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Flüchtlinge in Bayern: Von Somalia nach Schwaben: Ein Flüchtling erzählt seine Geschichte

Flüchtlinge in Bayern

Von Somalia nach Schwaben: Ein Flüchtling erzählt seine Geschichte

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    Nach einer langen Flucht aus Somalia wohnt der junge Mann nun im Dürrlauinger Förderungswerk St. Nikolaus.
    Nach einer langen Flucht aus Somalia wohnt der junge Mann nun im Dürrlauinger Förderungswerk St. Nikolaus. Foto: Fred Schöllhorn

    Die Gewalt in seiner Heimat vertreibt Sharif (Name geändert) nach dem Tod seiner Eltern aus Somalia. Der 17-Jährige soll für Al-Kaida kämpfen. Doch er weigert sich. Stattdessen steigt er in ein Auto und fährt nach Äthiopien. Ohne Familie beginnt für ihn eine Flucht, die viele Monate später in Dürrlauingen bei Günzburg endet. Im Förderungswerk der Katholischen Jugendfürsorge kann er den Terror hinter sich lassen und vielleicht sogar eine Lehre beginnen.

    In diesem Jahr kommen wohl über 1000 minderjährige Flüchtlinge ohne Familie nach Bayern – doppelt so viele wie in den Vorjahren. Da junge Asylbewerber in Deutschland unter besonderem Schutz stehen, werden sie alle in Jugendeinrichtungen untergebracht.

    Jugendliche Flüchtlinge: Kaum Unterschiede zu deutschen Altersgenossen

    Im Dürrlauinger Förderungswerk haben bis zum vergangenen Jahr nur deutsche Jugendliche mit Verhaltens- oder Lernproblemen gewohnt. „Seit Herbst gibt es aber auch die nötige finanzielle Unterstützung, um minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt Peter Pfeifer von der Internatsleitung. Mittlerweile leben in den Wohngruppen 14 Asylbewerber im Alter zwischen 15 und 18 Jahren, die aus Ländern wie Afghanistan oder Ägypten kommen.

    Pfeifer sieht diese Asylbewerber in erster Linie als Jugendliche und erst dann als Flüchtlinge. „Wenn ich sie hier mit ihren deutschen Altersgenossen beobachte, gibt es kaum Unterschiede“, sagt er. Von Traumata sei dann nichts zu merken – trotz schrecklicher Erlebnisse.

    Sharif floh mit dem Boot nach Italien

    Sharif aus Somalia wirkt zurückhaltend, wenn er von seiner Flucht berichtet. Überprüfen kann seine Geschichte niemand. Sie dreht sich um einen schrecklichen Weg durch viele Länder. „Da ich keine Papiere bei mir hatte, saß ich in Libyen sechs Monate im Gefängnis – und wurde dort immer wieder geschlagen“, sagt der 17-Jährige.

    Als er freikommt, macht er sich auf den schwierigen Weg nach Europa. Sharif sucht nach einem Schiff, das ihn mitnehmen kann. Letztendlich hockt er sich zusammen mit 70 anderen Flüchtlingen in ein Schlauchboot. Drei Tage harrt er hier ohne Essen aus, bis er in Italien ankommt. Doch er möchte noch weiter.

    Obwohl er als Asylbewerber in dem Land seiner Ankunft bleiben müsste, steigt er einige Wochen später einfach in einen Reisebus. So schafft er es tatsächlich über die Grenze nach Deutschland. Auf der Autobahn greift ihn die Polizei auf, die ihn nach München bringt. Von dort geht es nach Dürrlauingen.

    Die Flüchtlinge werden auf das Berufsleben in Europa vorbereitet

    Hier lebt Sharif mit deutschen Jugendlichen zusammen. „Ernsthafte Probleme gibt es in den Wohngruppen nicht“, sagt Erziehungsleiter Christian Egger. Die Deutschen hätten ihn sogar mit ihrer Fürsorge überrascht.

    Es geht nicht nur um eine sichere Unterkunft für die Flüchtlinge, sondern auch um die Vorbereitung auf das Berufsleben in Europa. Die Werkstätten des Förderungswerks bilden unter anderem Lackierer, Tischler und Gärtner aus. Damit die Flüchtlinge hier eine dreijährige Lehre anfangen können, muss der Bund dem Förderungswerk für diesen Zeitraum aber noch die nötigen finanziellen Mittel zusichern.

    Das könnte bis zum Herbst klappen. Bis dahin haben die Asylbewerber schon einmal die Möglichkeit, die Berufe in einer Art Praktikum kennenzulernen.

    Sharif hat Gefallen an der Arbeit mit Metall gefunden. Wenn er konzentriert an der Werkbank steht, kann er den Terror in seiner Heimat kurz vergessen. Der 17-Jährige möchte ab Herbst gerne eine Ausbildung beginnen und später nach Augsburg ziehen. Aber es bleibt die Unsicherheit, ob er nicht doch abgeschoben wird. Sharif hat Angst davor. Er sagt: „Ich will niemals zurück nach Somalia – niemals!“

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