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Fall Mollath: Wie kam es zu Mollaths Einweisung in die Psychiatrie?

Fall Mollath

Wie kam es zu Mollaths Einweisung in die Psychiatrie?

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    Im Verfahren um den Fall von Gustl Mollath hat nun der Richter ausgesagt, der ihn vor sieben Jahren in die Psychatrie eingewiesen hat.
    Im Verfahren um den Fall von Gustl Mollath hat nun der Richter ausgesagt, der ihn vor sieben Jahren in die Psychatrie eingewiesen hat. Foto: Armin Weigel, dpa

    Im Prozess gegen Gustl Mollath hat ein Richter die frühere Zwangsbegutachtung des Angeklagten verteidigt. Dies sei auf Anregung des Sachverständigen erfolgt, der Mollath eine gravierende psychische Störungen attestiert hatte, sagte der Richter am Freitag als Zeuge vor dem Landgericht Regensburg. Im ersten Verfahren gegen den heute 57-Jährigen hatte der Richter des Amtsgerichts Nürnberg 2004 die stationäre Begutachtung Mollaths angeordnet.

    Der im Vorjahr aus der Zwangspsychiatrie entlassene Angeklagte muss sich unter anderem wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verantworten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte 2006 entschieden, dass Mollath seine Ehefrau misshandelt hatte. Weil die Gutachter dem Nürnberger jedoch Wahnvorstellungen attestierten, sprach das Gericht ihn wegen Schuldunfähigkeit frei und wies ihn in die Psychiatrie ein. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

    Gustl Mollath weigerte sich, mit einem Gutachter zu sprechen

    Chronologie des Falls Mollath

    Ab 2006 saß der Nürnberger Gustl Mollath in der Psychiatrie. Hier eine Chronologie des Falles:

    November 2002: Gustl Mollath wird von seiner Frau wegen Körperverletzung angezeigt. Er soll sie im August 2001 ohne Grund mindestens 20-mal mit den Fäusten geschlagen haben. Außerdem habe er sie gebissen, getreten und sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt.

    Mai 2003: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erhebt Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung.

    September 2003: Die Hauptverhandlung beginnt vor dem Amtsgericht Nürnberg. Im April 2004 wird sie fortgesetzt. Ein Gutachter attestiert dabei Mollath erstmals gravierende psychische Störungen.

    Dezember 2003: Mollath erstattet Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gegen seine Frau, weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank und 24 Kunden wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften.

    Februar 2004: Die Anzeige wird von der Staatsanwaltschaft abgelegt. Begründung: Es gebe nur einen pauschalen Verdacht. Die Angaben seien zu unkonkret, als dass sie ein Ermittlungsverfahrens rechtfertigen würden.

    Juni 2004: Mollath wird gegen seinen Willen zur Begutachtung ins Bezirkskrankenhaus Erlangen gebracht, kommt aber schon kurz darauf wieder frei. Im Februar 2005 wird er in das Bezirkskrankenhaus Bayreuth eingewiesen. Dort bringt er fünf Wochen zu.

    August 2006: Das Landgericht Nürnberg spricht Mollath von den Vorwürfen der Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung frei. Aber die Strafkammer Mollaths ordnet Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.

    Februar 2007: Der Bundesgerichtshof verwirft die Revision als unbegründet.

    März 2012: Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) sagt im Rechtsausschuss des Landtags, Mollaths Strafanzeige wegen der Bankgeschäfte seiner Frau sei «weder Auslöser noch Hauptanlass noch überhaupt ein Grund für seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen». Seine Vorwürfe gegen die Bank hätten keinen begründeten Anfangsverdacht für Ermittlungen ergeben.

    November 2012: Ein interner Revisionsbericht der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2003, dessen Inhalt erst jetzt publik wird, bestätigt, dass ein Teil von Mollath Vorwürfe zutreffend war. Die Freien Wähler fordern Merks Rücktritt und einen Untersuchungsausschuss im Landtag.

    30. November 2012: Merk will den Fall Mollath komplett neu aufrollen lassen. Grund war die mögliche Befangenheit eines Richters.

    18. März 2013: Die Staatsanwaltschaft Regensburg beantragt die Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie stützt sich dabei auf «neue Tatsachen», die dem Gericht bei der Verurteilung im Jahr 2006 noch nicht bekanntgewesen seien. Entscheiden muss das Landgericht Regensburg.

