Wegen der wachsenden Zahl von Berichten über rechtsextremistische Strukturen bei der Polizei will Bayern künftig alle Polizeianwärter auf ihre Verfassungstreue hin überprüfen. "Wir werden bei jedem Bewerber grundsätzlich und ohne konkreten Anlass beim Verfassungsschutz nachfragen, ob irgendwelche Erkenntnisse vorliegen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unserer Redaktion.
Herrmann spricht sich damit für die Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz für Polizeivollzugsbeamte aus – "nicht für den öffentlichen Dienst insgesamt, wie es früher einmal war", betonte der CSU-Politiker. Bereits der kommende Einstellungsjahrgang für Frühjahr 2021 werde entsprechend überprüft, erklärte Herrmann. "Niemand würde verstehen, wenn wir jemand einstellen und sich dann Jahre später herausstellt, dass er schon vorher mal beim Verfassungsschutz auf dem Schirm war", betonte Herrmann. Die Regelung soll laut dem bayerischen Innenminister auch künftige Verfassungsschützer im Freistaat gelten.
Bund und Länder ließen Bewerber auf Verfassungstreue überprüfen
Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz war 1972 bundesweit eingeführt worden. Bund und Länder ließen damit Bewerber für den Öffentlichen Dienst auf deren Verfassungstreue prüfen. Ein Bewerber, der verfassungsfeindliche Aktivitäten entwickelte, wurde nicht eingestellt oder konnte aus dem Dienst entfernt werden. Von Kritikern wurde der Beschluss auch "Radikalenerlass" genannt. Ab 1979 gingen die Länder eigene Wege. Ab 1985 wurde die Regelanfrage nach und nach abgeschafft, zuletzt im Jahr 1991 in Bayern. Insgesamt waren 3,5 Millionen Menschen in Deutschland auf ihre Verfassungstreue hin überprüft worden. Rund 1250 überwiegend als linksextrem eingestufte Lehrer und Hochschullehrer wurden nicht eingestellt, rund 260 Menschen entlassen.
Das vollständige Interview mit Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lesen Sie hier.
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