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Corona-Krise: Einigen Volkshochschulen droht wegen Corona die Pleite

Corona-Krise

Einigen Volkshochschulen droht wegen Corona die Pleite

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    Auch die Volkshochschulen in Bayern leiden stark unter der Corona-Krise.
    Auch die Volkshochschulen in Bayern leiden stark unter der Corona-Krise. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Besonders geschätzt fühlten sich die 197 bayerischen Volkshochschulen von der Staatsregierung schon vor der Corona-Krise nicht. Am 16. April dieses Jahres aber sahen sie sich an einem neuen Tiefpunkt.

    In der Notbekanntmachung der Regierung wurden sie in einem Atemzug mit „Freizeiteinrichtungen“ genannt. Neben Sportplätzen und Vereinsheimen, Tierparks und Theatern zählen dazu auch Bars, Klubs und Bordelle. Dass es bei den Volkshochschulen und den anderen Trägern der Erwachsenenbildung um einen Bildungsauftrag geht, der in der Verfassung verankert ist, wurde offenkundig ignoriert.

    Und es kam noch härter: Während der Freizeitbereich mittlerweile schrittweise wieder geöffnet wird, warten die Volkshochschulen immer noch auf ein Signal. Einige stehen kurz vor der Pleite, andere wissen nicht, wie sie unter den neuen Bedingungen finanziell überleben können, tausenden von selbstständigen Dozenten droht Hartz IV.

    Grünen-Politiker: Jetzt zeigt sich, wer eine Lobby hat in Bayern

    „Die Verärgerung über diesen Zustand ist enorm“, sagt die Präsidentin des Bayerischen Volkshochschulverbandes und frühere Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). In einem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) macht Stamm ihrem Ärger Luft: „Die Politik kümmert sich um Bundesligafußball, Nagelstudios, Hundefriseure, Busreisen und vieles mehr. Die gesellschaftlich, wirtschaftlich, gesundheitlich und sozial wichtigen Bildungsangebote für Erwachsene kommen nicht vor!“

    Unterstützt wird Stamm von der „Arbeitsgruppe Erwachsenenbildung“ im Landtag, der Abgeordnete von CSU, Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP angehören. Auch sie weisen in einem Schreiben an Söder auf die extrem zerbrechliche Situation in der Erwachsenenbildung hin – nicht nur bei den Volkshochschulen, sondern auch bei den Bildungseinrichtungen von Kirchen, Gewerkschaften und privaten Trägern.

    „Wenn man sich mit der Bundesliga beschäftigen kann, dann ist es höchste Zeit, dass man sich auch mit der Erwachsenenbildung beschäftigt“, sagt Simone Strohmayr (SPD). Auch Landtagsvizepräsident Thomas Gehring (Grüne) erkennt eine Schieflage in der Corona-Lockerungs-Politik: „Jetzt zeigt sich wieder, wer eine Lobby hat in Bayern und wer nicht.“

    Bis Ende 2021 droht Bayerns Volkshochschulen eine Lücke von rund 75 Millionen Euro

    Wie existenziell die Erwachsenenbildung bedroht ist, zeigt eine Zusammenstellung des VHS-Landesverbandes: „Bis Ende Juli rechnen die Volkshochschulen bayernweit mit einem Finanzloch von 23,5 Millionen Euro. Aufgrund erwartbarer Einschränkungen bei einem wieder aufgenommenen Kursbetrieb ab Herbst (kleinere Gruppen, Hygienemaßnahmen, Rückgang von Buchungen, Weiterentwicklung des digitalen Kursangebots) ist bis Ende 2021 mit einer Finanzierungslücke von mehr als 74 Millionen Euro zu rechnen.“

    Die Folgen seien Entlassungen und Insolvenzen insbesondere bei den privatrechtlich organisierten Volkshochschulen. „Eine über 100-jährige flächendeckende Struktur der Erwachsenenbildung droht zu verschwinden“, befürchtet Christian Hörmann, Vorstandes des bayerischen Volkshochschulverbandes.

    Bei kleinen Volkshochschulen lohnt sich ein Kurs erst ab acht Teilnehmern

    Mit Überbrückungsgeldern allein, so heißt es von allen Seiten, werde den Einrichtungen nicht geholfen sein. Die Zuschüsse, die sie im Normalbetrieb von Staat und Kommunen bekommen, richten sich nach der Teilnehmerzahl. Kleinere Gruppen bedeuten weniger Geld.

    Bei der kleinen VHS in Füssen, die sich zu über 70 Prozent aus Teilnehmerbeiträgen finanziert, gilt die Faustregel, dass ein Kurs erst ab acht Teilnehmern kostendeckend ist. Gleichzeitig, so sagt Geschäftsführerin Petra Schwartz, seien große Räume knapp. Klassenzimmer in Schulen könnten derzeit nicht genutzt werden. Die Gesamtsituation, so Schwartz, sei „ruckzuck“ existenziell geworden. Die Reserven seien schon jetzt aufgebraucht.

    Auch der großen VHS in Augsburg geht es da nicht viel besser. Zwar gebe es hier noch Rücklagen, so der Vorsitzende Sieghard Schramm, „aber dass wir immer noch nicht wissen, ob wir wieder anfangen können oder nicht, ist ein großes Erschwernis.“ Das sei das Schlimmste an der Situation: „Wir erleben ein ohrenbetörendes Schweigen der Staatsregierung.“

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