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Fall Haderthauer: Bericht: Wachmann der Psychiatrie spricht von "Saustall"

Fall Haderthauer

Bericht: Wachmann der Psychiatrie spricht von "Saustall"

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    Für Christine Haderthauer wird es eng: Neue Zeugen belasten sie und ihren Mann in der Modellbau-Affäre.
    Für Christine Haderthauer wird es eng: Neue Zeugen belasten sie und ihren Mann in der Modellbau-Affäre. Foto: Archivbild Ulrich Wagner

    Für die Haderthauers wird es immer enger: In der Modellbau-Affäre belasten neue Zeugen Dr. Hubert und Christine Haderthauer. Erstmals äußert sich ein ehemaliger Wachmann der Forensischen Psychiatrie am Bezirksklinikum (BKH) Ansbach über die Sonderstellung des Dreifachmörders Roland S. und der Gesellschafter der Sapor Modelltechnik: Diese sollten nicht von den Wachleuten kontrolliert werden.

    Wachmann bezeichnet Vorgänge im BKH Ansbach als "Saustall"

    Der Wachmann, der Anfang der 90er Jahre im BKH als Aufsichtsperson die Arbeiten in der Modellbau-Therapie überwachte, erklärt: „Alle mussten wir kontrollieren, nur der Roland (Verurteilter Roland S.; Anm. der Red.) und der Franzose (Roger Ponton.; Anm. der Red.), die sollten wir nicht kontrollieren. An den Wochenenden sind die oft in Ansbach zum Essen gegangen. Da war dann der Dr. (Dr. Hubert Haderthauer.; Anm. der Red.) oder der Polizist als Aufsicht dabei. Ich finde das war ein Saustall, wie die da Geschäfte gemacht haben. Das ganze Geld hätte doch dem Krankenhaus zugestanden und nicht diesen Leuten.“

    Darüber berichtet das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ heute um 21.45 Uhr im Ersten. Die Aussage des Wachmanns wird gestützt durch ein Gesprächsprotokoll aus dem Jahr 1999, das "Report Mainz" vorliegt. Der Objektleiter des Sicherheitsdienstes der Forensik beklagt darin „ein nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko“: Seit Bestehen des Modellbaus hätten „Ärzte Einfluss genommen, um Kontrollen bei dem Patienten S. zu verhindern“. Päckchen hätten zum Beispiel nicht kontrolliert werden dürfen und der Patient sei des Öfteren klar alkoholisiert vom Wochenendurlaub zurückgekommen.

    Verurteilter: Arbeit hat Spaß gemacht, aber es war keine Therapie

    Im Interview mit „Report Mainz“ spricht der Verurteilte Alfons Kettl erstmals über die Arbeitstherapie Modellbau in der Hochsicherheitsforensik in Straubing. Die Arbeit habe dem ehemaligen Elektroinstallateur Spaß gemacht, doch als Therapie habe er sie nicht empfunden. Die Arbeit sei von Dreifachmörder Roland S. organisiert worden. Kettl erklärt: „Der Herr S., der war eigentlich der Organisator der ganzen Sache. Der hat jeden Einzelnen angeleitet zu einer bestimmten Arbeit.“ Heute lebt Kettl von der Grundsicherung. Er kritisiert, dass vom Staat keine Vorkehrungen für die Zeit nach der Haft getroffen wurden.

    Chronologie: Der Fall Haderthauer

    Als junge Rechtsanwältin steigt die spätere Staatskanzleichefin Christine Haderthauer 1990 in das Modellauto-Geschäft ein. Ein knappes Vierteljahrhundert später steht sie unter Betrugsverdacht.

    16. Mai 1988 - Der dreifache Sexualmörder Roland S. wird vom Landgericht Nürnberg zu lebenslanger Haft und Unterbringung verurteilt. Im Maßregelvollzug lernt S. Assistenzarzt Hubert Haderthauer kennen.

