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Fall Mannichl: Racheakt von Neonazis wird immer unwahrscheinlicher

Fall Mannichl

Racheakt von Neonazis wird immer unwahrscheinlicher

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    mannichl
    mannichl Foto: DPA

    Passau/München (AZ) - Sechs Wochen nach dem Mordanschlag auf den

    Denn während die Fahnder einerseits betonen, dass die Ermittlungen "weiter auf Hochtouren" liefen und bereits "mehr als 470 Hinweise" eingegangen seien, wurde andererseits die Belohnung kurzerhand auf 20.000 Euro vervierfacht. Sollte unter den Hinweisen auch nur eine heiße Spur sein, bräuchte die 50-köpfige Sonderkommission nicht die Belohnung zu erhöhen. Eine Fangprämie in dieser Höhe wird vom LKA nur sehr selten ausgelobt.

    Noch ungewöhnlicher ist, dass die Ermittler nach gut einem Monat die Fahndung nach einer fünfköpfigen Gruppe von möglichen Komplizen für komplett erledigt erklärt haben. Die Soko hatte zunächst aufgrund von Zeugenangaben Zeichnungen mit zwei auffälligen Tätowierungen sowie zwei Porträts veröffentlicht. "Es fallen alle Phantombilder raus, es bleibt nur noch die Beschreibung vom Opfer, sprich von Alois Mannichl, selbst", erklärte LKA-Sprecher Karl-Heinz Segerer am Freitag in München.

    Mit der Rücknahme der Fahndung hat das LKA auch den Spekulationen neuen Auftrieb gegeben, dass hinter dem Anschlag auf den 52-jährigen Polizeidirektor doch kein Neonazi steckt - wie zunächst vermutet. Denn drei der ehemals gesuchten Männer wurden mehr oder weniger als Skinheads beschrieben, mit Glatze, Fliegerjacke und Springerstiefeln. Nun bleibt noch die vage Täterbeschreibung, die der schwer verletzte Mannichl seinen Kollegen diktierte: Mann, 1,90 Meter groß, Glatze oder kurze Haare, Leberfleck oder Tätowierung am Hals, Dialekt.

    Die Theorie, dass es sich um einen Racheakt von Rechtsextremisten handelt, wird auf jeden Fall immer unwahrscheinlicher, nicht nur weil die Fahnder mehrere Verdächtige aus der rechten Szene laufen lassen mussten. Eine Beziehungstat ist umgekehrt nicht mehr ausgeschlossen. Mannichl selbst hat zwar alle Verdächtigungen gegen seine Familienmitglieder empört zurückgewiesen, bei den Ermittlern heißt es aber schlicht: "Wir ermitteln in alle Richtungen."

    Mittlerweile wird in verschiedenen Medien auch immer offener die Glaubwürdigkeit Mannichls angezweifelt. Nach Berichten soll er den Unbekannten mit dem im Bauch steckenden Messer noch bis auf die Straße vor seinem Reihenhaus in Fürstenzell bei Passau verfolgt haben, dann sei er zurückgegangen und habe sich das Küchenmesser selbst herausgezogen. Diese Version steht in gewissem Widerspruch zu früheren Erklärungen des Beamten, wonach "sich alles in Bruchteilen von Sekunden abgespielt" habe.

    Die Soko "Fürstenzell" will zu solchen Details nichts sagen. "Jede Woche schreiben die Zeitungen was anderes, und wenn wir dann zu jeder Berichterstattung unseren Kommentar abgeben, dann kommen wir total in den Wald rein", meint LKA-Mann Christian Wacker.

    Eingeräumt hat das LKA allerdings, dass Spezialisten den Stich rekonstruieren, um so Rückschlüsse auf den Ablauf des Verbrechens und den Täter ziehen zu können. Solch ein Gutachten zu der Verletzung sei reine Routine, beschwichtigen die Fahnder. Gleichzeitig kommen damit aber natürlich auch die Angaben Mannichls auf den Prüfstand.

    Das anhaltende Wirrwarr um den Fall haben die Ermittler so oder so zum Teil selbst verursacht. Eigentlich hatte das LKA mit der Übernahme des Falls Ruhe in die Ermittlungen bringen wollen. Dazu wurde die Zahl der Verlautbarungen drastisch reduziert: Während die Passauer Polizei in den ersten zwei Wochen der Ermittlungen 17 Pressemitteilungen herausgegeben hat, hat sich das seitdem zuständige LKA in fast einem Monat gerade einmal zwei Mal offiziell geäußert.

    Doch diese beiden Mitteilungen hatten Brisanz, offenbarten sie doch gewisse Ermittlungsmängel der Kripo aus Passau. Zunächst teilten die LKA-Fahnder mit, dass das Umfeld von Mannichls Haus erst rund drei Wochen nach der Tat genau nach Spuren abgesucht wurde; und nun wurden die nach und nach veröffentlichen Fahndungsbilder auf einen Schlag für belanglos erklärt. Viele Beobachter fragen sich mittlerweile, ob der Fall überhaupt jemals geklärt werden kann.

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