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Fernsehen: Ein Arzt, wie ihn sich viele Menschen wünschen

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Ein Arzt, wie ihn sich viele Menschen wünschen

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    In der neuesten Staffel von „Familie Dr. Kleist“ bekommt Hauptdarsteller Francis Fulton-Smith eine neue Partnerin, gespielt von Christina Athenstädt, an die Seite gestellt.
    In der neuesten Staffel von „Familie Dr. Kleist“ bekommt Hauptdarsteller Francis Fulton-Smith eine neue Partnerin, gespielt von Christina Athenstädt, an die Seite gestellt. Foto: ARD/Volker Roloff, dpa

    Sie sorgen als Doktor Kleist seit zehn Jahren für Topquoten. Warum nimmt man Ihnen den Arzt so gut ab?

    Ha, wegen des weißen Kittels vielleicht? Im Ernst, ich glaube, das ist die Mischung des Formats „Familie Dr. Kleist“. Da geht es nicht nur um Medizin, da wird sowohl das Berufliche als auch das Private beleuchtet. Die Themen finden in beiden Welten statt und die Zuschauer können sich schön fallen lassen. Denn der Arzt ist nach wie vor eine Vertrauensperson in der Gesellschaft. Und dass ein so toller Mediziner wie Christian Kleist sich immer Zeit für seine Patienten nimmt, das ist ein Luxus, den man sich heute mehr und mehr wünscht.

    Schätzen deswegen die TV-Zuschauer Arztserien so außerordentlich? Liegt es am immer schlechter werdenden deutschen Gesundheitssystem und der Sehnsucht, tatsächlich auch im Ernstfall in so gute medizinische Hände zu geraten?

    Oh, in dieser Frage sind ganz viele Fallstricke enthalten. Da muss ich schauen, wie ich diplomatisch wieder rausfinde. Natürlich sind die Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem überall spürbar. Ärzte können sich aus wirtschaftlichen Gründen oftmals kaum mehr ausreichend Zeit für Patienten nehmen. Auch der klassische „Landarzt“ stirbt mehr und mehr aus. Da leiden alle drunter. Man muss aber trotzdem die Kirche im Dorf lassen: Wir sind in Deutschland in Sachen Gesundheitssystem im Vergleich zu anderen Ländern noch immer ganz gut aufgestellt.

    In den neuen Staffeln der Serie müssen Sie neue Konflikte meistern. Privat haben Sie und Ihre Frau sich in diesem Jahr nach zwölf Jahren Ehe getrennt. Wie geht es Ihnen?

    An wen haben Sie jetzt die Frage gestellt? An Christian Kleist oder an Francis Fulton-Smith?

    Schon an Sie persönlich.

    Wir sind im Guten auseinandergegangen. Wir haben außerdem zwei bezaubernde Kinder und für die sind wir nach wie vor gemeinsam da. Von daher: Passt schon alles.

    Als Christian Kleist geraten Sie diesmal an Ihre Grenzen und sogar darüber hinaus. Kennen Sie persönlich auch solche Situationen, in denen Sie denken: Herrgott, es geht nicht mehr weiter?

    Auch in meinem Beruf wächst der Zeitdruck. Als wir mit „Familie Dr. Kleist“ anfingen, hatten wir für eine Folge elf Tage Zeit, heute sind es für dasselbe Format nur noch 6,5 Tage. Das erhöht natürlich den Leistungsdruck für alle Abteilungen. Umso wichtiger ist der Teamgeist und Zusammenhalt zwischen den Angestellten.

    In der Serie ist es der Rückhalt der Familie, durch den sich die Dinge zum Guten wenden. Woraus ziehen Sie privat Ihre Kraft?

