Es dauert nicht lange, bis die Worte von Markus Ferber in die Welt hinausgezwitschert werden. Bis sie sich multiplizieren, im Netz hundertfach geteilt und erzürnt kommentiert werden. Die Worte, um die es in dieser Geschichte geht, fallen im Europaparlament in Brüssel. Markus Ferber, EU-Abgeordneter und Vorsitzender der schwäbischen CSU, kritisiert in einer Rede den Parlamentspräsidenten. Dabei sticht vor allem eine Passage hervor: „Sie haben Privilegien, sie haben einen Fahrer, wir müssen hier Public Transport benutzen! Ist das der Schutz, den sie uns angedeihen lassen?“ Das sitzt.
Twitter läuft – es war nicht anders zu erwarten – angesichts dieses Ferber’schen Fauxpas heiß. Martin Sonneborn, Chef der Satirepartei „Die Partei“ schreibt: „Markus Ferber, dessen Praktikantinnen zum Teil am Stadtrand campten, weil der bestsituierte CSU-Mann ihnen wenig bis nichts bezahlte, leidet darunter, dass er im Lockdown den öffentlichen Nahverkehr benutzen muss und kein Tagesgeld erhält.“
Markus Ferber sagt: Die Schwerpunktsetzung war nicht ideal
Ferber indes sieht sich missverstanden. Einige seiner Aussagen im Plenum seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er räumt aber auch ein: „Meine Wortwahl war unglücklich, meine Schwerpunktsetzung nicht ideal. Das bedaure ich. In der Sache bleibe ich aber bei meiner Kritik an EP-Präsident Sassoli.“
Was Ferber mit dieser grundsätzlichen Kritik meint, ist das: Auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie müsse das Europäische Parlament handlungsfähig sein. Die faktische Schließung des Europäischen Parlaments durch die Absage nahezu aller Präsenz-Sitzungen und Ausschüsse durch Parlamentspräsident David Sassoli sei nicht hinnehmbar. „Meine Kritik an der Entscheidung des Parlamentspräsidenten fällt auch deswegen so harsch aus, weil dieser es versäumt hat, in den vergangenen acht Monaten, die Arbeitsfähigkeit des Parlaments auf digitalem Wege sicherzustellen. Noch immer haben wir beispielsweise keine funktionierenden Lösungen für die fehlerfreie Durchführung von Ausschusssitzungen aus der Ferne. Ein Parlament, das durch seinen offiziellen Vertreter aufgelöst wird, verliert seine Legitimität“, schreibt Ferber in einer Stellungnahme. Als Präsident des Europäischen Parlaments müsse sich Sassoli dafür einsetzen, die Arbeit der Abgeordneten zu ermöglichen und nicht zu behindern. „Deshalb brauchen wir umgehend wieder Präsenzsitzungen, die durch ein funktionierendes Hygiene- und Testkonzept ermöglicht werden können.“
Kein Mitleid für Markus Ferber auf Twitter
Und dann ist da noch die Sache mit dem Geld. Ferber hatte in seiner Rede nämlich auch an die Adresse des Parlamentspräsidenten gesagt: „Sie bekommen selbstverständlich jeden Tag die Tagegelder, wir bekommen sie nicht.“ Der Hintergrund ist der: Das EU-Parlament zahlt Abgeordneten eine Pauschalvergütung von 323 Euro für jeden Arbeitstag. Voraussetzung ist, dass man sich in die Anwesenheitsliste einträgt. Diese Listen werden nun aber nicht mehr ausgelegt, weil nur noch wenige Abgeordnete überhaupt Zutritt haben. „Wir Abgeordnete verzichten darauf, dann sollte das Herr Sassoli auch“, sagt Ferber im Gespräch mit unserer Redaktion.
Auf Twitter stößt das alles auf wenig Verständnis. Stattdessen gibt es zuweilen Spott. Ein User etwa kommentiert hämisch, Ferber würde nun wohl nur knapp am Existenzminimum vorbeischrammen.
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