In den 1960er Jahren war er der Eisprinz und mit seiner Partnerin Marika Kilius bildete er ein überaus populäres Paar. Später eroberte Hans Jürgen Bäumler das Fernsehen. Heute ist er ein begehrter Darsteller auf den Boulevard-Bühnen. Zurzeit spielt er an der Komödie in Frankfurt "Schöne Geschichten mit Mama und Papa." Wir unterhielten uns mit dem 67-Jährigen, der mit seiner Frau Marina in Südfrankreich lebt und eine besondere Beziehung zu unserer Zeitung hat.
Heute Abend stehen Sie wieder auf der Bühne. Wie ist das, wenn man jeden Abend auftritt?
Bäumler: In der Öffentlichkeit entsteht immer der Eindruck, ja, die Schauspieler haben ein schönes Leben, die spielen abends zwei Stunden und bekommen eine Menge Geld dafür. Wir bekommen unser Geld nicht für die zwei Stunden. Es stimmt, das ist der schönste Teil des Schauspielerlebens, das ist unser Beruf. Doch wir werden dafür bezahlt, dass wir bis zu tausend Kilometer von Zuhause weg sind, in einer fremden Stadt, ohne die Familie. Wir werden bezahlt, dass wir nicht krank werden dürfen und jeden Abend gut gelaunt sein müssen - sechs Monate lang. Aber den Zuschauer muss das nicht interessieren, denn wir wollen die Leute ja zwei Stunden glücklich machen.
Sie haben auch mit Eiskunstlauf die Menschen glücklich gemacht. Was halten Sie von der gegenwärtigen Paarlaufszene? Mit Aljona Savchenko und Robin Szolkowy hat Deutschland amtierende Welt- und Europameister. Ist doch klasse, oder?
Bäumler: Wir haben zwei Menschen, die für Deutschland laufen. Aber nein, mir ist die völkerrechtliche Vereinbarung wurscht, denn die beiden laufen fantastisch und so schön, dass man die Luft anhält.
Zu Ihren Zeiten war Eiskunstlaufen ein TV-Straßenfeger, heute ist der Sport ein Nebenschauplatz. Warum?
Bäumler: Vielleicht kommt bei Savchenko/Szolkowy für den Zuschauer nicht so viel Seele und Patriotismus rüber wie damals bei Marika Kilius und mir. Außerdem dürfen Sie nicht vergessen, dass es anfangs nur ein TV-Programm gab. Wenn wir um 20 Uhr gelaufen sind, hat man die "Tagesschau" ausfallen lassen. Wir hatten ja fast zehn Jahre lang keine erfolgreichen Eisläufer mehr, und in dieser Zeit starb das Interesse weg. Ich glaube, dass es an einer zentralen Nachwuchsförderung fehlt.
Es gibt Kilius/Bäumler-Szenen, die sich ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt haben. Etwa der Sturz bei der WM 1962 in Prag. Eine Nachbarin meinte: "Na ja, vielleicht heiraten die Zwei jetzt wenigstens..."
Bäumler: Das haben sie nicht gemacht. Aber der Sturz hatte einen großen Werbe-Effekt für uns. Er ist das im Fernsehen wohl am meisten wiederholte Missgeschick auf Eis. Trotzdem: Mit unseren vielen Erfolgen war es insgesamt eine fantastische Zeit. Da spielte auch das "Wir sind wieder wer" eine Rolle. Es ist ein schönes Gefühl, irgendwann irgendwo mal irgendwas richtig gemacht zu haben. Und wenn die Leute das nicht vergessen haben und einen auf der Straße ansprechen, dann betrachte ich das als Kompliment.
Curt Frenzel, der 1970 verstorbene Gründer und Herausgeber unserer Zeitung, war ein großer Förderer des Eishockeysports, war aber auch dem Kunstlauf zugetan. Wie haben Sie Curt Frenzel erlebt?
Bäumler: Curt Frenzel hatte einfach große Freude am Sport. Er hat zum Beispiel nachts die Eisbahnbeleuchtung für eineinhalb Stunden bezahlt, damit wir trainieren konnten. Einmal hat er bei unserem Schuster Lammfellüberzüge für die Schlittschuhstiefel anfertigen lassen. So konnten wir länger auf dem Eis bleiben. Sogar nachts um elf Uhr stand er bei minus 18 Grad in Garmisch an der Bande, wenn wir eine neue Kür einstudiert hatten. Er war eine Art Pflegevater für uns.
Sie haben in TV-Serien gespielt und auch Shows moderiert. Was halten Sie vom heutigen Fernsehen?
Bäumler: Mir hat mal ein Redakteur gesagt, es sei nicht so, dass das Niveau im Fernsehen sinkt, sondern dass das Fernsehen sich auf das Niveau des Publikums begibt. Ich kann Leute nicht verstehen, die sich etwa die ganze Dschungelshow ansehen und sich hinterher darüber aufregen. Die vergessen, dass es noch zig andere Programme gibt oder dass man sich mal mit seiner eigenen Familie beschäftigt.
Warum leben Sie in Südfrankreich?
Bäumler: Ganz einfach. Nachdem sich mein Leben 25 Jahre auf 60 mal 30 Meter Eis abgespielt hat, war ich einfach sonnenhungrig. Und ich liebe die französische Lebensart.