen hat Bayern den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch einmal erhöht - und das Nachbarland Österreich in ungekannter Schärfe attackiert.

    Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verlangte von Merkel ultimativ einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik: Bis Allerheiligen an diesem Sonntag werde er noch abwarten, ob die bayerischen Forderungen nach Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung in Berlin Gehör fänden, sagte Seehofer der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). "Sollte ich keinen Erfolg haben, müssen wir überlegen, welche Handlungsoptionen wir haben." Seehofer hatte zuletzt wiederholt mit "Notmaßnahmen", "Notwehr" und sogar mit einer bayerischen Verfassungsklage gedroht, sollte es zu keiner Begrenzung der Rekord-Flüchtlingszahlen kommen.

    An diesem Samstag will sich Seehofer zunächst mit Merkel treffen. Am Sonntag ist ein Dreiertreffen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel geplant.

    Seehofer forderte von Merkel unter anderem, dass sie angesichts des Ansturms von Flüchtlingen aus Österreich persönlich auf die dortige Regierung einwirkt. Merkel und ihr Wiener Amtskollege Werner Faymann müssten die derzeitige "Politik der offenen Grenzen" beenden. "Die wichtigste Maßnahme, die sofort zu treffen wäre, wäre ein Telefonat der Bundeskanzlerin mit Österreichs Kanzler Faymann", sagte er. 

    Der Regierung in Wien warf Seehofer rücksichtsloses Vorgehen vor Hintergrund ist unter anderem, dass Flüchtlinge dort in Bussen in Grenznähe gebracht werden. "Dieses Verhalten Österreichs belastet die nachbarschaftlichen Beziehungen. So kann und darf man nicht miteinander umgehen", sagte Seehofer. 

    Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte das österreichische Verhalten "skandalös" und eine Unverschämtheit. Wenn Österreich zahllose Menschen auf einen Schlag unabgesprochen an die Grenze bringe, dann sei dies eine bewusste Missachtung der deutschen Grenzkontrollen und letztlich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik. "Das können wir uns von niemandem gefallen lassen, und schon gar nicht von unserem Nachbarland Österreich", sagte er.

    Merkel mahnt erneut zu Geduld

    Sozialministerin Emilia Müller nannte die Zustände auf der österreichischen Seite der Grenze sogar "inhuman". Bayerische Hilfsorganisationen hätten Flüchtlinge jenseits der Grenze zuletzt mit Decken und warmem Tee versorgen müssen, kritisierte sie.

    Nach Angaben Herrmanns reisten seit Anfang September mindestens 318 000 Menschen in den Freistaat ein - so die Zahlen der Polizei. Am Wochenende seien es 15 000 gewesen, allein am Montag weitere 10 000.

    Merkel mahnte erneut zu Geduld. "Wir können den Schalter nicht mit einem Mal umdrehen", sagte sie am Dienstag in Berlin. Vielmehr gelte es, Schritt für Schritt vorzugehen. Sie betonte zudem, die Bundesregierung stehe mit der österreichischen Regierung seit dem Frühsommer in konstanten Kontakten auf allen Ebenen. "Diese Kontakte haben heute schon wieder stattgefunden, die werden morgen stattfinden, übermorgen stattfinden." Dies sei eine Normalität.

    Die Regierung in Wien nahm Seehofers Kritik gelassen hin. Man stimme sich mit Berlin ab. Faymann sei "in engstem Kontakt" mit Kanzlerin Merkel", sagte Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) in

    Auch am Montagabend waren an der deutsch-österreichischen Grenze wieder ohne Vorwarnung zahlreiche Migranten angekommen. So habe man in Wegscheid nahe Passau auf einen Schlag 2000 Migranten versorgen müssen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Von den österreichischen Behörden habe es keine Vorwarnung gegeben.

    Der Passauer Landrat Franz Meyer (CSU) richtete einen Alarmruf an Merkel. Die staatlich organisierte Schleusung durch Österreich müsse aufhören, schrieb er am Dienstag an die Kanzlerin. "Wir können sonst für Leib und Leben der Flüchtlinge nicht mehr garantieren."

    SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher forderte ein Treffen von Seehofer und Faymann. Das sei überfällig: "Eine bessere politische Koordinierung ist unerlässlich, um die Situation vor Ort für die Helfer und die Zufluchtsuchenden zu entspannen." Nötig sei ein gemeinsamer bayerisch-österreichischer Koordinierungsstab. 

    Bayern will in Sachen Abschiebung Tempo machen

    Derweil will Bayern bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aufs Tempo drücken. Die Zuständigkeiten sollen schrittweise von den Landkreisen auf die Bezirksregierungen übertragen werden, um die Verfahren zu bündeln und zu beschleunigen. Dazu sollen 750 Stellen bei den Ausländerbehörden der Bezirksregierungen geschaffen werden, wie Herrmann nach der Kabinettssitzung mitteilte. Er ordnete zudem an, dass "Aufenthaltsbeendigungen" durch die Behörden "vorrangig und mit Nachdruck" betrieben werden sollen. Vergangene Woche hatte Seehofer Herrmann kritisiert, weil auch

    Bei der Schaffung regulärer Erstaufnahmeplätze für Flüchtlinge kommt Bayern nach Worten von Sozialministerin Müller voran. Seit Mitte September seien 3000 zusätzliche Plätze geschaffen worden, nun habe man 16 000 reguläre Plätze. Bis zum Jahresende sollen demnach noch einmal 9000 hinzukommen, bis Ende März 2016 weitere 8000. dpa

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