In Bayern gibt es immer mehr sogenannte "Reichsbürger". Der Bewegung werden mittlerweile rund 3500 Menschen zugeordnet, wie das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Darüber hinaus würden aktuell 1200 Verdachtsfälle geprüft.
Zum Vergleich: Ende 2016 konnte der Verfassungsschutz rund 1700 Menschen der Bewegung eindeutig zuordnen. "Der kontinuierliche Anstieg der Zahlen in diesem Jahr ist nicht zuletzt auch auf die fortschreitende Aufhellung der Szene zurückzuführen", sagte Sprecher Markus Schäfert.
"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Sie sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Die gesamte Bewegung gilt als sicherheitsgefährdend und wird vom Verfassungsschutz beobachtet.
In Georgensgmünd tötete ein "Reichsbürger" einen Polizisten
Nicht zuletzt der Fall des "Reichsbürgers" Wolfgang P., der 2016 einen Polizisten im mittelfränkischen Georgensgmünd tötete, warf ein Schlaglicht auf das Gefahrenpotenzial der Szene. Der Beamte hatte dabei helfen sollen, rund 30 Waffen im Haus des "Reichsbürgers" zu beschlagnahmen und wurde erschossen. Vor rund zwei Monaten wurde P. vom Landgericht Nürnberg-Fürth wegen Mordes und versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Dem bayerischen Innenministerium zufolge besitzen innerhalb der in Teilen rechtsradikalen Szene 247 "Reichbürger" eine waffenrechtliche Erlaubnis. Gegen alle wurden demnach schon Widerrufsverfahren eingeleitet. In 162 Fällen sei die Erlaubnis bereits widerrufen, erklärte Schäfert. Durch Widerruf oder freiwilligen Verzicht mussten bislang 547 Waffen abgegeben werden. In 41 Fällen werde der Sachverhalt noch überprüft. Deutschlandweit geht der Verfassungsschutz von etwa 10.000 "Reichsbürgern" aus, etwa 700 von ihnen verfügen demnach über einen Waffenschein.
Landesamt für Verfassungsschutz: "Reichsbürger"-Szene weiter dynamisch
Bundesweit durchsuchten Ermittler in diesem Jahr immer wieder Häuser und Wohnungen von Anhängern der Bewegung. In Bayern kam es laut Innenministerium zu rund 80 Razzien und mehr als 15 Festnahmen. Bei einzelnen Razzien werden teilweise mehrere Wohnungen durchsucht. Rund 135 Waffen wurden beschlagnahmt. "Damit zeigt der Staat den "Reichsbürgern" Grenzen auf, er signalisiert ihnen: Der Staat, dessen Existenz ihr bestreitet, ist handlungsfähig und sanktioniert die, die seine Gesetze missachten", sagte Schäfert.
Es sei trotzdem schwierig, zu den Anhängern der Bewegung durchzudringen. "Es zeigt sich, dass Personen, die sich bereits so weit in Verschwörungstheorien und Staatsablehnung verrannt haben, durch solche Maßnahmen nicht automatisch zum Nachdenken kommen und sich von der Szene lösen", so Schäfert. "Die Szene bröckelt bislang nicht, sie ist weiterhin dynamisch." (dpa)
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