    26. April 2013: Der Mollath-Untersuchungsausschuss tritt erstmals zusammen.

    28. Mai 2013: Das Landgericht Regensburg lehnt eine Entscheidung über Mollaths Psychiatrie-Unterbringung vor der Prüfung des Wiederaufnahmeantrags ab.

    12. Juni 2013: Das Landgericht Bayreuth ordnet an, dass Mollath mindestens noch ein weiteres Jahr und damit bis 2014 in der Psychiatrie bleiben muss.

    06. August 2013: Mollath kommt frei. Das OLG Nürnberg ordnet die Wiederaufnahme des Falls an und verfügt, dass diese an einer anderen Kammer des Landgerichts Regensburg stattfinden muss.

    05. September 2013: Die Verfassungsbeschwerde Mollaths ist erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab seiner Beschwerde gegen Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg statt. Die Beschwerde sei offensichtlich begründet, hieß es.

    19. Dezember 2013: Das Landgericht Regensburg teilt mit, dass das Wiederaufnahmeverfahren gegen Mollath am 7. Juli 2014 beginnt.

    13. Januar 2014: Die Nürnberger Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die Ex-Frau von Gustl Mollath eingestellt. Mollath hatte seine frühere Ehefrau im August 2013 angezeigt, weil sie in einem Verfahren über die Gewährung von Prozesskostenhilfe 2008 nicht die Wahrheit gesagt habe. Dafür ergaben sich laut Staatsanwaltschaft aber keine Anhaltspunkte.

    28. April 2014: Gustl Mollath will das Oberlandesgericht Bamberg mit einer weiteren Verfassungsbeschwerde zwingen zu verkünden, ab wann er unrechtmäßig in der Psychiatrie gesessen habe. Hintergrund ist ein Beschluss des OLG Bamberg aus dem Jahr 2011, nach dem Mollath weiter in der Psychiatrie bleiben musste. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass dadurch Mollaths Grundrecht auf Freiheit verletzt worden war.

    07. Juli 2014: Vor dem Landgericht Regensburg beginnt das Wiederaufnahmeverfahren gegen Mollath.

    08. August 2014: Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer einen Freispruch für Gustl Mollath. Dabei ist der Anklagevertreter jedoch von der Schuld des 57-Jährigen überzeugt. Die Verteidigung verlangt einen Freispruch "ohne Wenn und Aber". Mollath selbst weist die Vorwürfe zurück.

    14. August. 2014: Das Landgericht Regensburg spricht Gustl Mollath frei. dpa

    In dem damaligen Protokoll des Amtsgerichts Nürnberg heißt es zur Zwangsbegutachtung: "Dies war das einzige Mittel, um die Begutachtung zu erreichen." Mollath hatte sich zuvor geweigert, freiwillig mit dem vom Gericht bestellten psychiatrischen Gutachter zu sprechen.

    Anschließend sei der Fall an das Landgericht Nürnberg-Fürth weitergeleitet worden, weil das Amtsgericht nicht über eine Unterbringung entscheiden könne, sagte der damalige Richter am Amtsgericht. Am Nachmittag sollte noch der Richter des Landgerichts Nürnberg-Fürth gehört werden. Dieser hatte Mollath in die Psychiatrie geschickt.

    Der Angeklagte Mollath sprach von Notwehr

    In dem Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath nach Angaben der beisitzenden Richterin die Prügelvorwürfe seiner Ehefrau mit einer Notwehrsituation erklärt. "Er hat angegeben, dass er sich gewehrt hätte, weil sie ihn angegriffen habe", sagte die Richterin am Freitag als Zeugin. Details habe er nicht genannt. Vielmehr habe er über den angeblichen Schwarzgeldskandal reden wollen, an dem seine Ehefrau als Bankangestellte beteiligt war. "Diese Ausführungen hatten unserer Ansicht nach nicht zur Sache gehört und sind von uns unterbrochen worden", berichtete die Zeugin.

    Zuvor hatte ein Zwischenfall im Landgericht für Aufregung gesorgt. Ein Mollath-Unterstützer wurde aus dem Saal geführt. Der Mann trug ein T-Shirt mit dem Konterfei von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der Aufschrift "Stasi 2.0". Auf die Aufforderung der Vorsitzenden Richterin, eine Jacke über das T-Shirt zu ziehen, hatte er nicht reagiert. dpa/lby

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