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Doppelmord von Notzing: Lebenslange Haft für 22-Jährigen - aber auch eine Chance

Doppelmord von Notzing

Lebenslange Haft für 22-Jährigen - aber auch eine Chance

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    Der Angeklagte steht am letzten Prozesstag im Gerichtssaal des Landgerichts in Landshut neben seinem Verteidiger Winfried Folda. Ein Jahr nach dem Doppelmord von Notzing ist der 22-jährige Angeklagte zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.
    Der Angeklagte steht am letzten Prozesstag im Gerichtssaal des Landgerichts in Landshut neben seinem Verteidiger Winfried Folda. Ein Jahr nach dem Doppelmord von Notzing ist der 22-jährige Angeklagte zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Foto: Armin Weigel, dpa

    Regungslos nimmt der junge Mann in Sträflingskleidung das Urteil entgegen. Die Vorsitzende Richterin am Landshuter Landgericht bezeichnet den 22-Jährigen als brutalen Doppelmörder und verhängt eine lebenslange Haftstrafe.  Mit "fast unvorstellbarer Gewalt" habe er die Eltern seiner Ex-Verlobten im oberbayerischen Notzing getötet. Aber das Gericht verzichtet darauf, die besondere Schwere der Schuld festzustellen, und räumt dem Angeklagten eine Chance ein: Bei guter Führung und erfolgreicher Therapie kann er das Gefängnis nach 15 Jahren vielleicht verlassen.

    Viele der Zuhörer in dem voll besetzten Gerichtssaal sind fassungslos nach dem für sie milden Urteil. Bei der Verkündung des Strafmaßes geht ein Raunen durch das Publikum. "Ich verstehe das Urteil überhaupt nicht. Er ist ein eiskalter Doppelmörder. Er hat diese Chance nicht verdient", sagt der Bruder eines der Opfer. Der Mann hat durch das grausame Verbrechen seine Schwester und seinen Schwager verloren.

    Der Verteidiger des Doppelmörders sagte dagegen: "Dieses Urteil gibt meinem Mandanten eine große Motivation für eine Therapie im Gefängnis." Der 22-Jährige sei entschlossen, die Voraussetzungen für eine Haftentlassung zu schaffen.

    Unvermittelt auf Vater der Ex-Freundin eingestochen

    Der Angeklagte hatte die Eltern seiner Ex-Verlobten für die Auflösung des Eheversprechens mit der damals 17-Jährigen verantwortlich gemacht. Mit der Trennung zerbrach die Lebensperspektive für den Heizungsmonteur - er hat seit Monaten ein Haus gebaut, in dem das junge Paar einziehen soll. Er sann auf Rache und schaffte die Eltern, die für ihn ein Hindernis waren, aus dem Weg. "Er wollte sie töten, um sie von der Tochter zu trennen und die junge Frau wieder für sich zu gewinnen", sagt die Vorsitzende Richterin Gisela Geppert.

    Im März vergangenen Jahres bricht der junge Mann in das Haus seiner Opfer ein, bewaffnet sich mit einem Messer und sticht unvermittelt auf den 60 Jahre alten Vater ein. Die Leiche bringt er in den Keller und wartet auf sein eigentliches Opfer, die 54 Jahre alte Mutter seiner Ex-Verlobten.

    30 Stiche in Gesicht und Kopf

    Über die Frau fällt er regelrecht her.  Mehr als 30 Mal sticht er auf ihr Gesicht und ihren Kopf ein. "Die noch lebende Frau brachte er in den Partykeller und schlug mit Axt, Schürhaken und Wetzstahl in fast unvorstellbarer Gewalt auf sie ein, bis sie tot war", erläutert die Richterin. Dann zwingt er die heimkehrende Ex-Verlobte, ihm bei der Beseitigung der toten Eltern zu helfen - "sonst gibt es eine dritte Leiche."

    Die damals 17-Jährige tut, was er verlangt. Sie hilft sogar bei dem Versuch, die Leiche des Vaters zu verbrennen. Schließlich verscharren sie die beiden Toten im Blumenbeet des eigenen Hauses. Zwei Tage lang sind sie wieder ein Paar, so glaubt der Angeklagte. Sie wischen die Blutlachen am Tatort weg, überpinseln die Spritzer an den Wänden, gehen Hand in Hand spazieren und haben sogar Sex in der Nacht nach der Tat. Erst als der ältere Bruder der jungen Frau auftaucht, hat der Schrecken ein Ende. Der Täter flieht, stellt sich wenig später aber der Polizei und legt ein Geständnis ab.

    Tochter der Opfer lehnt  Therapie ab

    Die heute 18-Jährige wurde inzwischen vom Amtsgericht Freising wegen Strafvereitelung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt, hat jedoch Berufung eingelegt. "Eine Therapie hat sie bislang abgelehnt", sagt ihr Anwalt am Mittwoch.

    Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen eine Revision prüfen. "Es gibt aber triftige Gründe, dass Urteil zu akzeptieren", sagt der Anklagevertreter, Oberstaatsanwalt Ralph Reiter.

    Für die Hinterbliebenen und Freunde der Opfer dagegen ist die Aussicht, dass der Doppelmörder nach 15 Jahren aus dem Gefängnis kommt, nicht vorstellbar. "Ich habe Angst, dass er dann das Mädchen und ihren Bruder attackiert", sagt Rita Arnold, eine langjährige Freundin des ermordeten Ehepaares. dpa

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