    1990 - Der Dreifachmörder baut Modellautos. Haderthauers Frau Christine wird Teilhaberin der Firma Sapor Modelltechnik, die die Autos verkauft. Ein Mitgesellschafter ist der Franzose Roger Ponton. Das Geschäft läuft schlecht, Ponton soll Geld nachschießen. Laut Haderthauer antwortet er nicht auf entsprechende Kontaktversuche und ist seit 1996 nicht mehr erreichbar.

    2004 - Haderthauer überträgt nach ihrem Einzug in den Landtag ihren Firmenanteil an Ehemann Hubert.

    2008 - Christine Haderthauer wird Ministerin, Hubert Haderthauer - inzwischen Landgerichtsarzt in Ingolstadt - verkauft die Firma.

    6. April 2011 - Der nach Darstellung der Haderthauers jahrelang nicht erreichbare Ponton meldet sich und verlangt eine Abfindung für seinen Anteil. Die Parteien einigen sich auf 20 000 Euro.

    2013 - Der «Spiegel» berichtet über die Modellauto-Geschäfte. Die bayerische Landesanwaltschaft führt unter anderem wegen der früheren Modellauto-Geschäfte ein Disziplinarverfahren gegen Dr. Haderthauer.

    Mai 2014 - Ponton erstattet Betrugsanzeige. Er vermutet, dass die Haderthauers ihn bei der Abfindung um rund 30 000 Euro prellten.

    1. August 2014 - Die Staatsanwaltschaft München II leitet förmliche Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen die Staatskanzleichefin ein. Gegen ihren Mann wurde bereits vorher ermittelt.

    5. August 2014 - Seehofer macht den Verbleib Haderthauers im Amt von zwei Faktoren abhängig: dem Ausgang des Ermittlungsverfahrens und eventuellen neuen Enthüllungen.

    10. August 2014 - Seehofer fordert von Haderthauer schnelle Aufklärung der Vorwürfe.

    1. September 2014: Haderthauer erklärt ihren Rücktritt wegen der «Modellbau-Affäre».

    Der bayerische Landtagsabgeordnete Peter Bauer (Frei Wähler) wirft Psychiater Dr. Haderthauer vor, er habe seine Rolle ausgenutzt: „Das ganze Geschäftsmodell war allein auf Profit ausgerichtet, es ging nicht um Therapie."

    Firma Sapor Modellbau berichtet erstmals über Beteiligung der Haderthauers

    Die Gründer der Firma Sapor Modellbau Fritz Sager und Roger Ponton berichten erstmals, wie es zur Beteiligung von Christine Haderthauer an der Sapor Modelltechnik kam. Dr. Hubert Haderthauer habe als behandelnder Arzt von Roland S. in der Forensik in Ansbach die Verhandlungen über die Produktion in der Klinik geführt. Am Tag des Vertragsabschlusses habe er dann plötzlich eine finanzielle Beteiligung gefordert, um Idealismus sei es dabei nicht gegangen. Ponton berichtet: „Dann hat der Dr. gleich gesagt: Ohne mich geht nix!“

    Das ist Christine Haderthauer

    2003 zog die 51-jährige Juristin erstmals in den Landtag ein, 2007 machte sie der damalige Parteichef Erwin Huber zur Generalsekretärin.

    2008, nach dem CSU-Absturz bei der Landtagswahl, stand sie vor dem politischen Aus. Doch Haderthauer überlebte. Ministerpräsident Horst Seehofer machte sie – für viele überraschend – zur Sozialministerin. 2013 wechselte sie in die Staatskanzlei.

    Haderthauer gilt als Allzweckwaffe der CSU. Sie ist bundesweit bekannt, auch wegen ihres losen Mundwerks, wird zu allen politischen Themen gefragt und zu Talkshows in Berlin eingeladen.

    Zuletzt war sie wegen einer gefährlichen Verengung der Halsschlagader für etwa einen Monat außer Gefecht gesetzt. (dpa)

    Sowohl Christine Haderthauer als auch ihr Ehemann Dr. Hubert Haderthauer wurden um ein Interview zu diesen Vorwürfen gebeten. Sie waren dazu nicht bereit. AZ

    Die Sendung "Report Mainz" wird  am Dienstag um 21.45 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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