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Energiewende: Erdkabel statt Trassen: Darum wird der Strom für uns teurer

Energiewende

Erdkabel statt Trassen: Darum wird der Strom für uns teurer

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    "Monstertrassen" wollten die Bürger nicht, jetzt bekommen sie Erdkabel (Bild) - und höhere Strompreise.
    "Monstertrassen" wollten die Bürger nicht, jetzt bekommen sie Erdkabel (Bild) - und höhere Strompreise. Foto: Roland Weihrauch, dpa/Archiv

    Als in einer lauen Sommernacht Anfang Juli die drei Parteichefs von Union und SPD ihren Energiewende-Streit abräumten, brachte ein Bundesminister das Ergebnis später launig auf den Punkt: Man habe Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ziemlich teure "Erdferkel" spendiert.

    Gemeint sind Erdkabel, die nun auch in jenen Regionen Bayerns mit Vorrang vergraben werden sollen, wo der Widerstand gegen die beiden neuen Super-Stromtrassen "Suedlink" und "Südost" besonders groß ist. Am Mittwoch hat die Bundesregierung nun die "Lex Seehofer", wie die Opposition schimpft, auf den Weg gebracht. Auf die Stromkunden kommen erst einmal höhere Kosten zu - was für Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ein Problem ist.

    Die wichtigsten Fragen und Antworten zum heutigen Kabinetts-Beschluss:

    Warum sollen die Stromautobahnen jetzt vergraben werden?

    Das war der politische Preis, den Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezahlen mussten, um sich mit Seehofer zu einigen. Er hatte die großen Nord-Süd-Trassen lange Zeit blockiert - weil er nie eingesehen habe, warum 75 Meter hohe "Monstertrassen" nach Bayern durchgezogen werden sollten, damit Netzbetreiber für 30 Jahre Renditen von 5 bis zu 9 Prozent kassieren könnten, meinte Seehofer im Sommer. Seine den Bürgern versprochene Formel "2 minus X"-Trassen erfüllt Seehofer absehbar jedoch nicht, weil die

    Aber Erdkabel sind doch viel teurer als Strommasten?

    Das stimmt. Gabriels Experten gehen davon aus, dass die Erdverkabelung von Suedlink und Südost die Verbraucher zusätzlich drei bis acht Milliarden Euro kostet.

    Stromkosten: Was bedeutet das für einen normalen Haushalt?

    Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden wären das bei den Netzentgelten, die jeder mit der Stromrechnung bezahlt, zwar nur 3,40 bis 9,10 Euro pro Jahr mehr. Teuer wird es aber für die Industrie: Hier könnten die teuren Erdverkabelungen bei Unternehmen mit hohem Verbrauch mit Zusatzkosten von mehreren Hunderttausend Euro zu Buche schlagen. Umgekehrt beseitigt ein rascher Leitungsausbau Engpässe im Stromnetz. Derzeit müssen die Netzbetreiber Hunderte Millionen Euro ausgeben, um "Blackouts" zu verhindern.

    Wie rechtfertigt die Politik den Vorrang für Erdkabel?

    Gabriel argumentiert, lieber teure Leitungen unter der Erde als gar keine Leitungen. "Das führt zu mehr Akzeptanz, denn vielerorts hatten die Menschen große Bedenken gegen Freileitungen." Dort, wo Menschen in einem Radius von 200 bis 400 Meter an der Trasse wohnen, sollen künftig Gleichstrom-Freileitungen verboten sein. Masten könnten aber aufgestellt werden, wenn Erdkabel aus Naturschutzgründen nicht sinnvoll sind oder Kommunen das ablehnen.

    Hatte Gabriel nicht zu Amtsantritt versprochen, den Kostenanstieg bei der Energiewende bremsen zu wollen?

    Ja. Im vergangenen Jahr war die EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren Energien erstmals auf 6,17 Cent pro Kilowattstunde gesunken, was Gabriel als großen Erfolg feierte. Nun könnte die Umlage 2016 den Rekordwert von etwa 6,4 Cent pro Kilowattstunde erreichen. Für eine dreiköpfige Familie mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden wären das zwar "nur" acht Euro mehr im Jahr. Gabriels Ankündigung, er wolle die Kosten zumindest stabilisieren, wackelt jedoch.

    Wie groß ist das Stromnetz?

    Es umfasst - vereinfacht gesagt - Autobahnen, Bundes-, Land- und Gemeindestraßen, über die der Strom vom Ort der Einspeisung bis zur Steckdose kommt. Nach dem Netzentwicklungsplan werden rund 5800 zusätzliche Leitungskilometer gebraucht, davon 3000 als aufgerüstete bestehende Trassen und 2800 als Neubauten. Das Höchstspannungsnetz umfasst bisher rund 35 000 Kilometer. Das gesamte Stromnetz misst nach Zahlen der Bundesnetzagentur rund 1,79 Millionen Kilometer.

    Warum steigt die EEG-Umlage?

    Die Krux ist, dass die Verbraucher mehr Umlage zahlen müssen, gerade weil die Strompreise an der Börse gesunken sind. Das liegt an der garantierten festen Vergütung über 20 Jahre, die jeder Besitzer einer Ökostrom-Anlage bislang vom Staat erhielt. Die Differenz zum Preis an der Börse gleicht die Umlage aus. Sinkt der Börsenpreis, steigt die Umlage. Bereits jetzt werden jedes Jahr bis zu 24 Milliarden Euro über die Stromrechnungen von Bürgern und Firmen gewälzt, damit Deutschland bis 2022 aus der Atomkraft aussteigen und den Ökostromanteil von heute 27 Prozent auf 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 ausbauen kann.    dpa

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