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Esoterik: "Naturheilzentrum" verkauft Spray, um sich gegen Geimpfte zu schützen

Esoterik

"Naturheilzentrum" verkauft Spray, um sich gegen Geimpfte zu schützen

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    Ein ominöses Spray eines niederbayerischen "Naturheilzentrums" soll gegen Geimpfte schützen.
    Ein ominöses Spray eines niederbayerischen "Naturheilzentrums" soll gegen Geimpfte schützen. Foto: Franziska Gabbert, dpa (Symbolbild)

    Ein "Naturheilzentrum" in Oberbayern verkauft ein Spray, das gegen Gefahren schützen soll, die kaum einer erwarten dürfte. Nach Angaben des Zentrums besteht es aus Wasser, Rosenwasser, Alkohol und einer sogenannte spagyrische Substanz, für deren Wirksamkeit es keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Noch abenteuerlicher aber sind die Probleme, vor denen es schützen soll: Vor der "KI-Steuerung von seelenabgetrennten Menschen", "vor den Übergriffen und vor mRNA-Geimpften" und "feinstofflichen Aerosolen". Außerdem soll es den "Übergang in die 5. Dimension" unterstützen - für schlappe 16,99 Euro pro 100 Milliliter.

    Besonders pikant: Auf der Internetseite des "Naturheilzentrums" stellt sich auch ein Arzt als Mitarbeiter vor. Der promovierte Mediziner ist nach Angaben des Zentrums seit 2019 dort tätig, nebenbei übernehme er Ober- und Chefarztvertretungen.

    Ärztekammer hat noch nie von Arzt des Zentrums gehört

    Doch der zuständige ärztliche Bezirksverband Niederbayern, einer Unterordnung der Ärztekammer, hat von ihm noch nie gehört. Normalerweise müssen sich Ärzte dort anmelden, wenn sie sich in dessen Gebiet niederlassen. Auf fachlicher Ebene äußert sich der Bezirksvorsitzende zunächst zurückhaltend: Die Verlautbarung auf der Internetseite des Zentrums sei "wissenschaftlich nicht nachvollziehbar". "Der Inhalt der Annonce ist natürlich indiskutabel." Grundsätzliche gelte jedoch die Therapiefreiheit, die dem Arzt die Wahl der Behandlung freistelle.

    Mit Ideen, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten, beschäftigt sich Martin Mahner ständig. Der promovierte Zoologe und Wissenschaftstheoretiker ist Gründungsmitglied der "Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften", die die Wissenschaft und das wissenschaftliche Denken fördern will.

    Auch wenn Verschwörungstheorien und medizinische Falschinformationen in der Corona-Pandemie in der Öffentlichkeit präsent seien, sei die Problematik schon jahrzehntealt. Besonders verbreitet seien esoterische Ideen, wie sie das Naturheilzentrum verbreitet, in Gruppen wie den Anthroposophen, die mit den sogenannten Waldorfschulen in Verbindung stehen - aber auch in der breiten Bevölkerung. "Besonders die Homöopathie, die wissenschaftlich betrachtet nicht über den Placebo-Effekt hinauswirkt, hat in den letzten Jahrzehnten durch politische Unterstützung und eine teilweise Übernahme der Kosten durch gesetzliche Krankenkassen verbreitet."

    Esoterik ist weit verbreitet in der Bevölkerung

    In der Querdenken-Bewegung habe sich gezeigt, worin Wissenschaftsfeindlichkeit münden könne, betont Mahner. Dass sie sich durch diese Gruppierung aber noch weiter verbreitet habe, glaubt er nicht. "Die Bewegung ist sicherlich auch eine Abschreckung für viele."

    In einem mittlerweile gelöschten Facebook-Post vom 12. Mai preist das Naturheilzentrum noch an, das Spray schütze auch vor "DNA-Umbau" - außer nach einer bereits erfolgten Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. Dass die Vakzine das Erbgut des Menschen verändern könnten, ist eine häufig gestreute Angst von Impfgegnern - die unbegründet und falsch ist. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie stellt klar: "Wichtig zu wissen ist, dass die mRNA, die zur Immunisierung verwendet wird, gar nicht in den Zellkern gelangt." Ihr Fazit: "Das Erbgut der Zelle, die sogenannte DNA (Desoxyribonukleinsäure), die sich im Zellkern befindet, wird also nicht verändert.

    Ärzteschaft prüft Verstoß gegen Berufsrecht

    Mit Mythen um das Coronavirus musste sich auch der niederbayerische Ärzteschaft-Vorsitzende Schaaf zuletzt vermehrt herumschlagen. "Besonders Maskenverweigerer waren bei uns ein großes Problem." Gegen einen Passauer Frauenarzt im Gebiet des Verbands ermittelt sogar die Staatsanwaltschaft, weil er 1000 sogenannte Masken-Atteste ausgestellt haben soll. Dabei sind Ärzte an besonders strenge berufsrechtliche Regelungen gebunden.

    Anders beansprucht es das Naturheilzentrum für sich, auch wenn dort ein Arzt tätig ist: "Wir sind als Privatpraxis unabhängig und nicht an Leitlinien gebunden", heißt es auf der Seite der Einrichtung. Ob das zutrifft, wird sich zeigen. Nach der Anfrage unserer Redaktion hat der Ärztliche Bezirksverband Niederbayern angekündigt, ein Verfahren einzuleiten, um zu prüfen, ob der dort beschäftigte Arzt gegen Berufsrecht verstoßen haben könnte. Später hieß es von dem Verband, der Arzt sei an seinem Hauptarbeitsplatz in Oberbayern gemeldet. Der Fall werde der dortigen Unterordnung der Ärztekammer gemeldet, die für die Berufsaufsicht zuständig sei.

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