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Donauwörth/Ehekirchen: "Ehrenmord" an Afghanin: Leichenfund in Holzkirchen löst Integrationsdebatte aus

Donauwörth/Ehekirchen

"Ehrenmord" an Afghanin: Leichenfund in Holzkirchen löst Integrationsdebatte aus

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    In diesem Loch in einem Gehölz nahe Holzkirchen bei Ehekirchen wurde die Leiche einer 34-jährigen Frau vergraben und Donnerstag gefunden. Nun hat der Fall eine Integrationsdebatte ausgelöst.
    In diesem Loch in einem Gehölz nahe Holzkirchen bei Ehekirchen wurde die Leiche einer 34-jährigen Frau vergraben und Donnerstag gefunden. Nun hat der Fall eine Integrationsdebatte ausgelöst. Foto: Winfried Rein

    Ein ausgebeulter Koffer mit grauenhaftem Inhalt: Nach dem Mord an einer zweifachen Mutter aus Afghanistan mutmaßlich durch zwei Brüder sind nun weitere Details der Tat bekannt geworden. Die Verdächtigen zogen demnach die Leiche ihrer Schwester am 13. Juli in einem großen Rollkoffer zwischen vielen Menschen im belebten Bahnhof Berlin-Südkreuz durch. Das zeigen Fotos aus Überwachungskameras, die die Bild-Zeitung am Dienstag veröffentlichte. Die Brüder im Alter von 22 und 25 Jahren sollen ihre 34-jährige Schwester in Berlin getötet und die Leiche über Donauwörth nach Holzkirchen gebracht und in dem kleinen Ort im Kreis Neuburg-Schrobenhausen vergraben haben.

    Die Staatsanwaltschaft hatte die Videoaufnahmen der Überwachungskameras ausgewertet, wollte sich aber zu den Bildern nicht äußern. Parallel entbrannte über die Tat und ihre integrationspolitischen Hintergründe eine Debatte. 

    Das kleine Örtchen Holzkirchen mit gerade rund 70 Einwohnern ist plötzlich Teil eines bundesweit beachteten Verbrechens. Nun hat der Mord an der Afghanin eine Integrationsdebatte ausgelöst.
    Das kleine Örtchen Holzkirchen mit gerade rund 70 Einwohnern ist plötzlich Teil eines bundesweit beachteten Verbrechens. Nun hat der Mord an der Afghanin eine Integrationsdebatte ausgelöst. Foto: Winfried Rein

    "Ehrenmord" an Afghanin löst Debatte um gescheiterte Integration aus

    Der Koffer auf den Bildern der Kameras auf dem Bahnhof sah ausgebeult aus und wirkte sehr schwer. Zu zweit wuchteten die beiden jungen Männer ihn in den ICE, umgeben von wartenden Reisenden. Die Kriminalpolizei zeigte später durch einen Versuch, dass sich ein Frauenkörper in dem Koffermodell unterbringen lässt. 

    Die Brüder sollen die Tat "aus gekränktem Ehrgefühl" begangen haben, weil das Leben der Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprochen habe. Seit dem 4. August sitzen die beiden in Untersuchungshaft. Die Frau und die Brüder kamen vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland. 

    Die Frau hatte zwei Kinder im Alter von 9 und 13 Jahren und war von einem afghanischen Mann geschieden. Nach Angaben von Ermittlern wurde sie massiv besonders von einem der Brüder, der auch in Berlin lebte, unter Druck gesetzt. Er soll kontrolliert haben, ob sie ein Leben nach den Vorschriften einer rückständigen, männerdominierten islamischen Gesellschaft führte.

    Morde im Namen der vermeintlichen Ehre, sogenannte Ehrenmorde, sorgten bereits in der Vergangenheit deutschlandweit für Aufsehen. Im Februar 2005 wurde die 23-jährige Deutsch-Türkin Hatun Sürücü in Berlin von ihrem Bruder mit drei Schüssen getötet. Frauenrechtsorganisationen sprechen von zahlreichen derartigen Taten in jedem Jahr.

    Debatte um "Ehrenmord" - allgemein patriarchale Strukturen oder islamische "Familienehre"?

    Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) wandte sich gegen den Begriff des "Ehrenmords" und wollte lieber von "Femizid" sprechen. "Hinter all diesen Morden steht keine Religion, steht keine Kultur, hinter all diesen

    Die Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin Seyran Ates widersprach im RBB-Inforadio deutlich. Man müsse klarstellen, dass es bei diesen Taten um die westliche Lebensweise von Frauen und Morde im Namen einer angeblichen Familienehre gehe. Das werde in Deutschland nicht genug thematisiert und man sehe da nicht genau hin. Es gebe diesen speziellen Ehrbegriff der Familie in bestimmten Gesellschaften und die männlichen Täter handelten danach. In klassischen deutschen Familien würden Brüder keine Schwester töten, weil sie zu westlich lebe. 

    "Ehrenmorde sind aber nur die Spitze des Eisbergs", sagte Ates. Es gebe weiterhin große Probleme in Parallelgesellschaften mit der Unterdrückung von Frauen und Gewalt. Wenn die Integrationspolitik das nicht sehe, "ist das ein Armutszeugnis für die Politik".

    Auch der Psychologe und Autor Ahmad Mansour wies im Tagesspiegel auf große Unterschiede beim Thema Frauenrechte und Sexualität zwischen Teilen der arabischen Gesellschaften und Deutschland hin. Er kritisierte, Integrationspolitik und Flüchtlingsinitiativen würden diese Probleme oft verdrängen. Die Leidtragenden seien die Frauen.

    Der Berliner CDU-Vorsitzende Kai Wegner hatte am Samstag gefordert: "Wir brauchen eine offene Debatte über gescheiterte Integration aufgrund archaischer Wertvorstellungen, die aus den Herkunftsländern nach Deutschland mitgebracht werden." (dpa)

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