    Ich habe privat ein sehr gutes soziales Netzwerk mit Freunden. Auch meine Eltern sind noch gesund und als Ansprechpartner da. Daneben sind meine Kinder das Wichtigste für mich – und zuletzt auch meine beruflichen Ambitionen und Möglichkeiten. Ich habe kürzlich ein Buch geschrieben, „Loving se Germans“, das mir viel Spaß gemacht hat. Es ist ein amüsantes, autobiografisches Sachbuch und eine kleine Reise in meine Vergangenheit. Ich gehe aber auch gern auf einen Berg oder suche die Stille am Fluss. Ich mache seit 30 Jahren Kampfsport. Ich male und schreibe. Dies alles sind für mich auch Ventile, um „Druck“ abzulassen. Viele wissen, dass ich auch gerne koche, und ich beschäftige mich derzeit mit heimischen Pflanzen und Kräutern. Wussten Sie, dass die meisten Menschen mehr Automarken als Heilkräuter kennen? Dabei gibt es sie überall, selbst in Parks. Man muss nicht erst in die Berge gehen!

    Was denn zum Beispiel?

    Den Spitzwegerich oder die Brennnessel, eine von den meisten unterschätzte und großartige Pflanze.

    In der neuen Staffel sollen Sie überlegen, Bürgermeister von Eisenach zu werden. Wäre das angesichts der politischen Lage – bei den Bundestagswahlen hatte die Stadt einen Anteil von 19 Prozent AfD-Wählern – dort wirklich so ein attraktiver Job?

    Ich habe doch gar nicht gesagt, wo ich Bürgermeister werden will. Aber im Ernst. Das mit der AfD ist schon ein heikles Thema, das sich auch nicht zur Gänze beantworten lässt. Ich glaube aber, dass eine funktionierende Demokratie so etwas aushalten muss. Früher waren es die Reps, dann die DVU. Affen gibt es genug auf dem Felsen und jeder hat eine Berechtigung. Auch wenn es 12, 13 Prozent sind, kann man immer noch sagen: 87 Prozent haben etwas anderes gewählt. Gott sei Dank haben sich diese Phänomene meist schnell selbst zerlegt. Es ist aber schon wichtig, Reizthemen offen anzusprechen und zu lösen. Dann haben wir alle etwas davon. Im Übrigen hat in Bayern jeder das Recht, sich einer Minderheit anzuschließen und das sollte bundesweit auch möglich sein, oder?

    Ihre Mutter stammt aus Regensburg, der Vater ist Brite. Sie sind, sagten Sie einmal, ein Mensch, in dessen Brust zwei Seelen pochen. Wie darf man sich das vorstellen?

    Wie soll ich sagen: Ich bin gebürtiger Münchner, aber von Haus aus Engländer. Insofern bin ich von frühester Kindheit an mit beiden Kultursphären vertraut. Früher habe ich gesagt: Ich bin ein bayerischer Engländer. Heute sage ich: Ich bin ein bayerischer Engländer mit deutschem Pass.

    Warum diese Erweiterung?

    Da gibt es ja eine Kleinigkeit wie den Brexit. Der war auch der Anstoß für mein Buch. Es brachte mich auch zum Nachdenken darüber, wer ich eigentlich bin.

    Und wer sind Sie?

    Ich bin in einem liberalen Haushalt aufgewachsen und war und bin überzeugter Europäer. Dass die Engländer so eine Entscheidung getroffen haben, ist zwar teilweise nachvollziehbar, aber sehr kurzsichtig und letztlich gefährlich. Da wird es noch knirschen im Gebälk. Wie das ausgeht, kann ich mir noch gar nicht vorstellen.

    In einem Interview sagten Sie, Sie seien ein Spießer. So kommen Sie aber im Gespräch gar nicht rüber. Wie haben Sie das gemeint? Wie definieren Sie denn den Spießer?

    Man muss ja immer ein wenig provozieren. Und ich bin in Bayern aufgewachsen. Darum halte ich auch eine gewisse Wertetradition im konservativen Sinne für erstrebenswert. Gerade, wenn man Kinder hat und älter wird, verschieben sich gewisse Parameter. Früher war man gerne ein Revoluzzer, heute habe ich ein größeres Sicherheitsbedürfnis. Insofern bin ich auf diese Weise schon spießig. Ich finde es auch wichtig, die Schöpfung wertzuschätzen. Auch dass man seinen Nächsten liebt und achtet wie sich selbst, ist für mich nicht nur eine Floskel. Interview: Josef Karg

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