Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Falschfahrer A96: Was Hinweisschilder gegen Geisterfahrer wirklich nützen

Falschfahrer A96

Was Hinweisschilder gegen Geisterfahrer wirklich nützen

    • |
    Ein 76-jähriger Geisterfahrer fuhr 20 Kilometer gegen den Verkehr.
    Ein 76-jähriger Geisterfahrer fuhr 20 Kilometer gegen den Verkehr. Foto: Armin Weigel, dpa (Symbolfoto)

    Das Bundesverkehrsministerium registriert jährlich etwa 1700 Falschfahrer. Einer davon war in der Nacht auf den heutigen Montag 20 Kilometer entgegen der Fahrtrichtung auf der A96 unterwegs, von Wörthsee im Landkreis Starnberg bis in den Münchner Stadtteil Sendling. Verletzt wurde dabei niemand. Zum Glück ging der Fall des 76-jährigen Falschfahrers ähnlich glimpflich aus wie die meisten Verkehrsgefährdungen dieser Art.

    Dennoch bleibt die Frage, warum immer wieder Falschfahrer für Aufregung auf den Straßen sorgen. Gerade, weil das Bundesverkehrsministerium (BMVI) im Jahr 2010 ein Pilotprojekt startete, das die Zahl der Falschfahrer deutlich reduzieren sollte: Warnschilder an Autobahnauffahrten sollten die Fahrzeuglenker unmissverständlich auf die korrekte Fahrtrichtung hinweisen.

    Hinweisschild soll Autobahnen sicherer machen

    Optisch ist die Hinweistafel nicht zu übersehen: Auf neongelbem Hintergrund mahnt eine schwarze Hand, versehen mit einem roten "Einfahrt-verboten"-Schild den potenziellen Falschfahrer. Darauf warnt in großen Buchstaben der Schriftzug "STOP-FALSCH".

    Warum wird jemand zum Geisterfahrer?

    Es ist ein Schock für jeden Autofahrer: Plötzlich kommt einem auf der Autobahn ein Fahrzeug entgegen. Oft gehen solche Fälle glimpflich aus, der Geisterfahrer wird rechtzeitig gestoppt oder richtet keinen größeren Schaden an. Manchmal kommt es aber auch zur Tragödie.

    Wie oft gibt es Geisterfahrer? Laut ADAC werden im Jahr bundesweit etwa 2200 Fälle gemeldet. Die allermeisten gehen glimpflich aus. Geisterfahrer verursachten gerade einmal drei Prozent der tödlichen Unfälle auf Autobahnen.

    Was treibt Geisterfahrer an? Den typischen Geisterfahrer gibt es nicht. Es gibt verschiedene Ursachen, warum jemand dazu wird. In einigen Fällen sind es Selbstmordabsichten, oft ist es aber auch ein reines Versehen oder Zerstreutheit, dass jemand in falscher Richtung auf eine Autobahn fährt oder dort wendet. Manchmal sind auch Drogen oder Alkohol im Spiel.

    Kann man Geisterfahrer verhindern? Der Auto Club Europa (ACE) sieht in einer besseren Beschilderung an Auffahrten die einzige Stellschraube, mit der man etwas verbessern könne. Es gibt auch Forderungen, an den Auffahrten Krallen zu installieren, die Fahrzeuge, die in falscher Richtung auffahren wollen, stoppen würden. Das wäre aber sehr aufwändig und teuer.

    Was tun, wenn vor einem Geisterfahrer gewarnt wird? Die Automobilclubs raten dazu, sich rechts zu halten, langsamer zu fahren und im Ernstfall auf dem Seitenstreifen anzuhalten. Damit man die Warnung überhaupt mitbekommt, ist es natürlich wichtig, im Auto den Verkehrsfunk zu hören.

    Was ist zu tun, wenn man selbst falsch auf die Autobahn aufgefahren ist? Der ADAC rät, sofort Licht und Warnblinkanlage einzuschalten und an den nächstgelegenen Fahrbahnrand zu fahren. Dort stellt man das Auto möglichst nahe an der Schutzplanke ab, steigt vorsichtig aus dem Wagen und setzt sich hinter die Schutzplanke. Dann muss unter 110 die Polizei verständigt werden. Keinesfalls sollte man in dieser Situation versuchen, seinen Wagen zu wenden.

