München. Beim vierten Looping in der Olympia-Achterbahn beginne ich daran zu zweifeln, ob es eine gute Idee war, in das Fahrgeschäft einzusteigen. Der Sicherheitsbügel drückt in meinen Magen, ich werde in den Sitz gedrückt. Der Kollegin, die neben mir sitzt, scheint das alles nichts auszumachen. Sie quietscht vor Freude und streckt die Arme aus.
Ich stoße ein Geräusch hervor, das größtenteils aus den Lauten "ö" und "u" besteht. Als die Fahrt zu Ende ist, dreht sie sich zu mir herüber: "Alles in Ordnung?" "Na klar", lüge ich und drücke den Bügel schnell nach oben.
Aber so soll es ja auch sein. Auch wenn beim vorgezogenen Rundgang für Medienvertreter auf dem Oktoberfest an vielen Ständen noch gebohrt, gefeilt und aufgestellt wird: Die Fahrgeschäfte und Festzelte scheinen bereit zu sein für den Ansturm auf die Theresienwiese.
Kurz vor dem Start des Oktoberfestes werden noch eilig Propangasflaschen für die Luftballons durch die Schaustellerstraße gefahren und letzte Lebkuchenherzen an den Ständen angebracht. Mancher Wiesn-Wirt nagelt eigenhändig das Hinweis-Schild, das zu den Toiletten führt, an die Wand. Das Tourismusamt rechnet mit fünfeinhalb bis sechs Millionen Besuchern.
Oberbürgermeister Christian Ude, der sich mit Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl gestern auf den Rundgang begab, wird morgen um zwölf Uhr im Schottenhamel-Zelt mit der Feststellung "O'zapft is!" die Wiesn eröffnen - und bei vielen Bierzeltbesuchern eine Art Glückseligkeit hervorrufen.
Obwohl das Oktoberfest ein politikfreier Raum ist, kann sich der SPD-Oberbürgermeister einen Seitenhieb nicht verkneifen: Dass der Rundgang im Wahlkampfjahr an der "Revue der Illusionen" - einer Schaustellerbude, in der optische Täuschungen gezeigt werden - beginne, treffe sich perfekt in Zeiten, in denen Parteien mit wilden Versprechungen auf Stimmenfang gingen.
Ebenso wie das Politikverbot haben auch klassische Fahrgeschäfte Tradition auf der Wiesn. Schaustellerbetriebe wie der Flohzirkus oder das Teufelsrad sind auch in diesem Jahr wieder mit dabei. Die "Hex'n Wipp'n" zum Beispiel, eine Neuheit auf der diesjährigen Wiesn, ist eine der weltweit ältesten Jahrmarktillusionen und wartet auch mit einer modernen Variante auf - nicht die einzige Neuheit in diesem Jahr, insgesamt warten sechs neue Schaustellerbetriebe und eine neue Gastronomie auf die Besucher.
Eindeutig modern ist das Fahrgeschäft "Techno Power", das Premiere auf dem Oktoberfest feiert. Betreiber Manfred Eckl lässt seine Besucher gegen den Uhrzeigersinn rotieren. Ein DJ soll über eine eigens entwickelte Lautsprecher-Anlage dafür sorgen, dass der Name "Techno Power" gerechtfertigt ist.
Mittlerweile gibt es sechs Türme auf der Theresienwiese. Einer von ihnen ist erst seit Juli 2009 in Betrieb und trägt den simplen Namen "The Tower". Schausteller Charles Blume bietet auf 1000 Quadratmetern Grundfläche eine Mischung aus einem klassischen Laufgeschäft und neuen Elementen wie einem künstlichen Vulkanausbruch.
Der Silberturm ist ebenfalls heuer neu. Hier dürfen auch Kinder ab einer Größe von 1,20 Meter fahren. Wer danach Hunger hat, ist bei der neuen Wildstuben gut aufgehoben. In der als Forsthaus gestalteten Gastwirtschaft erwarten die Gäste Wildspezialitäten.
Der Bierpreis ist um 30 Cent angestiegen - wieder mal. Jetzt kostet die Maß zwischen 8,10 und 8,60 Euro.
Zwar keine der heiß begehrten Reservierungen, dafür aber immerhin Tickets für jedes Wiesn-Fahrgeschäft gibt es nun vorab im Internet unter www.wiesn-tickets.net
(Florian Eisele)