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Donau-Ries: "Zwölf Stämme": Jetzt geht das Theater von vorne los

Donau-Ries

"Zwölf Stämme": Jetzt geht das Theater von vorne los

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    Mehrfach protestierten Mitglieder der „Zwölf Stämme“ vor dem Landratsamt in Donauwörth gegen den Entzug des Sorgerechts für ihre Kinder. Jetzt hat die Sekte wieder begonnen, ihre Kinder vom Unterricht fernzuhalten.
    Mehrfach protestierten Mitglieder der „Zwölf Stämme“ vor dem Landratsamt in Donauwörth gegen den Entzug des Sorgerechts für ihre Kinder. Jetzt hat die Sekte wieder begonnen, ihre Kinder vom Unterricht fernzuhalten. Foto: Wolfgang Widemann

    Was die Eltern der umstrittenen Glaubensgemeinschaft „Zwölf Stämme“ ihren Kindern beibringen wollen, schreiben sie selbst in einer Pressemitteilung: „erstens, ihren Schöpfer mit ganzem Herzen und ganzer Seele zu lieben und zweitens, ihren Nächsten so zu lieben wie sich selbst“. Das öffentliche Schulsystem, so heißt es weiter, sei nicht fähig, die Kinder auf das „Königreich Gottes vorzubereiten“.

    Die Sektenmitglieder wissen um den Verstoß gegen die Schulpflicht

    Und deshalb geht das ganze Theater jetzt wieder von vorne los. Noch während etliche Eltern der Sekte bei den Familiengerichten in Nördlingen und Ansbach um das Sorgerecht für ihre Kinder kämpfen, haben Sektenmitglieder ihre Kinder wieder nicht zur Schule geschickt. Das ist ein Verstoß gegen die in Deutschland herrschende Schulpflicht. Und die Sektenmitglieder wissen das.

    Das Pikante daran ist: Es geht um Kinder, die erst kürzlich zu ihren Eltern zurückdurften, bestätigte das Landratsamt Donau-Ries auf Anfrage. Im September vergangenen Jahres holten Jugendamt und Polizei in einem Großeinsatz 40 Kinder vom Gelände der Glaubensgemeinschaft aus Klosterzimmern bei Nördlingen. Seit längerem war bekannt, dass die Sekte körperliche Züchtigung, also Schläge, als legitimes Erziehungsmittel ansieht. Ein RTL-Reporter hatte mit versteckter Kamera dokumentiert, wie Mitglieder der „Zwölf Stämme“ Kinder mit einer Rute schlagen.

    Die Verfahren laufen seit Monaten

    Die Kinder wurden in Heimen und bei Pflegeeltern untergebracht, das Sorgerecht den Eltern vorläufig entzogen. Seit Monaten laufen die Verfahren. Einige Kinder wurden den Eltern wieder zurückgegeben bis zur endgültigen Entscheidung der Gerichte. Insgesamt handelt es sich um fünf Kinder.

    Und just diese Kinder sollen erneut von der Weigerung der Eltern betroffen sein. Die Sekte behauptet: Die Kinder „haben seitdem in den Heimen und den ihnen zugeordneten Schulen Gewalt, Mobbing, Drogen- und Nikotinmissbrauch und sexuelle Freizügigkeit erfahren und dabei sehr unter den bestehenden Gruppenzwängen in den öffentlichen Schulen leiden müssen“.

    Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme"

    Die "Zwölf Stämme" (The Twelve Tribes) sind eine urchristliche Glaubensgemeinschaft, die in den 70er Jahren in den USA gegründet wurde.

    Die Anhänger der "Zwölf Stämme" leben streng nach der Bibel, die sie wortwörtlich auslegen. Sie sind fest davon überzeugt, dass ihr Glaube der einzig Richtige ist.

    "Grundlage unseres Lebens ist der Gehorsam zu den Worten Jahschuas , des Messias, so wie sie in der Bibel, dem Wort Gottes, niedergeschrieben sind", schreiben die "Zwölf Stämme" über sich selbst.

    Die Zwölf Stämme haben weltweit etwa 2000 Mitglieder, davon etwa 100 in Deutschland.

    Mitglieder der Zwölf Stämme leben und arbeiten in streng hierarchisch aufgebauten Kommunen zusammen.

    Eine dieser Kommunen wohnt seit 2000 im Gut Klosterzimmern im Kreis Donau-Ries.

    Die Mitglieder der „Zwölf Stämme“ weigern sich, ihre Kinder in staatliche Schulen zu schicken. Die Gemeinschaft begründet dies mit ihrer Religion, macht „Gewissensgründe“ geltend. Ein Grund ist der Sexualkundeunterricht.

    "Unsere Religion hat sich nicht in den Staat einzumischen und umgekehrt sollte sich der Staat nicht in unsere Religion einmischen", ist eine weitere Aussage der "Zwölf Stämme" .

    Ab 2006 unterrichteten die Zwölf Stämme in Klosterzimmern ihre Kinder in einer Privatschule.

    Wegen des Verdachts, sie würden ihre Kinder züchtigen, haben die "Zwölf Stämme" immer wieder Ärger mit Polizei und Justiz. Die Mitglieder bestreiten die Vorwürfe.

    Als 2013 ein Video auftaucht, auf dem festgehalten ist, wie Mitglieder ihre Kinder mit Ruten schlagen, holen Polizisten alle 40 Kinder der Sekte ab und bringen sie in Pflegefamilien unter.

    Im September 2015 kündigen die "Zwölf Stämme" an Deutschland zu verlassen und nach Tschechien zu ziehen. Die Sekte hofft, dort ihren Glauben frei ausleben zu können.

    Die Sekte sieht sich also bestätigt in ihrer Ablehnung öffentlicher Schulen. „Unsere Kinder weiter diesen weltlichen Einflüssen auszusetzen, hieße sie gleichsam den Götzen zu opfern und sie zu zerstören ...“, heißt es weiter in der Begründung. Und: „Das ist der Grund, warum unsere Kindern in den öffentlichen Schulen von heute an fehlen!“

    Diese Haltung der urchristlichen Sekte ist nicht neu. Seit mehr als zehn Jahren wehren sich die „Zwölf Stämme“ gegen die Schulpflicht. 2004 versuchten die Behörden sogar, die Schulpflicht mit Erzwingungshaft für die Eltern durchzusetzen. 2006 wurde der Sekte allerdings die Genehmigung für eine eigene Schule erteilt. Eine private Ergänzungsschule – ein Sonderweg. Im vergangenen Jahr zog das Kultusministerium diese Erlaubnis aber wieder zurück.

    Auf die neuen Verstöße gegen die Schulpflicht will das Landratsamt Donau-Ries zunächst nicht reagieren, sagt Vize-Landrat Reinhold Bittner. „Wir wollen erst einmal abwarten, bis die Sorgerechtsverfahren in Nördlingen und Ansbach abgeschlossen sind.“

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