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Finanzskandal in Landsberg: Jetzt beginnt die Suche nach den Schuldigen

Finanzskandal in Landsberg

Jetzt beginnt die Suche nach den Schuldigen

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    Das Geld zum Rathausfenster hinausgeschmissen? Nach riskanten Zinsderivatgeschäften fehlen der Stadt Landsberg rund zwei Millionen Euro.
    Das Geld zum Rathausfenster hinausgeschmissen? Nach riskanten Zinsderivatgeschäften fehlen der Stadt Landsberg rund zwei Millionen Euro. Foto: Fotomontage: Dieter Mitulla

    Wer trägt die Verantwortung für den Finanzskandal in Landsberg? Kämmerer Manfred Schilcher sieht das vom Stadtrat beauftragte Beratungsunternehmen einer Münchner Privatbank in der Pflicht, Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD) hält ein Disziplinarverfahren gegen den Kämmerer für unvermeidbar. Zwei Millionen Euro sind bereits durch riskante Zinstauschgeschäfte verloren, es könnten aber doppelte so hohe Verluste werden, weil einige Geschäfte noch bis ins Jahr 2034 laufen.

    Der Wirtschaftsstandort Landsberg boomt. Das wirkt sich auch auf die Finanzen der Stadt aus. Und so konnte der Schuldenberg Jahr für Jahr verringert werden. „Viele Städte beneiden uns“, sagte Rathauschef Lehmann gestern. Die Verluste aus den Derivatgeschäften seien teilweise schon verbucht, im Haushalt des Jahres 2012 noch 800000 Euro an Zinsverlusten eingeplant. Dennoch: Lehmann will die Angelegenheit vollständig aufklären und hat deswegen bereits alle Unterlagen an die Landesanwaltschaft Bayern weitergeleitet.

    Dort ist zu klären, ob die von der Kämmerei getätigten Geschäfte gegen das Kommunalrecht verstoßen haben. Eine von Lehmann im Frühjahr beauftragte Wirtschaftskanzlei aus München hatte unrechtmäßige Vorgänge festgestellt. Schilcher erklärte gestern, er habe die vorgelegten Vorgänge im besten Glauben an die vollständige Rechtmäßigkeit unterzeichnet. Das Beratungsunternehmen sei angewiesen worden, ausschließlich zulässige Anlagen im Rahmen der Derivateanweisungen des Innenministeriums zu empfehlen.

    Schon 2008 Unmut über Finanzgeschäfte in Landsberg

    Einige Stadträte der Grünen und der UBV hatten bereits in den Jahren 2008 und 2010 ihren Unmut über die Zinstauschgeschäfte in Sitzungen des Finanzausschusses kundgetan. Sie bemängelten, dass sie von der Kämmerei nicht ausreichend informiert worden seien. Im September 2009 fasste der Ausschuss den einstimmigen Beschluss, zusätzliche Kredite in das Derivate-Portfolio seien genehmigungspflichtig. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Oberbürgermeister nach Meinung von Stadtrat und des Landtagsabgeordneten Ludwig Hartmann (Grüne) hellhörig werden müssen.

    Für Hartmann müsse daher nicht nur die Verantwortung der Kämmerei, sondern auch die von Oberbürgermeister und Stadtrat untersucht werden. „Wir müssen alles hinterfragen“, sagt auch Haushaltsreferent Harry Reitmeir (CSU), den die Entwicklungen ebenso überrascht haben, wie die anderen Kollegen im Stadtrat. Auch der Stadtrat als Dienstherr kann ein Disziplinarverfahren einleiten, will seine Befugnisse aber ebenso wie Lehmann als Vorgesetzter der Kämmerei an die Landesanwaltschaft Bayern übergeben. Eine Entscheidung darüber soll Anfang Januar erfolgen.

    Oberbürgermeister spricht von großem Vertrauensverlust

    Lehmann spricht von einem großen Vertrauensverlust. Er habe als Stadtrat und Oberbürgermeister 27 Jahre mit Manfred Schilcher zusammengearbeitet und dessen Arbeit schätzen gelernt. Den Vorwurf, der Kämmerer habe „gezockt“, will er nicht gelten lassen. Die Zinsgeschäfte seien zum Wohl der Stadt in Auftrag gegeben worden. Der Rathauschef sagte, er stehe zu seiner politischen Verantwortung. Allerdings: „Ich kann Geschäfte nicht beaufsichtigen, die ich nicht kenne.“

    Seine Entscheidung, bei der Wahl im März wieder anzutreten, hätte die Ereignisse beeinflusst, er sei aber zu der Erkenntnis gekommen, sich „nicht vom Acker zu stehlen“, sondern Schaden zu begrenzen und die Sache aufzuklären. "Kommentar

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