    Darauf haben sich 2010 zwei CSU-Minister geeinigt: Joachim Herrmann leitete damals wie heute das bayerische Innenministerium, Peter Ramsauer war Bundesverkehrsminister. 2012 hätte eine Auswertung des Projekts erfolgen sollen. Doch die gibt es bisher noch nicht. Das bayerische AZ-Online berichtete).

    Dobrindt prüft Sicherheitsüberprüfung sämtlicher Auffahrten und ein Pilotprojekt für Falschfahrerwarnungen

    Stattdessen prüft Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ein neues System für elektronische Falschfahrer-Warnungen auf Autobahnen. Er plant laut Angaben des BMVI zurzeit eine Sicherheitsüberprüfung sämtlicher Auffahrten und ein Pilotprojekt für Falschfahrerwarnungen.

    Bei dem Pilotprojekt geht es um ein "digitales Testfeld Autobahn", mit dem verschiedene Systeme zur frühzeitigen Erkennung von Falschfahrern erprobt werden sollen, die über die bisherigen Falschfahrer-Stoppschilder hinausgehen würden. Bereits in Auftrag gegeben ist ein Pilotprojekt, mit dem Falschfahrer an Anschlussstellen automatisch erkannt und andere Autofahrer visuell und akustisch gewarnt werden können. Noch ist unklar, wie hoch die Kosten wären und ob Kennzeichen von Falschfahrern automatisch erfasst und gespeichert werden sollen.

    Erfolgsmodell Österreich

    Doch auch mit rein analogen Methoden lassen sich beachtliche Erfolge im Kampf gegen Falschfahrer erzielen. „In Österreich wurde 2002 ein ganzes Paket von Maßnahmen eingeführt,“ sagt Markus Schneider vom Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC). Dabei seien die auffälligen Warnschilder eingeführt worden, so der Verkehrsexperte. Außerdem seine die Auffahrten bei Rastanlagen überarbeitet, die Richtungsweiser entlang der Fahrbahn sowie die Bodenmarkierungen optimiert worden. „In der Folge sind die Unfallzahlen in Österreich deutlich zurückgegangen,“ sagt Schneider.

    In Deutschland versucht der Bund nun seit 2013 anhand einer Checkliste die Situation im Kampf gegen Falschfahrer verbessern – und lagert damit Verantwortung an die Länder aus. Die sollen nämlich anhand von 82 Punkten die Güte ihrer Anschlussstellen kontrollieren.

    So reagieren Autofahrer im Notfall richtig

    Doch auch im Notfall können Autofahrer noch richtig reagieren. "Bei einer Geisterfahrer-Meldung sollten Autofahrer die Geschwindigkeit reduzieren, ausschließlich auf dem rechten Fahrstreifen fahren und den Abstand zum Vordermann vergrößern," sagt Christian Owsinski vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. Außerdem sollten Autofahrer bis zur Entwarnung keine anderen Fahrzeuge überholen, so der Polizeihauptkommissar weiter. "Es ist außerdem hilfreich, den Verkehrsfunk aufmerksam zu verfolgen. Und wenn sich Fahrer unsicher fühlen, sollten sie auf dem nächsten Parkplatz bis zur Entwarnung pausieren," sagt Owsinski. Auf keinen Fall jedoch sollten Autofahrer stehenbleiben, da sonst der nachfolgende Verkehr gefährdet würde.

    Falschfahrer wird es trotzdem weiterhin geben. Denn wer bewusst falsch auf die Autobahn auffahren will, der wird das wohl immer schaffen. Laut Erhebungen des Allgemeinen Deutschen Automobil Clubs (ADAC) handelt etwa die Hälfte der Falschfahrer bewusst, sei es aus Todessehnsucht oder zum Zwecke einer Mutprobe. Der 76-Jährige aus München allerdings war krank: Er leidet an einer Bewusstseinsstörung, wie seine Familie mitteilt.

    Mit Material von dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden