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Fall Peggy: Seit 14 Jahren vermisst: Was bringt die Suche nach Peggy noch?

Fall Peggy

Seit 14 Jahren vermisst: Was bringt die Suche nach Peggy noch?

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    Polizeitaucher haben Ende April an der Talsperre Pirk in Sachsen Peggys Schulranzen gesucht. Fast 14 Jahre nach dem Verschwinden der Schülerin hat die Polizei keine heiße Spur.
    Polizeitaucher haben Ende April an der Talsperre Pirk in Sachsen Peggys Schulranzen gesucht. Fast 14 Jahre nach dem Verschwinden der Schülerin hat die Polizei keine heiße Spur. Foto: News5, dpa

    Würde Peggy Knobloch noch leben, wäre sie heute eine junge Frau im Alter von 23 Jahren. Doch 2001 kam Peggy in Lichtenberg (Bayern) nicht von der Schule nach Hause. Seitdem fehlt jede Spur von ihr. Dass sie noch lebt, glaubt eigentlich niemand mehr.

    Der Fall Peggy bleibt ein Rätsel

    Doch was mit ihr passiert sein könnte - auch darüber gibt es keine Gewissheit. Eine Leiche wurde nie gefunden. Ihr Verschwinden ist einer der größten ungelösten Kriminalfälle. Nun befasst sich die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" mit Peggys Schicksal. In der Folge "Wo ist mein Kind?" am Mittwoch um 20.15 Uhr wird der Fall aus Oberfranken nochmals der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Aber was bringt die Suche nach so langer Zeit noch?

    Fragen und Antworten zum Fall Peggy

    Weshalb wird der Fall Peggy nach zehn Jahren neu aufgerollt?

    Das Landgericht Bayreuth ordnete die Wiederaufnahme des Verfahrens aus zweierlei Gründen an: Ein wichtiger Belastungszeuge räumte im September 2010 ein, falsch ausgesagt zu haben. Er hatte 2004 behauptet, Ulvi K. habe ihm den Mord an Peggy gestanden. Beim damaligen Prozess war außerdem nicht bekannt, dass die Ermittler eine Tathergangshypothese erstellt hatten - sie war dem späteren Geständnis von Ulvi K. verblüffend ähnlich.

    Wie und weshalb soll Ulvi K. die kleine Peggy getötet haben?

    Das Gericht war davon überzeugt, dass der Gastwirtsohn die Schülerin zunächst auf einem Feldweg verfolgte und ihr dann so lange Mund und Nase zuhielt, bis sie sich nicht mehr rührte. Mit diesem Mord habe er einen vier Tage zuvor begangenen sexuellen Missbrauch an Peggy vertuschen wollen, heißt es im Urteil.

    Warum gibt es Zweifel an dieser Version?

    Ulvi K.'s Betreuerin Gudrun Rödel führt ins Feld, dass er wegen seines enormen Körpergewichts gar nicht in der Lage gewesen wäre, dem Mädchen hinterherzurennen. Außerdem müsste ein geistig Behinderter das perfekte Verbrechen begangen haben - denn die Leiche von Peggy wurde nie gefunden. Auch Spuren gibt es so gut wie keine.

    Welche Behinderung hat Ulvi K.?

    Der heute 36-Jährige erlitt im Alter von zweieinhalb Jahren eine Gehirnhautentzündung. Seitdem ist er geistig behindert. Ein Gutachten aus dem Jahr 2003 bescheinigte ihm einen IQ von 67.

    Wo ist Ulvi K. untergebracht?

    Ulvi K. ist in keinem Gefängnis. Wegen exhibitionistischen Handlungen vor Kindern wurde er noch vor seiner Verurteilung im Fall Peggy in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen. Dort befindet er sich noch immer. Seine Freiheitsstrafe wegen Mordes hat er noch nicht angetreten. Sollte Ulvi K. von dem Vorwurf freigesprochen werden, kommt er nicht automatisch aus der Psychiatrie frei.

    Stimmt es, dass Ulvi K. und Gustl Mollath befreundet sind?

    Ja. Beide waren für einige Zeit in der gleichen psychiatrischen Einrichtung untergebracht und freundeten sich dort an. Vor einigen Wochen trafen sich Ulvi K. und der mittlerweile entlassene Gustl Mollath in Bayreuth auf einen Kaffee.

    Wurde bei der Suche nach Peggy tatsächlich auch Hinweisen von Hellsehern nachgegangen?

    Die Polizei prüfte jeden Hinweis zunächst auf Plausibilität. Das galt auch für Tipps von Hellsehern. Denn: Der Täter hätte sich als Hellseher ausgeben können, um sich nicht verdächtig zu machen, wie ein Polizeisprecher erklärt.

    Lebt Peggy womöglich noch?

    Die Unterstützer von Ulvi K. haben diese Theorie immer wieder ins Spiel gebracht. Sie glauben an eine Entführung. Bereits bei den ersten Ermittlungen 2001 und 2002 gaben Zeugen an, ein Auto mit tschechischem Kennzeichen in Lichtenberg gesehen zu haben, in das Peggy eingestiegen sei. Diese Spur führte aber ins Leere.

    Man wolle diese Möglichkeit natürlich nutzen, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel in Bayreuth. "Man muss sehen, ob noch Hinweise kommen, die weiterführen könnten." Euphorisch klingt das nicht gerade. Potzels Behörde ermittelt seit 2012 wieder in dem Fall, der Durchbruch blieb bislang aus. Etwa 4800 Hinweise habe es gegeben, sagt er. "Die sind inzwischen weitgehend abgearbeitet." Der Fall Peggy bleibt ein Rätsel.

    Ermittlern werden grobe Fehler vorgeworfen

    Kurz nach dem Verschwinden der Schülerin begann eine groß angelegte Suchaktion. Sogar Bundeswehr-Tornados waren im Einsatz. Hundertschaften der Polizei durchkämmten die Wälder rund um Lichtenberg. Vergeblich. 2002 präsentierten die Ermittler den geistig behinderten Ulvi K. als Tatverdächtigen. Er habe Peggy ermordet, um zu vertuschen, dass er sie sexuell missbraucht hatte. 2004 wurde er als Peggys Mörder verurteilt. Inzwischen wurde er jedoch im Zuge eines Wiederaufnahmeverfahrens freigesprochen.

    Sein Verteidiger Michael Euler hatte den Ermittlern grobe Fehler vorgeworfen, unter anderem sollen sie den geistig behinderten Ulvi zu einem Geständnis gedrängt haben, das verblüffend einer Tat-Rekonstruktion ähnelte, die die Beamten zuvor erstellt hatten. Auch beim zeitlichen Ablauf der angeblichen Tat hatte es demnach Ungereimtheiten gegeben. Die Polizei soll zudem Zeugenaussagen, die Ulvi entlasteten, nicht ernst genommen haben.

    In den vergangenen beiden Jahren gab es eine Reihe spektakulärer Untersuchungsaktionen der Polizei, um das Verschwinden der Schülerin doch noch aufzuklären. Zuletzt wurde im Frühjahr in einer Talsperre in Sachsen nach Peggys Schulranzen gesucht. Die Polizei räumte dabei unumwunden ein: Erfolgschancen hatte die Aktion mit Tauchern der Bereitschaftspolizei eigentlich nicht. Aber man wollte sich nicht vorwerfen lassen, eine Spur außer Acht gelassen zu haben.

    Viele Hinweise, aber keine heiße Spur

    Immerhin hatte in den Monaten nach Peggys Verschwinden ein Zeuge gesagt, eine Schultasche in der 40 Kilometer von Lichtenberg entfernten Talsperre gesehen zu haben. Damals suchten die Ermittler aber nur am Ufer. "Wir mussten das jetzt nochmals überprüfen, hatten aber nicht mit einem Fund gerechnet", sagte Oberstaatsanwalt Potzel.

    2013 war die Polizei fast eine Woche lang damit beschäftigt, ein Anwesen in Lichtenberg zu durchsuchen - sogar im Garten wurde gegraben. Die Ermittler fanden zwar Knochenreste, sie stammten aber nicht von Peggy.

    Ebenso erfolglos blieb eine Grabungsaktion am Lichtenberger Friedhof Anfang 2014. Zwischenzeitlich waren ehemalige Bekannte der Familie Peggys aus Halle/Saale ins Visier der Fahnder geraten, doch auch diese Spur brachte keinen Durchbruch. Sie gelten inzwischen nicht mehr als Verdächtige. dpa

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