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Direkte Demokratie: So hat sich Bayern durch Bürgerbeteiligung verändert

Direkte Demokratie

So hat sich Bayern durch Bürgerbeteiligung verändert

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    Der Freistaat Bayern hat sich vor allem seit 1995 zu einer Hochburg der direkten Demokratie entwickelt.
    Der Freistaat Bayern hat sich vor allem seit 1995 zu einer Hochburg der direkten Demokratie entwickelt. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Seit Dienstag steht fest: Das Volksbegehren "Betonflut eindämmen - damit Bayern Heimat bleibt" ist unzulässig. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben, sagte der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, Peter Küspert, am Dienstag bei der Urteilsverkündung in München. In Sachen direkte Demokratie steht Bayern im Vergleich der Bundesländer dennoch an Platz eins. Das zeigt eine Studie des Vereins "Mehr Demokratie". Mit einigen prominenten Entscheidungen auf Landes- und Kommunalebene haben die Bayern ihren Freistaat bereits verändert.

    1. Oktober 1995: Volksentscheid über kommunale Bürgerentscheide

    Eine Initiative des Vereins "Mehr Demokratie" hatte es sich zum Ziel gesetzt, Instrumente der direkten Demokratie auch auf kommunaler Ebene zu ermöglichen. Volksbegehren und Volksentscheide waren bisher nur auf Landesebene möglich. Nach erfolgreichem Volksbegehren fand am 1. Oktober 1995 der Volksentscheid über die Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden statt. 57,8 Prozent der Wahlberechtigten stimmten für den Vorschlag. Seitdem haben bayerische Bürger das Recht, auch auf kommunaler Ebene mitzubestimmen.

    Von diesem Recht machten die Bayern bisher regen Gebrauch. 40 Prozent aller Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Deutschland fanden im Freistaat statt. "2910 Bürgerbegehren gab es bis Ende 2017 in Bayern. Davon mündeten 1750 in einen Bürgerentscheid", erklärt Susanne Socher von "Mehr Demokratie Bayern".

    8. Februar 1998: Volksentscheid "Schlanker Staat ohne Senat"

    69,2 Prozent der Wahlbeteiligten entschieden im Volksentscheid vom 8. Februar 1998 die zweite Kammer der Volksvertretung abzuschaffen. Zum 1. Januar 2000 wurde der bayerische Senat dann aufgelöst. Getragen wurde das Volksbegehren maßgeblich von der ÖDP sowie von SPD, Grünen und FDP.

    Die zweite Kammer in Bayern, in Deutschland einmalig, war am 8. Februar 1998 durch einen Volksentscheid mit Wirkung zum 31. Dezember 1999 abgeschafft worden.
    Die zweite Kammer in Bayern, in Deutschland einmalig, war am 8. Februar 1998 durch einen Volksentscheid mit Wirkung zum 31. Dezember 1999 abgeschafft worden. Foto: Frank Mächler, dpa (Archiv)

    4. Juli 2010: Volksentscheid für echten Nichtraucherschutz in Bayern

    Vor acht Jahren stimmte die bayerische Bevölkerung für Deutschlands schärfstes Rauchverbot. Seitdem ist das Rauchen in Gaststätten, Kneipen und Bierzelten ausnahmslos untersagt. 61 Prozent der Wahlberechtigten stimmten dafür, das Qualmen zu verbieten. Die Initiative "JA! zum Nichtraucherschutz" wurde vorwiegend angetrieben vom damaligen ÖDP-Politiker Sebastian Frankenberger. Auch SPD, Grüne, Sport- und Ärzteverbände sowie Umwelt-und Gesundheitsorganisationen unterstützten die Nichtraucherschutz-Initiative.

    Der Weg zum Volksentscheid in Bayern

    Der erste Schritt in der Volksgesetzgebung ist der Antrag für ein Volksbegehren. Um ein Volksbegehren beantragen zu können, sind 25.00 Unterschriften von Stimmberechtigten sowie ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf notwendig. Die Unterschriften können frei und ohne Frist gesammelt werden. Im Anschluss prüft das Innenministerium die Zulässigkeit. Ist das Volksbegehren aus Sicht des Innenministeriums nicht zulässig, entscheidet der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Zulassung.

    Wird der Antrag angenommen, beginnt das eigentliche Volksbegehren. Innerhalb von 14 Tagen müssen sich nun 10 Prozent der Wahlberechtigten in Listen eintragen. Diese liegen in Rathäusern und Kreisverwaltungsreferaten aus.

    Tragen sich innerhalb der 14 Tage 10 Prozent der Stimmberechtigten ein, ist das Volksbegehren erfolgreich. Nun muss die Landesregierung eine Stellungnahme dazu abliefern. Anschließend ist der Landtag am Zug.

    Der Landtag entscheidet jetzt darüber, ob der Gesetzentwurf des Volksbegehrens angenommen wird. Lehnt der Landtag das Gesetz ab, wird innerhalb von drei Monaten ein Volksentscheid durchgeführt.

    Beim Volksentscheid kann der Landtag einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen. Dieser steht dann mit dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens zur Abstimmung. Der Volksentscheid ist angenommen, wenn er die einfache Mehrheit der Abstimmenden erreicht.

    24. April 2013: Abschaffung der Studiengebühren

    Zum ersten Mal in der bayerischen Geschichte hat der Landtag einem Volksbegehren die Zustimmung erteilt. Im Januar 2013 hatten sich mehr als die nötigen zehn Prozent der Wahlberechtigten in die Unterschriftenlisten eingetragen. Der bayerische Landtag stimmte im April 2013 dem Gesetzesvorschlag der Initiative um Professor Michael Piazolo zu und ging damit einem Volksentscheid aus dem Weg. Ab dem Wintersemester 2013/14 mussten Studierende an bayerischen Universitäten damit keine Studiengebühren mehr bezahlen.

    Demonstration zur Abschaffung der Studiengebühren in Augsburg
    Demonstration zur Abschaffung der Studiengebühren in Augsburg Foto: Anne Wall

    Auch Bürgerbegehren und -entscheide haben Bayern verändert

    Auf kommunaler Ebene können Bayern seit dem Volksentscheid 1995 auf die Politik einwirken. Mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden - so heißen die Verfahren auf kommunaler Ebene - haben sie wegweisende Entscheidungen getroffen. Folgende zum Beispiel:

    10. November 2013: "Nein" zu Olympia 2022 in München

    Bevor die Landeshauptstadt München ihre Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2022 einreichte, konnten die Bürger der Austragungsorte über die Bewerbung abstimmen. Damit die Stadt sich für die Spiele bewirbt, mussten München, Garmisch-Partenkirchen sowie die Landkreise Traunstein und Berchtesgaden jeweils mit "Ja" stimmen. Letztendlich fand die Olympia-Bewerbung aber keine Zustimmung. Alle vier Bürgerentscheide endeten mit einem "Nein".

    12. Juli 2015: Augsburger sagen "Nein" zur Stadtwerke-Fusion

    Auch in Augsburg kam die direkte Bürgerbeteiligung bereits zum Einsatz. 2015 konnten die Augsburger über eine Fusion der Stadtwerke mit Erdgas Schwaben abstimmen. 72,2 Prozent der Augsburger lehnten die von der Politik gewünschte Fusion ab. Oberbürgermeister Gribl sprach hinterher von seiner bislang härtesten Niederlage.

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