Im September haben die Grünen gemeinsam mit der ÖDP, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) das Bündnis gegen den Flächenfraß in Bayern gestartet. Und die Zustimmung bei der bayerischen Bevölkerung war enorm: Nur ein halbes Jahr später konnten die Grünen und ihre Bündnispartner am Mittwoch fast 50 000 Unterschriften für ein Volksbegehren an das Innenministerium übergeben. "Es ist ein großer Tag für unsere Natur in Bayern", sagte Ludwig Hartmann, Bündnissprecher und Fraktionsvorsitzender der Landtags-Grünen.
Es müsse sich dringend etwas ändern und die Politik soll endlich denken, bevor der Bagger rollt, sagte er. Pro Tag werden in Bayern den Bündnis-Angaben zufolge 13 Hektar Freifläche in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt. "Das entspricht einer Größe von 18 Fußballfeldern." Ziel des Volksbegehrens sei es, den Verbrauch auf fünf Hektar täglich herunterzuschrauben. "Alles, was wir brauchen, passt auch auf ein Drittel der Fläche."
"Jeden Tag geht ein Stück unserer wunderschönen bayerischen Natur verloren", sagte LBV-Vorsitzender Norbert Schäffer. Dieses Volksbegehren sei eine Form der Notwehr. "Es reicht nicht mehr, dass die Politiker uns ständig damit vertrösten, dass etwas passieren wird." Es sei dringend notwendig, klare Regelungen zu schaffen. "Diese Aktion ist nur der Anfang einer großen Bewegung zum Schutz unserer bayerischen Heimat." Und die habe einen Stopp dieser Betonwut mehr als verdient.
Die Vorschläge der Landesregierung zur Eindämmung des Flächenfraßes bezeichnete ÖDP-Landesvorsitzender Klaus Mrasek als "Nebelkerzen". "Es ist nicht etwa die bessere Einsicht, hier tätig zu werden, sondern das ist einzig und allein dem Druck des Volksbegehrens geschuldet." 50.000 Unterschriften seien ein klares Zeichen, dass der Flächenfraß die Menschen in Bayern beschäftige.
Auch Josef Schmid, Landesvorstand des AbL, und Richard Mergner vom Bund Naturschutz fordern zu einem dringenden Umdenken in der Politik auf. "Der Boden ist eines der wertvollsten Güter, das wir haben", sagte Mergner. Und deshalb müsse man die kurzfristigen Wirtschaftsinteressen stoppen. "Grund und Boden sind die Basis der Landwirtschaft", sagte Schmid. "Und diese Basis muss erhalten werden, denn der Boden ist kein nachwachsender Rohstoff." Die Landwirte gingen ohnehin schon sparsam mit dem Boden um, also sollten es auch Politik und Wirtschaft tun.
Augsburgs OB Kurt Gribl ist skeptisch
Augsburgs Oberbürgermeister und Vorsitzender des Bayerischen Städtetags, Kurt Gribl, betrachtet das Volksbegehren hingegen skeptisch. Es rücke zwar das Ziel der Reduzierung des Flächenverbrauchs in das Bewusstsein der Bevölkerung, schieße aber bei der Wahl der Mittel über das Ziel hinaus. "Das Volksbegehren berührt verfassungsrechtlich garantierte Ziele, wie die Schaffung bezahlbaren Wohnraums oder die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen", sagte Gribl. "Und schließlich würde der Gesetzentwurf des Volksbegehrens die verfassungsmäßig garantierte kommunale Planungshoheit einschränken." Eine Flächenobergrenze würde demnach den dringend nötigen Bau neuer Wohnungen behindern.
Das bayerische Innenministerium hat nun sechs Wochen Zeit, das Volksbegehren auf Zulässigkeit zu überprüfen. (dpa)