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Fall Ursula Herrmann: Serie zum Prozess: Der Mann, der seinen Hund in die Gefriertruhe steckte

Fall Ursula Herrmann: Serie zum Prozess

Der Mann, der seinen Hund in die Gefriertruhe steckte

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    Ursula Herrmann erstickte in dieser Holzkiste.
    Ursula Herrmann erstickte in dieser Holzkiste.

    Die Entführung und der Tod der zehnjährigen Ursula Herrmann vom Ammersee im Jahr 1981 erschütterte ganz Deutschland. 27 Jahre lang blieb der Fall ungelöst. Im Mai 2008 wurde Werner M. (58) verhaftet. Am nächsten Donnerstag beginnt in Augsburg der Prozess gegen ihn und seine Frau. Steht eines der spektakulärsten Verbrechen der Kriminalgeschichte vor der Aufklärung? In einer vierteiligen Serie gehen wir dem "Fall Ursula" auf den Grund. Lesen Sie heute: Wer ist der Angeklagte Werner M.?

    Eching/Augsburg - Einen Sympathieträger kann man Werner M. nicht nennen, und das nicht nur wegen der Geschichte mit dem Hund: Als das Tier einmal den Küchenmülleimer durchwühlte, steckte er es in die Gefriertruhe, wo es seine Ex-Frau am nächsten Tag tot fand.

    Aber heißt das auch, dass so einer in der Lage ist, ein kleines Mädchen zu entführen und in eine Kiste zu sperren? Werner M.s angeblich schlechter Charakter ist nicht das stärkste Indiz. Auch wenn die Staatsanwaltschaft das Wesen des großen, bärtigen Mannes in ihre Indizienkette eingebaut hat.

    Die Meinungen über den 58-Jährigen gehen auseinander: Seine Segelfreunde im schleswig-holsteinischen Kappeln beschreiben ihn als "freundlichen Grantler". Sein Augsburger Strafverteidiger Walter Rubach bezeichnet ihn als "sehr selbstbewussten und intelligenten Menschen", der aber nicht "angepasst und brav" ist. Andere sagen, Werner M. sei arrogant, aufbrausend und ein Zyniker.

    Die Fakten: Der Mann, der die zehnjährige Ursula Herrmann am Ammersee entführt haben soll, wurde 1950 in Oberhausen geboren. Er wuchs im Ruhrgebiet auf, sein Vater war Polizist. Er machte Ausbildungen zum Kfz-Mechaniker und zum Fernsehtechniker. Beruflich bedingt kam er nach Bayern und gründete 1976 am Ammersee die "Fernsehklinik Utting". Aus erster Ehe hat Werner M. einen Sohn und eine Tochter, die in etwa so alt ist, wie Ursula Herrmann heute wäre. Von 1973 bis Oktober 1982 wohnte M. mit seiner Frau in Eching, circa 200 Meter Luftlinie entfernt vom Haus der Familie Herrmann. Er war nicht beliebt in dem 1600-Einwohner-Ort, wollte aber am Dorfleben teilnehmen: Er war zum Beispiel im Schützenverein und Gründungsmitglied der FDP-Ortsgruppe Ammersee-West.

    Als am 15. September 1981 die kleine Ursula entführt wurde, änderte sich alles in Eching. Misstrauen zog ein. Viele glaubten: "Es war einer von hier." Werner M. wurde im Januar 1982 schon einmal festgenommen. Die Polizei hielt ihn für den Täter. Und obwohl ihm die Tat damals nicht nachgewiesen werden konnte, blieb Werner M. für viele in Eching der Schuldige.

    Denn schon damals sprach vieles gegen den hünenhaften Mann: Er hatte ein Motiv: Schulden. Er hatte die handwerklichen Fähigkeiten, um Ursulas Verlies zu bauen. Er wohnte nicht weit weg von Ursulas Elternhaus, er kannte die Familie. Er hatte kein Alibi für die Tatzeit. Ein Bekannter von M. sagte aus, er habe für ihn ein großes Loch im Wald gegraben. Freilich widerrief der Zeuge später seine Aussage.

    Doch trotz all dieser Indizien ließen die Ermittler Werner M. damals laufen. Er empörte sich damals gegenüber unserer Zeitung, wie rüde die Ermittler vorgegangen seien.

    Doch die Zeit des Fernsehtechnikers in Eching war abgelaufen: "Der konnte sich nirgends mehr blicken lassen", sagt einer vom Schützenverein. M. zog weg, eröffnete zunächst im baden-württembergischen Gschwend eine Gastwirtschaft und ging dann nach Kappeln. Dort an der Ostsee führte er zuletzt einen Laden für Bootszubehör. Seine Segelfreunde sagen: "Solange er nicht verurteilt ist, glauben wir das nicht."

    Lesen Sie morgen 200 Zeugen, 52 Termine - ein Mammutprozess. Wo liegen die Knackpunkte in der Verhandlung gegen Ursulas mutmaßlichen Entführer?

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